Viele Worte, aber noch zu wenig Taten
Mit 97,5 Prozent zeigen fast alle Unternehmen, die in den Top-Indizes Deutschlands, Österreichs und der Schweiz gelistet sind (DAX 40, ATX, SMI), in ihren Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsberichten, dass sie Diversität als Bereicherung auffassen und deren Förderung in ihren Unternehmenswerten verankert haben. Darüber hinaus geben 82,5 Prozent der Unternehmen an, Diversität (oder vergleichbare Themen wie Vielfalt, Chancengleichheit oder Gerechtigkeit) im Rahmen ihrer Wesentlichkeitsanalyse als wesentliches Thema identifiziert zu haben.
Im Vergleich lassen jedoch deutlich weniger Unternehmen in ihren Berichten erkennen, dass sie sich tiefergehend mit dem Thema auseinandergesetzt und Maßnahmen ergriffen haben, um die Potenziale von Diversität wirklich zu nutzen und mögliche Ungleichgewichte zu beseitigen. So haben mit 28,8 Prozent nur wenige dieser Unternehmen geschlechtsspezifische Gehaltslücken bzw. den sogenannten „Gender Pay Gap“ offengelegt. Und nur 7,6 Prozent aller untersuchten Unternehmen ergreifen Maßnahmen zu dessen Bereinigung. Der Spitzenwert der berichteten Gender Pay Gaps ist im ATX zu finden: Hier berichtet ein Unternehmen von einem unbereinigten Gender Pay Gap in Höhe von 39,0 Prozent.
Diversität ist mehr als Frauenquote
86 Prozent der Unternehmen in DAX 40, SMI und ATX habe spezifische Ziele hinsichtlich des Frauenanteils in ihrer Belegschaft formuliert, was ein deutliches Engagement für Geschlechterdiversität zeigt. So hat auch der Anteil von „Frauen in Führungspositionen“ (Vorstand und Aufsichtsrat) in allen drei Top-Indizes weiter zugenommen. Im DAX 40 stieg der Gesamtanteil von Frauen im Vorstand auf 26 Prozent, nach 23 Prozent im Vorjahr. In den DAX 40-Aufsichtsräten sind mittlerweile 37,4 der Mitglieder weiblich.
Doch wenige Unternehmen haben in ihrer Berichterstattung alle wesentlichen Facetten der Diversität betrachtet. So behandeln nur 16,3 Prozent der Unternehmen das Thema Neurodiversität in ihren Berichten. In Bereichen wie sexuelle Orientierung und kulturelle Diversität wiederum lassen sich Diskrepanzen zwischen einem Bekenntnis und der tatsächlichen Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung von Diversität in diesen Aspekten feststellen. Neun von zehn der untersuchten Unternehmen veröffentlichten qualitative Angaben zur kulturellen Diversität, aber nur 69 Prozent benannten entsprechende Maßnahmen. Noch größer ist die Differenz zwischen den qualitativen Angaben zur sexuellen Orientierung (83 Prozent) und der Nennung von entsprechenden Maßnahmen (61 Prozent).
„Diversität ist ein potenzieller Gewinn und Diskriminierung ein großer Wertevernichter in Unternehmen. Um die Potenziale einer vielfältigen Belegschaft zu heben und Diskriminierung wirksam zu verhindern, braucht es beides: Eine Übersicht über die konkreten Umstände bezogen auf Diversitätsaspekte im Unternehmen und daraus abgeleitete Ziele und Maßnahmen,“ kommentiert Jela Bölts, Consultant ESG/Sustainability bei Kirchhoff Consult und Co-Autorin der Studie.
CSRD-Readiness: Knapp drei Viertel der Unternehmen sind vorbereitet
Mit den neuen Offenlegungsverpflichtungen der CSRD [Corporate Sustainability Reporting Directive] sind Unternehmen künftig in noch höherem Maße dazu verpflichtet, sich diesen Anforderungen zu stellen. „Das schafft zumindest mehr Vergleichbarkeit hinsichtlich Unternehmensaktivitäten, die im Zusammenhang mit Diversität stehen. Wir erwarten dadurch aber auch mehr unternehmerische Aktivität zur Förderung von Diversität in der Arbeitswelt zu sehen,“ erklärt Janina Seufert, Managerin Sustainability Services bei BDO und Co-Autorin der Studie.
In Sachen CSRD sind die meisten Unternehmen der Top-Indizes in der DACH-Region gut vorbereitet: Bereits 72,5 Prozent definieren ihre diversitätsbezogenen Ziele nach den Kriterien der European Sustainability Reporting Standards – messbar, ergebnisbezogen und zeitgebunden.
Studienserie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in der DACH-Region
Die vorliegende Teilstudie „Diversity: Reporting zur Vielfalt“ bildet den Auftakt einer Studienserie, die die Kirchhoff Consult GmbH und die BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gemeinsam durchführen. In der Studienserie werden Aktiengesellschaften der deutschen, österreichischen und Schweizer Top-Indizes (DAX 40, ATX und SMI) unter die Lupe genommen. Als Datengrundlage dienen die Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte der 80 Leitindex-Unternehmen, die bis zum Stichtag des 31. März 2024 veröffentlicht wurden.
Die Studie untersucht, wie die größten Aktiengesellschaften der DACH-Region Diversität in ihren Unternehmensstrukturen verankern und welche Maßnahmen sie ergreifen, um eine inklusive Unternehmenskultur zu fördern. Der Fokus der Untersuchung lag auf den Diversitätsdimensionen Geschlecht, Alter, kulturelle Vielfalt, sexuelle Orientierung, Neurodiversität und Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus beleuchtet die Studie verschiedene Merkmale des Umgangs mit Diversität. Dazu zählt der Gender Pay Gap, das Auftreten und das Management von Diskriminierungsvorfällen oder die organisatorische Verankerung innerhalb der Unternehmen.
Alle Ergebnisse dieser Untersuchung finden Sie hier in der vollständigen Studie
* Die vorliegende Studie ist eine deskriptive, kategoriensystembasierte Sekundärdatenanalyse der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Geschäftsberichterstattung gemäß der DAX 40-, ATX- und SMI-Unternehmen zum Stichtag 31.3.2024.