Wer braucht schon Diversity?
Wohin man gerade blickt – das Thema Diversität hat Hochkonjunktur. Und mit ihm die Mythen und Meinungen darüber. Was bringt eine offene Unternehmenskultur wirklich? Ein Gastkommentar.
Ein 80-jähriges Model in Dessous. Eine bunte Stellenanzeige, die mit „Wir leben Vielfalt“ und „Jobsharing und flexible Arbeitszeiten“ um neue Mitarbeitende wirbt. Und dann ist da noch das Bild der neuen CEO, das in den sozialen Medien viral geht: eine Frau mit Migrationshintergrund. Diversity in der Arbeitswelt ist sichtbar geworden. Mehr noch: Sie ist angekommen, um sich zu entfalten. Bunt, laut, facettenreich. Viele Unternehmen haben die Vorteile längst erkannt und schmücken sich zunehmend damit. Andere sind noch zurückhaltend. Ein Blick auf die drei häufigsten Fragezeichen und Zweifel:
#1 Diversity? Das ist doch nur Frauenförderung und Regenbogen!
Nicht ganz. Es ist viel mehr, denn es geht um uns. Um uns alle. „Diversity is not about them. It is about us.“ Bereits in den 1970er Jahren begannen L. Gardenswartz und A. Rowe in den USA mit der Erforschung von Diversity und prägten mit diesem Satz das Verständnis davon. Warum? Weil er deutlich macht, dass Vielfalt eine Tatsache ist, und weil er sagt: Jeder ist einzigartig, und als Gesellschaft sind wir bunt, mit sichtbaren und unsichtbaren Hintergründen und Prägungen. Und vor allem: mit vielen bunten Potentialen. Diversity in der Arbeitswelt ist also ein Konzept, das die gesamte Belegschaft im Blick hat und ein gutes Miteinander fördern, individuelle Bedürfnisse erkennen und darauf reagieren möchte. In den USA hat sich der Begriff „Belonging“ etabliert. Er beschreibt das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden zu ihrem Arbeitgeber und meint damit ein Arbeitsumfeld, das Gruppenzugehörigkeit, Selbstwirksamkeit und Orientierung fördert.
#2 Diversity? Schön und gut, aber wir haben doch wichtigere Themen!
Gegenfrage: Vor welchen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen wir heute? Demografischer Wandel, Arbeitskräftemangel oder War for Talents stehen ganz oben auf der Liste. Und diese haben den Blick auf bisher vernachlässigte Potentialgruppen am Arbeitsmarkt (ältere Personen, Jugendliche, Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund oder gesundheitlichen Herausforderungen) (ziel-)gerichtet. Ein paar Zahlen und Fakten: Statistisch gesehen hat in Österreich jeder vierte Mensch eine Migrationsgeschichte, 2015 ist die Anzahl der über 50-jährigen Erwerbspersonen auf über eine Million gestiegen. Mehr als 1,9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher haben einen besonderen Gesundheitsstatus. Und Frauen bekommen immer noch etwa 40 Prozent weniger an Pension. Bedeutet also: Eine offene Unternehmenskultur ist Teil der Lösung für die Herausforderungen der Arbeitswelt von heute und morgen.
#3 Diversity erfolgreich managen. Klingt anstrengend. Lohnt es sich wirklich?
Oh ja. Und das ist längst bewiesen und belegt, wie Studien der Charta der Vielfalt, der Boston Consulting Group oder von Gallup zeigen. Auf den Punkt gebracht: Vielfältige Teams bringen neue Sichtweisen und ein breites Wissensspektrum ein, das Kreativität, Innovationskraft und Kundenorientierung steigert; eine offene Unternehmenskultur fördert die Mitarbeiterbindung und zieht vor allem junge Bewerberinnen und Bewerber an. Doch wie startet man mit Diversity Management? Den Status quo ermitteln, bisherige punktuelle Bemühungen fortsetzen und Schritt für Schritt eine Strategie mit weiteren Zielen entwickeln und nach innen und außen kommunizieren! Dabei Diversity, New Work und Nachhaltigkeit immer zusammen denken und auf der Führungsebene als Vorbild vorangehen. Denn auch hier gilt: Commitment beginnt an der Spitze!_
INFOBOX
Katharina Anna Ecker ist strategische PR- und Kommunikationsberaterin mit Fokus auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit in Unternehmen. Sie erstellt Nachhaltigkeitsberichte und leitet Workshops zu Kommunikation sowie Diversity & Inclusion.
Redaktion
- Katharina Anna Ecker
Fotos
Lauramelone