Was du heute kannst vorsorgen, das verschiebe nicht auf morgen!
Über die Generation Z wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert und geforscht, vor allem über ihre Einstellung zur Arbeit. Aber wie denken junge Menschen über Altersvorsorge? Ist sie für sie überhaupt schon Thema und wodurch unterscheidet sich ihre Einstellung von anderen Generationen? Wir haben bei einem Generationen- und einem Zukunftsforscher nachgefragt.
Die Brüder Maas haben gemeinsam das Institut für Generationenforschung in Augsburg gegründet und forschen am Puls der Zeit. Für uns wagen die beiden einen Blick auf die Pension als Generationenthema: Welche Emotionen löst sie bei der Generation Z aus? Wie hat sich ihr Zukunftsbild gewandelt? Und was können Unternehmen beitragen?
Beschäftigen sich die jungen Menschen heute schon aktiv mit ihrer Pension? Wenn ja, welche Emotionen löst das Thema aus?
Hartwin Maas: Ich würde eher sagen, sie beschäftigen sich passiv damit. In unserer aktuellen Jugendwahlstudie 2024 erwähnten junge Menschen in Interviews, dass sie eine Perspektivlosigkeit sowie ein Gefühl der Ohnmacht wahrnehmen. Vor allem wurden die Themenfelder Pension, soziale Ungleichheit und finanzielle Aussichten genannt.
Rüdiger Maas: In gewisser Weise ist das Narrativ „Die Rente ist nicht sicher!“ auch für Berufsanfänger omnipräsent, was ein langfristiges Arbeiten oder langfristige Ziele für einige junge Nachwuchskräfte utopisch und sinnfrei wirken lässt.
Welche Zukunftsängste hat die Generation Z?
Hartwin Maas: Viele junge Menschen wünschen sich einen Wandel. Sie fühlen sich jedoch nicht in der Lage, diesen Wandel selbst mitzugestalten, oder wissen nicht, wie und wo sie dies in Angriff nehmen sollen. Es ist eine zunehmende Hilflosigkeit wahrzunehmen, die sich dann in einem Gefühl der Perspektivlosigkeit widerspiegelt und die Ängste vor der Zukunft verstärkt.
Rüdiger Maas: Es herrscht genau dieses Gefühl einer Ohnmacht bei einer plötzlichen Änderung der Umwelt. Denn in der Regel haben viele Eltern diese „Umwelt“ gestärkt, indem sie ihren Kindern alles abgenommen haben: den Weg zur Schule, zum Verein, die Auswahl des Studiums, des Arbeitgebers und mehr. Auch die Schulen und Jugendbetreuer nehmen den Heranwachsenden immer mehr ab. Deshalb und weil viele Erwachsene und Eltern die Zukunft sehr schlecht reden – zum Beispiel: „Als ich ein Kind war, hatten wir mehr Schnee“ –, erleben die Heranwachsenden permanent eine Art negative Verzerrung (negativity bias), was Zukunftsängste noch weiter befeuert.
Wie schätzen ältere Generationen die Situation rund um ihre Pensionsvorsorge ein?
Hartwin Maas: Personen über 50 schätzen ihre Pensionssituation in der Regel sehr gut ein. Die heutigen über 50-Jährigen sind so viele wie noch nie, verhältnismäßig wohlhabend und fühlen sich jung. Über diese Generation habe ich ein ganzes Buch geschrieben: „Best Ager Marketing“. Eher die Geburtenjahrgänge ab 1980 sollten sich Sorgen machen und vorsorgen.
Spielt die Pension für die Berufseinsteiger von heute bewusst eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Job?
Hartwin Maas: Nein. Viele junge Menschen verwenden das gleiche Narrativ, das es schon um die Jahrtausendwende gab: „Deine Rente ist nicht sicher.“ Wie man aber selbst vorsorgen könnte, bleibt bei vielen offen. So wird in Vorstellungsgesprächen kaum nach vermögenswirksamen Leistungen oder betrieblicher Altersvorsorge gefragt.
Rüdiger Maas: Das konnten wir in unserer Finanzkompass-Studie 2023 belegen. Hier wird die Vorsorge insgesamt mehr als Bringschuld gesehen.
Welche Akzente können Unternehmen setzen, um Zukunftssorgen entgegenzuwirken?
Hartwin Maas: Da gibt es eine ganze Reihe: Unternehmen können offene Räume für den Austausch schaffen. In unserem „Generation Thinking Workshop“ gestalten wir den Perspektivwechsel und den intergenerationellen Austausch. Akzente können das Fördern der Fähigkeit zur Veränderungsbereitschaft und aktiven Mitgestaltung oder das Schaffen von Selbstwirksamkeitserlebnissen sein. Außerdem können Unternehmen aktiv individuelle Gestaltungs- und Vorsorgemöglichkeiten für junge Menschen anbieten.
Hat sich das Zukunftsbild der Generation Z durch die Krisen der vergangenen Jahre gewandelt?
Rüdiger Maas: Jein. Es geht eher darum, was die älteren Generationen alles in die Krisen hineininterpretieren. Wir konnten beispielsweise während der Coronapandemie belegen, dass jüngere Menschen die Auflagen weniger schlimm fanden, als die Älteren in die Jüngeren „hineininterpretiert“ haben. Jüngere Menschen können sich naturgemäß viel schneller an Krisen anpassen als ältere. Aber wenn die Eltern jeden Tag betonen, wie schlimm alles ist und war, bleibt natürlich irgendwann mal was hängen. Aufgabe der älteren Mitmenschen und vor allem der Eltern sollte aber viel mehr sein, Zuversicht zu vermitteln anstatt Hoffnungslosigkeit.
Hartwin Maas: Insbesondere sollten sich ältere Menschen in die Pflicht nehmen, Verantwortung vorzuleben und positive Vorbilder zu sein, um diese Zuversicht an jüngere Menschen zu vermitteln._
Redaktion
- Melanie Kashofer
Fotos
Gettyimages, Institut für Generationen-forschung