Projekt Freiraum der OÖVP analysiert Bürgeranliegen
„Die meisten Anregungen und Ideen haben wir zum Thema Bildung bekommen“, erzählt Thomas Stelzer, Leiter des Projekts Freiraum. Nicht ohne Grund. „Bildung ist der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit“, so Stelzer. Das zeige sich daran, dass rund die Hälfte der Arbeitslosen in Oberösterreich keinen oder nur einen Pflichtschulabschluss habe. Auch das Image der Lehre müsse weiter gestärkt werden, ist Stelzer überzeugt. Eine relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit bestätige das Erfolgsmodell der Lehre, derzeit seien aber 500 Lehrstellen offen. Aus den während des Projekts eingegangenen Ideen und Vorschlägen will man nun Überthemen bilden, die Inhalte in acht Expertendialogen und 18 Bezirkskonferenzen aufarbeiten und dann Strategien für die nächsten fünfzehn Jahre ableiten.
Doris Hummer hat sich selbst ein Bild von Oberösterreichs Schulen gemacht, als sie vor fünf Jahren ihre Stelle als Landesrätin angetreten ist. „Die Lehrer haben entweder behauptet, es sei alles in Ordnung – sie wollten nicht genauer hinschauen – oder es herrschte Demotivation, nach dem Motto: Wir wollen, dürfen aber nicht“, so Hummer. Sie ist überzeugt, dass „wir deshalb jetzt die Komfortzone verlassen müssen“. Man müsse weg von der Fehlerorientierung, hin zur Stärkung und Förderung der individuellen Begabungen. „Und Lehrer brauchen mehr Autonomie – personell, pädagogisch und finanziell“, ist Hummer überzeugt. Außerdem bekommen Kinder mit Migrationshintergrund noch nicht dieselben Chancen.
Bildung braucht Selbstvertrauen
Professor Christiane Spiel von der Universität Wien teilt diese Meinung. Österreich schaffe es viel schlechter als andere Länder, Migranten im Schulsystem zu fördern. „Bildung ist kein wichtiges, sondern das wichtigste Thema“, ist Spiel überzeugt. „Menschen mit höherer Bildung verdienen mehr, sind gesünder und leben länger“, erklärt Spiel. Es sei wichtig, dass Lehrpersonen das Selbstvertrauen fördern. „Wenn ich weiß, wie ich lernen kann, dann stellen Umschulungen, verpflichtende Kurse oder Trainings keine Bedrohung für mich dar“, meint sei. Ansonsten gehe die natürliche Schere zwischen den Bildungsschichten noch weiter auf.
Professor Klaus Zierer (Universität Oldenburg/Oxford) plädiert für eine Kooperationskultur. „Es ist eine umfassende Kooperation zwischen allen Beteiligten – Eltern, Lehrende, Schüler – notwendig.“ Man müsse vor allem jene Eltern ins Boot holen, die keinen entsprechenden Bildungsgrad haben.
Wichtig sei auch die Frage, welche Inhalte und Fächer heute gelernt werden. „Die Lehrpläne von heute sind Lehrpläne von gestern. Es erscheint nicht unbedingt sinnvoll, neue Fächer zu erfinden, sondern vielmehr interdisziplinäre und überfachliche Aspekte – Stichwort: Kreativität und Nachhaltigkeit – in den Blick zu nehmen“, so Zierer. Als Beispiel nennt er den Atomunfall in Fukushima: „So ein komplexes Problem kann nicht aus einer Disziplin heraus gelöst werden.“ Für gefährlich hält er, „Bildung zu instrumentalisieren und auf eine Ökonomisierung zu reduzieren.“ Er meint: „Bildung heißt nicht, etwas für die Wirtschaft zu tun, sondern etwas für sein Leben. Eine erfüllte Lebenszeit muss nicht unbedingt effektiv für die Wirtschaft sein.“