Wie man sich bettet …
… so liegt man bekanntlich. Selbes gilt für die Entscheidungen beim Thema Nachhaltigkeit, die wir heute treffen: Sie gestalten maßgeblich, wie (gut) wir in Zukunft leben werden. Mit seinem Startup-Hub Greiner Innoventures legt der globale Player aus Kremsmünster daher seinen Fokus auf Investments, die einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten. Wir haben eines davon kennengelernt.
„Beim Schmieden denkt man sofort an etwas Martialisches, etwa einen Hammer, der auf Eisen prallt, oder gar das Schmieden böser Pläne“, gibt Roland Riepl noch vor unserem Interview mit einem Schmunzeln zu bedenken. Der Geschäftsführer von Greiner Innoventures verzichtet daher darauf, von einer Innovationsschmiede zu sprechen, wenn er die Aufgaben und Ziele des Startup-Hubs erklärt. „Ich denke dabei eher an einen Garten mit verschiedenen Pflanzen, die unterschiedliche Bedürfnisse haben und die entsprechend gepflegt werden müssen, damit sie gedeihen.“
Ans „Gießen“ und „vor Unwetter schützen“ kann sich Riepl bei Greiner selbst zwar nicht mehr erinnern, schließlich wurde der heute führende Hersteller von Kunststoffen und Schaumstoffen bereits vor mehr als 155 Jahren gegründet. „Dennoch waren selbst wir einst ein Startup“, betont er. Die Wurzeln des Familienunternehmens liegen darin, Trends zu erkennen und auf diese entsprechend zu reagieren. Heute ist genau das eine der zentralen Aufgaben von Greiner Innoventures: Markttendenzen frühzeitig erkennen, um zu skizzieren, wohin die Reise einmal geht.
Weitsicht ist besser als Nachsicht
„Unser Fokus richtet sich vor allem auf Nachhaltigkeitslösungen, insbesondere rund um das Thema Kreislaufwirtschaft“, so Riepl, der gemeinsam mit seinem Team die Fühler nach findigen Köpfen ausstreckt. Denn heutzutage entstehe Innovation genauso außerhalb des Konzerns wie innerhalb. „Wir suchen diese Innovationen von außen und leiten bei Bedarf eine Zusammenarbeit in die Wege. Es gibt so viele Menschen, die kluge Ideen verfolgen, etwa an Hochschulen und Universitäten oder in Startups. Gerade mit Letzteren ist das besonders spannend, weil sie so erfrischend sind.“ Nicht umsonst bezeichne man sie häufig als Schnellboote, die von der Sicherheit der schweren Tanker – den Großunternehmen – profitieren und gemeinsam mit ihnen innovieren.
Gemeinsam besser
Eines dieser Schnellboote hat sein Perfect Match mit Greiner bereits vor Jahren gefunden: das Startup MATR, das sich mit der Vermeidung von Abfällen in der Matratzenindustrie befasst. Die beiden Gründerinnen Verena Judmayer, ihres Zeichens „Chief Dream Officer“, und Michaela Stephen, „Chief Impact Officer“, kannten einander bereits zuvor und haben gemeinsam schon an mehreren Innovationsprojekten mit sozialer Verantwortung gearbeitet. „Es ging mit einem Hackathon Ende 2020 los“, erinnern sich die beiden Gründerinnen an ihre ersten Berührungspunkte mit Greiner. Bei diesem brachte Greiner Innoventures eine Problemstellung rund um die Verwertung von Matratzen in den Kreislauf ein – eine Herausforderung, die die Gründerinnen bis heute nicht loslässt. Und so entstand 2022 ihre junge Firma, hinter der heute ein fünfköpfiges Team steht, mit dem sie sich in der Hotellerie als Vorreiter im Bereich Kreislaufwirtschaft positioniert haben.
Was als „harmloser Versuch“ begann, sich durch einen Hackathon inspirieren zu lassen, entpuppte sich als Schlüssel zur Lösung eines massiven Missstandes: dreißig Millionen Matratzen, die allein in Europa jedes Jahr auf Deponien landen und somit riesige Müllberge verursachen, die kaum jemand auf dem Schirm hat. Und das, obwohl ihre Höhe mit dem Eiffelturm vergleichbar ist – zumindest dann, wenn man diesen 20.000-mal übereinanderstapelt. „Ein großes Problem, um das sich scheinbar noch niemand kümmert. Also haben wir beschlossen, das Thema weiter zu erforschen und herauszufinden, wie wir es lösen. Damals hatten wir kaum Erfahrung mit Matratzen, waren aber schon im Bereich Kreislaufwirtschaft tätig.“ So entwickelten sie innerhalb eines Wochenendes die erste Version ihrer Idee. „Zunächst nannten wir sie ‚Sleepify‘, weil wir dachten, dass jedes coole, junge Startup auf ‚-ify‘ enden muss – da gibt es ja bekanntlich viele berühmte Beispiele. Später haben wir uns dann auf ‚MATR‘ geeinigt.“
Kreislaufwirtschaft MATR!
Doch mit einem Namen allein war es nicht getan. Die beiden Gründerinnen hatten zwar viel Erfahrung in der Innovationsbranche, jedoch kaum Kenntnisse über Matratzen oder die Materialien, aus denen sie hergestellt werden. „Wir haben uns daher entschieden, uns intensiv weiterzubilden und einen Masterkurs in Kreislaufwirtschaft zu belegen. Es war uns wichtig, das Thema nicht nur oberflächlich zu verstehen, sondern wirklich tief einzutauchen.“ Rund ein Jahr lang arbeiteten die beiden neben ihren Vollzeitjobs an der Weiterentwicklung. Die ersten Schritte waren nicht leicht, doch die Vision, den Matratzenmarkt nachhaltig zu revolutionieren, trieb sie an. „Wir wollten einen Weg finden, wie Matratzen Teil eines echten Kreislaufs werden können. Das Ziel war nicht nur, Abfall zu reduzieren, sondern eine Lösung zu schaffen, mit der sie erst gar nicht auf der Deponie landen.“
Damit das gelingt, entwirft MATR seine Matratzen unter Berücksichtigung der EU-Ecodesign- und Circular-Design-Prinzipien, wodurch der gesamte Lebenszyklus des Produkts von Anfang an mitgedacht wird. Außerdem verpflichtet sich das Unternehmen, die Matratzen am Ende ihrer Nutzungszeit zurückzunehmen und zu recyceln. Dadurch wird sichergestellt, dass die Rohstoffe tatsächlich im Kreislauf verbleiben und in neuen Produkten eine zweite Verwendung finden. So bietet man etwa Hotels nachhaltige Matratzen an, die am Ende ihrer Lebensdauer vollständig aufgearbeitet, wiederverwendet oder recycelt werden können. Stets mit an Bord: Investor Greiner, der das Potential in dieser Idee und – vielleicht noch wichtiger – im Team dahinter erkannte und als Partner mit einem großen Netzwerk und umfassender Branchenexpertise zur Seite steht. Erst kürzlich wurde das Investment zusätzlich erhöht.
„Für uns ist das ein klares Bekenntnis, wir investieren aus mehreren Gründen“, so Riepl. Man wolle das weitere Wachstum fördern, Geschäftsmodelle im B2C-Bereich ausloten und die Digitalisierung vorantreiben. „Es gibt andere Startups in unserem Portfolio, die jenseits der Finanzierung wenig Interaktion erwarten. Bei MATR ist es so, dass die Köpfe dahinter sehr daran interessiert sind, gemeinsam mit uns Vollgas zu geben. Wir unterstützen die beiden Gründerinnen natürlich auch deshalb gerne, weil wir merken, dass sie unsere Hilfe bewusst suchen und annehmen.“ Verena und Michaela meißeln indes ihre Vision in Stein: „Gemeinsam mit Greiner wollen wir eine neue Ära des Schlafens einleiten. Jeder sollte nicht nur komfortabel schlafen, sondern auch wissen, dass seine Matratze am Ende ihres Lebenszyklus nicht einfach entsorgt wird.“_
Redaktion
- David Bauer
Fotos
Lisi Specht; Greiner AG