Critical Thinking, Curation, Direction, Collaboration – das sind die wichtigsten Zukunftsskills in einer AI-dominierten Arbeitswelt
Geballte Expertise in Linz: Beim Impulsabend “AI m[eats] creativity?” diskutierten über 100 Teilnehmer*innen mit 7 Impulsgeber*innen im Ausstellungsbereich des Ars Electronica Center, wie AI die Kreativwirtschaft & die moderne Arbeitswelt prägt
„Linz als Schmelztiegel von Kreativität und Künstlicher Intelligenz“: So begrüßte Georg Tremetzberger, Geschäftsführer der Creative Region Linz & Upper Austria, das Publikum zur zweiten Ausgabe von AI m[eats] Creativity? 2024 – ein einzigartiger Impulsabend, der TEDx-Spirit und Haubenküche inmitten der Ausstellung des Ars Electronica Centers vereinte. Am Programm standen sieben Impulsvorträge, die zu intensiven Tischgesprächen anregten. Ein Sieben-Gänge-Menü von Muto begleitete die Diskussionen. Teilnehmer*innen saßen gemeinsam mit den Impulsgeber*innen an den Tischen und konnten über ihre Ideen, Herausforderungen und Visionen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz auf Augenhöhe diskutieren. Tenor des Abends: In einer von AI geprägten Arbeitswelt rücken strategische, kreative und zwischenmenschliche Skills mehr denn je in den Fokus, Upskilling von Mitarbeiter*innen ist auch zukünftig essentiell.
“Jetzt, wo der anfängliche Hype vorbei ist und sehr viele bereits selbstverständlich mit KI arbeiten, wollten wir wissen, was die nächsten Schritte sind: wie integrieren Agenturen, Kreativschaffende und Marketingverantwortliche AI in ihre tägliche Arbeit, welche Leistungen können Kreativschaffende in Zukunft anbieten, welche Skills sind dafür notwendig? Der Austausch untereinander und Diskussionen auf Augenhöhe führen zu können, war dabei wieder ein wesentlicher Aspekt – das unterstreicht genau die menschlichen Faktoren, die es benötigt, um AI mehrwertstiftend einzusetzen.”, so Georg Tremetzberger, Geschäftsführer der Creative Region Linz & Upper Austria.
„Linz ist Vorreiterin in Sachen KI: Mit der JKU, Sepp Hochreiter und Martina Mara sowie der Ars Electronica haben wir hier in Linz geballte Kompetenz im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die Creative Region brachte bei AI m[eats] creativity? all diese Akteur*innen zusammen und zeigte einmal mehr, was besonders in der Kreativwirtschaft noch alles möglich sein wird“, sagt Doris Lang-Mayerhofer, Linzer Stadträtin für Kreativwirtschaft.
Sieben Expert*innen gaben Impulse zu sieben unterschiedlichen Themen, die dann gemeinsam an den Tischen weiterdiskutiert wurden. Das Ars Electronica Center bot den idealen Rahmen dafür – die Gäste saßen inmitten einer Ausstellung, die die Schnittstellen von Mensch und Maschine zum Leben erweckt.
Die sieben Themen:
AI & Modern Society | Anne-Liese Prem, LOOP “Menschen können zu KI auch eine emotionale Bindung aufbauen”
In ihrem Vortrag betonte Annie-Liese Prem, Head of Cultural Insights & Future Trends bei LOOP, dass die Gesellschaft durch die wachsende Präsenz und Einfluss von KI vor grundlegenden Veränderungen steht. Sie hob fünf zentrale Trends hervor:
- Der Aufstieg digitaler Avatare und KI-Influencer, die bereits in Social-Media-Kampagnen großer Marken präsent sind.
- Die emotionale Bindung, die durch KI ermöglicht wird, wie durch virtuelle Assistenten, die auf persönliche Bedürfnisse reagieren.
- Immersive E-Commerce-Erlebnisse, die durch 3D-Darstellungen und virtuelle Anproben interaktiver werden.
- Integration von Wearables mit KI, die auf das Wohlbefinden und die Emotionen der Nutzer eingehen.
- Das Aufleben des Metaverses und Spatial Computing, das durch Technologien wie die Apple Vision Pro verstärkt wird und eine räumliche, erlebenswerte Interaktion bietet.
„Heute ist der Tag, an dem unsere Technologie am schlechtesten ist, die sie je sein wird“ – dieser Satz – ein Zitat der amerikanischen Futuristin Amy Webb – fasst Annie-Lieses Zukunftsoptimismus gut zusammen.
AI & Skills | Cees Dingler, Capitola Amsterdam “Das Kuratieren von KI-Ergebnissen ist essenziell, um nicht in einer Flut beliebiger Inhalte zu versinken”
Cees Dingler, Creative Director und Mitbegründer von Capitola Amsterdam, sprach über die Zukunft kreativer Fähigkeiten in einer zunehmend technisierten Welt und betonte, wie wichtig es sei, Technologie als Partner der Kreativität zu betrachten. Er identifizierte fünf wesentliche Fähigkeiten, die zukünftige Kreative brauchen: Erstens,
- Coding – ein grundlegendes Verständnis der Technik hinter KI ermöglicht bessere Zusammenarbeit und Kontrolle über kreative Tools.
- Crafting – inmitten perfektionistischer KI-Bilder werden menschliche, unperfekte Details wieder wichtiger, um Authentizität zu schaffen.
- Curation – eine geschickte Auswahl von KI-Ergebnissen ist essenziell, um nicht in einer Flut beliebiger Inhalte zu versinken.
- Critique – ein kritischer Umgang mit KI-Ergebnissen und deren Bedeutung für die User*innen bzw. Konsument*innen ist unverzichtbar.
- Collaboration – in einem Team von Menschen und Maschinen braucht es die Fähigkeit, als Teil eines größeren Ganzen zu wirken. Mit diesen Prinzipien lässt sich die Kraft der KI nutzen, um kreative Prozesse zu bereichern.
AI & Leadership | Axel Unger “KI demokratisiert Leadership und schafft Raum für echte zwischenmenschliche Verbindungen”
Axel Unger, VP bei MARCH 49 und langjähriger Geschäftsführer von IDEO Germany, sprach über die transformative Kraft von KI im Bereich Leadership und stellte dar, wie künstliche Intelligenz Führung neu definiert. Unger erläuterte fünf zentrale Transformationen, die KI in Organisationen fördert:
- Demokratisierung von Leadership – KI ermöglicht eine verteilte und selbstorganisierte Führung, da Mitarbeitende auf Wissen und Intelligenz zugreifen können.
- Bessere Entscheidungsfindung – KI kann datenbasierte Entscheidungen unterstützen und so über rein intuitive Ansätze hinausgehen.
- Proaktives statt reaktives Handeln – durch Mustererkennung hilft KI, vorwärtsgerichtete Strategien zu entwickeln.
- Personalisierte Führung – KI kann Potenziale und Stärken von Teammitgliedern erkennen und fördern. Und fünftens, Auflösung von Silos – indem KI Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg erleichtert, wird kooperative Innovation gefördert.
Unger betonte, dass KI Führungskräften zukünftig mehr Freiraum für strategische und zwischenmenschliche Aspekte ihrer Rolle geben kann.
AI & Workflows | Wolf Spieth, Monks (ehemals Media Monks) “KI soll Kreative nicht ersetzen, sondern sie befähigen, mehr und besser zu schaffen”
Wolf Spieth, Transformation & AI Lead bei Monks (eine internationale Agentur mit 9000 Mitarbeiter*innen und Standorten in 32 Ländern), sprach über die Rolle von KI in der Optimierung kreativer Workflows und betonte, dass Technologie kein Ersatz für Kreative ist, sondern ein Werkzeug zur Erweiterung ihrer Möglichkeiten. Spieth hob drei zentrale Bereiche hervor, in denen KI wertvolle Unterstützung bietet:
- Erstens, Datenanalyse und Insights – KI ermöglicht es, Daten besser zu strukturieren und gezielte Erkenntnisse für strategische Entscheidungen zu gewinnen.
- Zweitens, Automatisierung und Effizienzsteigerung – mithilfe von KI können Agenturen ihre Prozesse optimieren und Inhalte auf ein neues Niveau heben, ohne dabei den menschlichen Einfluss zu verlieren.
- Drittens, kreative Anpassungen und Content-Personalisierung – durch den Einsatz von Digital Twins und Tools wie “Monks Flow” Bedürfnisse verschiedener Märkte und Zielgruppen angepasst.
Spieth betonte, dass es nicht darum geht, Prozesse vollständig zu automatisieren, sondern gezielt kleine Schritte zu setzen, die eine nachhaltige Verbesserung der Qualität und Effizienz bringen.
AI & Pricing | Katharina Maun, DODO Wien “Unsere Kreativität verdient es, richtig bepreist zu werden. Wir haben uns zu lange unter unserem Wert verkauft”
Katharina Maun, Gründerin und Kreativdirektorin der Agentur Dodo, sprach über die Herausforderungen und Chancen, die KI für die Preisgestaltung kreativer Leistungen mit sich bringt. Sie betonte, dass es in der Kreativbranche wichtig ist, den Wert von Ideen und Kreativität nicht nur durch Zeitaufwand zu messen, sondern diesen angemessen zu bewerten. Maun hob drei zentrale Punkte hervor: Erstens, Neudefinition des Wertes von Kreativität – die Verrechnung mit Stundensätzen hat die Kreativbranche dazu verleitet, sich unter ihrem Wert zu verkaufen. Zweitens, Erziehungsarbeit bei Kund*innen – sie betonte, wie wichtig es ist, Kunden die Bedeutung und den Wert einer kreativen Idee klarzumachen, insbesondere, da viele nur die Effizienz durch KI im Blick haben. Drittens, Umgang mit Angst vor KI – Maun plädierte für eine positive Einstellung gegenüber KI, die Kreative in Europa anspornen sollte, Chancen statt Bedrohungen zu sehen. Indem die Branche ihre Prozesse effizienter gestaltet und gleichzeitig den kreativen Mehrwert bewahrt, können Kreativagenturen ihre Relevanz stärken und wirtschaftlichen Erfolg sichern.
AI & Business Models | Thomas Ragger, WILD “Kreative steuern die KI – und damit die Zukunft von Brands”
Thomas Ragger, Co-Founder der Kreativagentur Wild, sprach darüber, wie Kreativagenturen durch strategische Nutzung von KI Mehrwert schaffen und diesen Mehrwert monetarisieren können. Er hob drei zentrale Ansätze hervor:
- Personalisierte KI-Erfahrungen – Ragger betonte, dass KI-basierte Agenten mehr als nur funktionale Tools sein sollten, indem sie Persönlichkeit und Markenidentität widerspiegeln und so eine menschlichere Kund*innenbindung fördern.
- Hyper-Personalisierung und maßgeschneiderte Erlebnisse – durch KI können kreative Teams einzigartige, kund*innenspezifische Erlebnisse schaffen, die den einzelnen Kund*innen direkt ansprechen und so die Customer Experience erheblich verbessern.
- Markenspezifische KI-Tools – Agenturen können durch die Entwicklung von KI-Modellen, die markenspezifische Stile und Inhalte generieren, ein skalierbares und lizenzbasiertes Geschäftsmodell schaffen.
Ragger betonte, dass auch das menschliche Element wesentlich zur eigentlichen Mehrwertschaffung beiträgt – durch die Steuerung entlang des gesamten Prozesses, durch kritisches Denken, Kuration und Direction. Dafür bedürfe es auch Upskilling der eigenen Mitarbeiter*innen.
AI & Human Creativity | Martina Mara, LIT Open Innovation Center / JKU “Kreativität bedeutet, Verantwortung für die eigene Idee zu übernehmen – das kann KI (noch) nicht”
Martina Mara, Professorin für Robopsychology und Expertin für Mensch-KI-Interaktion, sprach über die Beziehung zwischen menschlicher Kreativität und künstlicher Intelligenz. Sie betonte, dass KI zwar in der Lage ist, beeindruckend viele und teilweise nützliche Ideen zu generieren, jedoch nicht als „kreativ“ im menschlichen Sinne bezeichnet werden kann. Mara identifizierte wichtige Punkte, die die Kreativität von KI und Menschen unterscheiden: Erstens, Kreativität erfordert Absicht, Eigenmotivation und Verantwortung – Kreative Akteure wollen etwas ausdrücken und stehen hinter ihrer Arbeit, was KI-Systemen fehlt. Zweitens, Bedürfnis nach Autonomie und Kompetenz – Menschen fühlen sich im kreativen Prozess wohler, wenn sie selbstständig Entscheidungen treffen können und sich als Expert*innen erleben, was durch die Gestaltung von KI-Tools unterstützt werden sollte. Das Kompetenzerleben von Mitarbeiter*innen soll durch die Förderung eines gesunden Umgangs mit KI gesteigert werden – Schulungen und transparente Kommunikation darüber, wie KI funktioniert, können helfen, Ängste zu mindern und die Nutzung von KI als Werkzeug zu fördern, das Kreative bereichert, anstatt sie zu ersetzen. Mara regte an, darüber nachzudenken, wie das Zusammenspiel von Mensch und KI im kreativen Prozess gestärkt werden kann.
INFOBOX
Über die Creative Region Linz & Upper Austria
Kreativität ist die Mutter aller Innovationen. Neue Ideen werden daraus geboren. Exzellente Produkte werden damit geschaffen. Wachstum wird dadurch angestoßen. Die Creative Region bringt zusammen, was Oberösterreich auch morgen noch stark und innovativ macht. Die Creative Region inspiriert, initiiert und vernetzt Ideen, Menschen und Unternehmen. Sie unterstützt Entrepreneur*innen, die herausragende Produkte und Dienstleistungen schaffen wollen. Sie berät, begleitet und coacht all jene, die die Zukunft der Kreativität mitgestalten und die Grenzen des Machbaren verschieben wollen.
Cause Creativity Matters.
www.creativeregion.org
Redaktion
- DIE MACHER
Fotos
Nina Danninger Photography