Wenn Prozesse verbessern in den Genen liegt
Ein System, zwei Standorte, sechzig Länder. Vor genau 50 Jahren legten die beiden Apotheker Heimo Hrovat Senior und sein Bruder Horst mit der Patentanmeldung für einen Ladenteiler den Grundstein für H+H System. Heute leiten sein Sohn Heimo Hrovat Junior und dessen Frau Betty Hrovat die Geschicke des Unternehmens. Nach wie vor getreu dem Motto „selbst erdacht, selbst gemacht“.
„Alles in Ordnung.“ Ach so, nein. Das war natürlich nicht die Antwort von Betty und Heimo Hrovat auf die Frage, wie es ihnen geht. Angesichts der „gezuckerten“ Salzburger Bergkulisse vor der Haustür ihres Firmengeländes in Strobl wäre das vermutlich auch ein Understatement. Stattdessen ist es der Slogan ihres Unternehmens H+H System, des weltweiten Spezialisten für Medikamentenlagerung und -organisation. Was hingegen alles andere als „in Ordnung“ war, war die Auswahl an bestehenden Lagersystemen im medizinischen Bereich der 1970er Jahre. Vermutlich hätten die Gebrüder Hrovat allenfalls die Note „Nicht genügend“ vergeben. Denn als die beiden Gründer zu dieser Zeit ihre gemeinsame Apotheke in Bad Ischl – die traditionsreiche Kurapotheke – renovieren, stoßen sie beim Umbau des Lagersystems auf eine Erkenntnis: Keine bereits existierende Lösung entspricht ihren Anforderungen.
„Das könnte schneller gehen …“
„Eigentlich war genau diese Einstellung der Startschuss für eine einfache Idee und unser Unternehmen in seiner heutigen Form.“ Betty und Heimo schmunzeln beim Gedanken an die ursprüngliche Gründungsidee ihrer vorhergegangenen Generation. „Mit unserem Teiler, wie wir ihn nennen, können Fachgrößen in Schubladen beliebig angepasst und dank Schiene ganz easy hin- und hergeschoben werden.“ So simpel das Prinzip ist, so bemerkenswert sind die Vorteile, die daraus entstehen. Mindestens 30 Prozent Platzgewinn und die dank der Ordnung ersparte Zeit beim Suchen steigern die Effizienz in der gesamten Gesundheitsbranche. „Und salopp formuliert retten wir damit sogar Leben.“ Was Heimo damit meint? Die deutlich verkleinerte Verwechslungsgefahr, die er an einem Beispiel schildert: „Greift man im Eifer des Gefechts, etwa während einer Operation, versehentlich zu Atropin statt Adrenalin, kann das verheerende Folgen haben.“ Nicht unbedeutend, wenn neben Apotheken auch Krankenhäuser, Arztpraxen sowie Pflege- und Altenheime zu den Abnehmern zählen.
Gemeinsam mit ihrem mehr als 50 Kopf starken Team verfolgen die beiden bis heute den Ansatz, mit intelligenten Lösungen sowohl Platz als auch Zeit zu sparen und damit neue Ressourcen zu schaffen. Durch Ideen, Variationen und ganze Produktlinien, die den Bedarf am Markt immer wieder aufs Neue bedienen. „Überall dort, wo in Sachen Ordnung im medizinischen Bereich Luft nach oben ist, schöpfen wir vorhandenes Potential aus.“ Das visionäre Schaffen von Mehrwert liegt dabei ebenso in der Familie wie die Liebe zum Tüfteln. „Sonst hätte ich wohl kaum meine Socken und andere Kleidungsstücke in meinem privaten Kleiderschrank mit unserem System unterteilt“, merkt Heimo lachend an. Über die Jahre hinweg ergänzen Wannen, Lagerboxen, Aufsteller, Displays, einbaufertige Schubladen oder gar ganze Regale und Arbeitsstationen das Portfolio. „Heute vertreiben wir mehr als 20.000 Artikel in über 60 Ländern.“ Ein eigener 3D-Konfigurator auf der Website ermöglicht sogar, in nur wenigen Minuten maßgeschneiderte Lagersysteme zu gestalten.
Von Strobl bis nach Pittsburgh
Zurückzuführen ist dieses Wachstum unter anderem auf die hohe Qualität, gepaart mit maximaler Flexibilität. Sonderwünsche und Maßanfertigungen zählen zum USP. „Veränderung ist immer schwierig. Deshalb gilt: Egal welche Höhe, Breite und Tiefe beispielsweise eine Schublade hat, wir passen uns daran an und bleiben dank unserer kleinen Struktur im Hintergrund schnell und flexibel.“ Über 50 Jahre mit den Produkten und deren Entwicklung schrittweise gewachsen, sieht sich H+H System als österreichischer Nischenkaiser kaum Konkurrenz ausgesetzt. Idealbedingungen für internationales Wachstum. Kaum verwunderlich also, dass in den 1980er Jahren der Schritt in die USA folgte. „Dort waren wir natürlich mit anderen Anforderungen konfrontiert. Allein die Unterschiede zwischen unserem metrischen System und dem Einheitensystem vor Ort stellten uns vor Herausforderungen, die es zu meistern galt.“ Die Mühe hat sich gelohnt. Heute werden vom Standort Pittsburgh aus die USA, Kanada und Mexiko bedient. Aus Strobl hingegen vor allem europäische Länder, aber auch Kunden in Australien, Asien und Südamerika.
Bei all den globalen Tätigkeiten legen die beiden dennoch großen Wert auf ihr heimatverbundenes Qualitätsversprechen. Nahezu alles ist made in Austria, auch die Zulieferungen stammen größtenteils aus Österreich oder zumindest Europa – Fernost und China stehen nicht zur Debatte. „Seit jeher achten wir darauf, dass die Wertschöpfung hier ist und bleibt.“ Für das geschäftsführende Ehepaar eine Frage der Einstellung, eine Frage von Werten. Diese spiegeln sich auch im sozialen Engagement des inhabergeführten Traditionsbetriebs wider. „Seit einigen Jahren sind wir mit der Lebenshilfe im Austausch, da wir Menschen mit Beeinträchtigung die Chance bieten wollen, bei und mit uns zu arbeiten.“
An die Ungewissheit vor dem ersten Besuch in ihrem Unternehmen können sich Betty und Heimo nur zu gut erinnern. „Wir wussten ja gar nicht, was uns erwartet. Uns war lediglich klar: Wir probieren das aus!“ Rund acht Jahre liegt dieser Moment in der Vergangenheit. Und heute? „Kommt eine kleine Gruppe mit ihren Betreuer:innen jeden Montag zu uns. Sie sind fixer Bestandteil des Teams.“ Beide grinsen. „Und sie bringen eine Lebensfreude mit, die sich total auf uns und alle anderen Mitarbeitenden auswirkt.“_
Seit jeher achten wir darauf, dass die Wertschöpfung hier ist und bleibt.
Betty Hrovat
Leitung Marketing, H+H System
Dank unserer kleinen Struktur bleiben wir schnell und flexibel.
Heimo Hrovat
Geschäftsinhaber und Leitung, H+H System
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