
Warum das Sendlhofer’s in keine Schublade passt
Es gibt Hotels für Familien. Hotels für Geschäftsreisende. Hotels für Wellnesssuchende. Hotels für Abenteurer. Und dann gibt es das Sendlhofer’s in Bad Hofgastein. Ein Haus, das Grenzen wie diese ganz gerne ignoriert. Eine Geschichte über Mut, Wandel und die Frage, was ein Hotel heute sein kann.
LUKE’S Wohnzimmer. In einer der gemütlichen Sitznischen sitzt ein Mann mit aufgeklapptem Laptop, sein Blick schweift immer wieder in den Garten. Die Steckdose gleich neben ihm; da hat wohl jemand mitgedacht. Ein paar Tische weiter kostet sich eine Familie gerade durch die Karte. Jeder probiert von allem ein bisschen. Food-Sharing sozusagen. „Sind das echt Nieren?“, fragt der Kleine mit großen Augen. Er würde sich sonst nie trauen, die zu probieren. Aber so, als kleine Kostprobe, warum nicht? Draußen auf der Terrasse plant die Sportlerin ihre morgige Tour. Drei verschiedene Urlaubstypen, drei unterschiedliche Bedürfnisse. Und doch sind sie alle am richtigen Ort. Im Sendlhofer’s, mitten in Bad Hofgastein. Einem Hotel, das sich weigert, in Schubladen zu passen.
Klassische Halbpension? Schnee von gestern!
Wir haben uns ziemlich bewusst gegen Schubladen entschieden“, sagt Eva Goldmann. Sie führt das Hotel gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Lukas Sendlhofer und dessen Schwester Martina. „Wir möchten eigentlich gern für jeden greifbar sein.“ Das Sendlhofer’s ist weder reines Wellness- noch klassisches Familienhotel. Es ist – wie Eva es ausdrückt – „eher eine Kommode“ als eine einzelne Schublade.
Diese bewusste Kategorieverweigerung hat ihren Grund. Während der Coronapandemie entschied sich die dritte Generation, das traditionsreiche Haus radikal zu verändern. Weg von der klassischen Halbpension, hin zu einem Konzept, das ihr eigenes Leben widerspiegelt. „Wir würden selbst eigentlich nicht in einem Halbpensionshotel Urlaub machen“, gibt Eva ehrlich zu.
Die Revolution auf dem Teller
Das neue kulinarische Konzept ist das Herzstück der Transformation. Statt klassischer Halbpension gibt es „LUKE’S Wohnzimmer“ – ein Restaurant, das Hotelgäste und Einheimische gleichermaßen willkommen heißt. Kleine Gerichte in Vorspeisengröße laden zum Durchprobieren ein. „Wir essen selbst auch privat so, wir kosten uns gerne durch“, erklärt Eva die Philosophie dahinter. Was zunächst nach kulinarischer Spielerei klingt, hat tiefere Wurzeln. Es geht um Wertschätzung. Um das Vermeiden von Lebensmittelverschwendung, die bei klassischen Buffets unvermeidlich ist. Es geht um ein Gastronomieerlebnis, das zum Teilen einlädt. Und ja, es geht auch darum, dass Menschen nicht über ihr Sättigungsgefühl hinaus essen müssen.
Die Umstellung war nicht ohne Reibung. „Anfangs war das schon eine krasse Veränderung“, räumt Eva ein. Manche Stammgäste blieben weg. Aber dafür kamen neue. Menschen, die zu dem passen, was das Sendlhofer’s heute verkörpert.
Echte Changemaker
Seit Kurzem gehört das Sendlhofer’s zu den „Changemaker Hotels“ – einer Vereinigung von Betrieben, die Nachhaltigkeit nicht als Marketingtool, sondern als Lebensprinzip verstehen. Während Nachhaltigkeit in der Branche oft nur ein Begleitthema ist, das mit der Installation einer Photovoltaikanlage auf der Website landet, zeigen die Changemaker, „wie vielfältig und wirksam der Einfluss eines Hotels auf das Reisen von morgen sein kann“.
Was macht nun echte Changemaker aus? Eva überlegt einen Moment: „Ich glaube, es ist schon wirklich die Ernsthaftigkeit, die dahintersteckt; dass es vielleicht ein Lebensziel ist, dass man die Welt zumindest gut belebt und nicht verschlechtert mit seinem Dasein.“ Diese Ernsthaftigkeit zeigt sich konkret: Alle Produkte kommen aus Österreich, von Partnern, die Familie Sendlhofer persönlich kennt und schätzt. Kurze Lieferwege sind dabei nicht das einzige Kriterium – es geht um geteilte Werte. Um echte Partnerschaften.
Die Sendlhofer’s Stories
Um diese Partnerschaften sichtbar zu machen, entstanden die „Sendlhofer’s Stories“ – zwölf Episoden, die seit Mai 2025 monatlich veröffentlicht werden. „Regional ist so ein Wort, das fällt eh schon überall“, sagt Eva. „Unsere Hoffnung ist, dass wir mit diesen Sendungen die Ernsthaftigkeit und den Kern dahinter zeigen können – dass wir halt wirklich unsere Produzenten kennen, dass wir dort hinfahren, dass da schon Freundschaften entstanden sind.“ Die Kamera begleitet sie zu Winzern, Metzgern, zum Gemüsebauern. Menschen, die ihre Arbeit mit Leidenschaft betreiben. Die nicht nebenher produzieren, sondern aus Überzeugung.
Generationenwechsel mit Respekt
Wie gelingt es, einen Familienbetrieb in die Zukunft zu führen, ohne das zu zerstören, was frühere Generationen aufgebaut haben? „Extrem wichtig ist gegenseitiger Respekt – und den auch auszusprechen“, sagt Eva. Respekt für das, was war. Respekt für das, was kommt. Und die Einsicht, dass jeder seine eigenen Fehler machen muss. „Man kann einfach schwer aus den Fehlern anderer lernen.“ Seit Februar ist die kleine Louisa zu ihrem Cousin Josef und ihrer Cousine Hanna dazugekommen – ein weiterer Generationenwechsel steht bevor. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit.
In der Zwischenzeit wollen Eva, Lukas und Martina weiterhin beweisen: Ein Hotel muss nicht in eine Schublade passen, um erfolgreich zu sein. Im Gegenteil. Indem es sich weigert, kategorisiert zu werden, schafft es Raum für alle, die eine Gemeinsamkeit haben: die Liebe zu echtem, bewusstem Genuss._
Redaktion
- Susanna Winkelhofer
Fotos
Isabel Pyc, Sendlhofer’s