
Wie wohnen wir morgen?
Wie werden wir in 20 Jahren leben? Diese Frage beschäftigt nicht nur junge Menschen, die auf Wohnungssuche sind, sondern auch Politik, Architektur und Baubranche. Die Herausforderungen sind überall dieselben: Bezahlbarer Wohnraum wird knapper, die Kosten steigen und gleichzeitig soll nachhaltiger gebaut werden. Wir haben drei Experten aus verschiedenen Bereichen nach ihren Lösungsansätzen gefragt.
Steigende Grundstückspreise, veränderte Bedürfnisse der jungen Generation und der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit … Bauen und Wohnen stehen vor großen Umbrüchen. Während die Kosten explodieren und Wohnraum knapper wird, suchen Politik, Architektur und Baubranche nach neuen Lösungen – von der Planung über die Umsetzung bis zur finanziellen Unterstützung.
#Die Planer
Wolfgang Unterberger ist Geschäftsführer von TECH3. Er entwickelt Wohnprojekte und denkt dabei schon heute an die Bedürfnisse von morgen.
Wenn Sie an das Wohnen der Zukunft denken – was kommt Ihnen zuerst in den Sinn?
Wolfgang Unterberger: Nachverdichtung im urbanen Bereich; leistbares Wohnen in Hinblick auf die Herstellungs- und Betriebskosten; die Revitalisierung leerstehender Gebäude.
Welche Wünsche und Bedürfnisse nehmen Sie besonders bei der jungen Generation wahr?
Wolfgang Unterberger: Mir fallen hier spontan fünf Punkte ein:
#1 Flexibilität und Anpassungsfähigkeit wie Co-Living oder modulare Wohnungen – da bieten wir variable Grundrisse an.
#2 Nachhaltigkeit mit energieeffizienten Gebäuden und Grünflächen
#3 Zentrale Lage mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
#4 Erschwinglichkeit angesichts steigender Mieten
#5 Digitalisierung mit Smart-Home-Technologien
Wie kann man Gebäude heute so planen, dass sie auch in 20 oder 30 Jahren noch zu den Lebensrealitäten passen?
Wolfgang Unterberger: Flexible Grundrisse ermöglichen es, Räume leicht umzufunktionieren. Modulare Bauweisen erlauben einfache Erweiterung oder Umgestaltung. Nachhaltige, langlebige Materialien reduzieren den Ressourcenverbrauch und sorgen für langfristige Funktionalität. Außerdem sollten Gebäude so geplant werden, dass neue Technologien problemlos integriert werden können.
Wie beachten Sie das Thema Nachhaltigkeit konkret in Ihren Projekten?
Wolfgang Unterberger: Wir setzen bei unseren Projekten auf ressourcenschonende Materialien aus erneuerbaren Rohstoffen. Außerdem implementieren wir energieeffiziente Technologien und Prozesse, wie zum Beispiel LED-Beleuchtung oder regenerative Energiequellen.
#Die Umsetzer
Michael Platzer ist kaufmännischer Bereichs- und Vertriebsleiter bei Wolf Systembau. Er baut Häuser – von klassisch bis winzig klein – und sieht täglich, was Kunden heute wirklich wollen.
Wenn Sie an das Wohnen der Zukunft denken – was kommt Ihnen in den Sinn?
Michael Platzer: Was wir auf jeden Fall merken: Bei der jüngeren Generation unter 30 hat nicht mehr jeder vor, ein Haus zu bauen. Viele können sich gut vorstellen, in einer kleinen, modernen Wohnung zu wohnen. Man merkte schon über die letzten Jahrzehnte hinweg, dass bewusster gebaut wird. Auch, was die Größe betrifft. Die Grundstücke sind heute um einiges kleiner als noch vor einigen Jahren, und damit natürlich auch die Gebäude selbst. Bei Wolf Systembau bieten wir jetzt seit einem guten Jahr Tiny Häuser an, die bei 34 Quadratmetern beginnen. Und die Nachfrage ist immer mehr da.
Mit welchen Ansprüchen kommen junge Menschen heute zu Ihnen?
Michael Platzer: Heutzutage kommen die Leute sehr gut informiert – durch Internetrecherchen und Social Media. Sie haben konkrete Vorstellungen und hohe Ansprüche an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Sie wollen autark bauen und wohnen, das aber in möglichst kurzer Zeit.
Und wie reagieren Sie auf diese neuen Anforderungen?
Michael Platzer: Die Tiny Häuser sind ein Beispiel dafür. Die steigenden Grundstückspreise und die seit dem Beginn des Ukrainekriegs gestiegenen Materialkosten waren dafür der Auslöser. Wir haben Kunden bewusst darauf aufmerksam gemacht, sich zu überlegen, wie viele Quadratmeter sie bebauen wollen. Je weniger Fläche und je effizienter diese genutzt wird, desto leistbarer. Der nächste Schritt, den wir imVorjahr gemacht haben, war, das Kompakte dann wirklich konsequent bis ins Letzte zu trimmen. Das Tiny Haus war das Resultat daraus.
Wie bringt man Nachhaltigkeit mit den Bedürfnissen der Kundschaft in Einklang?
Michael Platzer: Durchaus bewusst, aber immer mit einem gewissen Hausverstand. Wir legen großen Wert auf regionale Partnerschaften und möglichst kurze Transportwege. Bei Materialien setzen wir bewusst auf Holzfaserplatten, Holzwolle und FSC-zertifiziertes Holz.
Welchen Ratschlag würden Sie Häuslbauern mitgeben?
Michael Platzer: Trotz all der digitalen Möglichkeiten sollte man das persönliche Gespräch suchen. Schauen Sie sich das Unternehmen vor Ort an – am besten dort, wo produziert wird. Lernen Sie die Menschen dahinter kennen. Gerade bei so einer wichtigen Lebensentscheidung ist das persönliche Vertrauen entscheidend.
INNOVATIVE BAUSYSTEME FÜR DIE ZUKUNFT.
Ob Agrarbau, Industrie- und Gewerbebau, Betonbehälterbau oder Fertighaus- und Kellerbau – Das Familienunternehmen WOLF Systembau steht Ihnen seit über 50 Jahren bei jedem Bauvorhaben gerne zur Seite.
#Die Entscheider
Als Wohnbaureferent und Landeshauptmannstellvertreter gestaltet Manfred Haimbuchner mit, wie und wo in Oberösterreich gebaut wird – und wer dabei finanzielle Unterstützung bekommt.
Was hat sich beim Thema Wohnen in den letzten Jahren besonders verändert?
Manfred Haimbuchner: Die Lage des Wohnungsmarktes hat sich dramatisch verändert, vor allem aufgrund der steigenden Bau- und Finanzierungskosten. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Errichtungskosten und die Mietpreise. In Oberösterreich haben wir durch unser durchdachtes Förderregime die geringsten Mietpreissteigerungen. Das ist erfreulich. Weniger erfreulich ist, dass die Kosten für das Wohnen trotzdem steigen. Dafür sind vor allem die steigenden Betriebskosten verantwortlich.
Welche neuen Bedürfnisse und Ansprüche nehmen Sie heute wahr – gerade bei der jungen Generation?
Manfred Haimbuchner: Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden, nach Eigentum, ist heute genauso präsent wie früher. Ich verstehe das nur zu gut – immerhin ist Eigentum immer noch die beste Altersvorsorge. Deshalb legen wir auch großen Wert darauf, dass die Anschaffung von Eigentum in Oberösterreich möglich bleibt.
Was tut das Land Oberösterreich, damit Wohnen auch in Zukunft für möglichst viele Menschen leistbar bleibt?
Manfred Haimbuchner: Wir sorgen für Kontinuität. In den letzten Jahren sind nirgendwo so viele neue Wohneinheiten entstanden wie hierzulande. Dieses hohe Angebot – und unsere Förderungen – sorgen dafür, dass das Wohnen leistbar bleibt. Zudem werden durch die Abteilung Wohnbauförderung laufend neue Fördermöglichkeiten erarbeitet. Erst mit Beginn des Jahres trat die neue Nachverdichtungsverordnung in Kraft, die Bauprojekte, die auf einer bereits versiegelten Fläche entstehen, besonders fördert. Das ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll.
Wie bringt man Nachhaltigkeit mit den Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang?
Manfred Haimbuchner: Indem man auf Ausgewogenheit setzt und keine überbordenden Vorschriften vorgibt. Kompaktere Bauweisen sind sinnvoll, dürfen aber nicht auf Kosten von Lebensqualität, Licht, Freiraum und Privatsphäre gehen. Nachhaltigkeit darf nicht heißen, dass man die Menschen bevormundet oder ihnen das Einfamilienhaus am Land madig macht. Wir brauchen Lösungen, die ökologisch sinnvoll, wirtschaftlich vernünftig und sozial verträglich sind – also echten Hausverstand statt ideologisch motivierter Überregulierung.
Wenn Sie an das Wohnen in zehn oder zwanzig Jahren denken – was wünschen Sie sich für Oberösterreich?
Manfred Haimbuchner: Ich wünsche mir, dass Wohnen in Oberösterreich weiterhin leistbar, familienfreundlich und in hoher Qualität möglich ist. Die eigenen vier Wände sollen für unsere Bürger keine Utopie werden, sondern eine realistische und erreichbare Lebensperspektive bleiben. Leistbares Wohnen insgesamt gibt Sicherheit, Unabhängigkeit und ist eine wichtige Säule unserer Gesellschaft._
Redaktion
- Zofia Wegrzecka
Fotos
Gettyimages / golero; Antje Wolm, Wolf Systembau, Hermann Wakolbinger