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Die Lebensmittel-
verschwendung ist
eine Folge der
Wohlstandsgesellschaft.
Gerald Hackl
Vorstandsvorsitzender, Vivatis
sehen. Und Tatsache ist, dass wir die auf Grund der Was fordern Sie, um das
höheren Energiekosten notwendigen Preissteigerun- Problem effektiver anzugehen?
gen teilweise bis heute noch gar nicht weitergegeben Gerald Hackl: Leider werden Konsument:innen
haben. dahin erzogen, immer mehr zu kaufen, etwa durch
Gratisaktionen. Dadurch werden viel zu große
Zurück zur Lebensmittelverschwendung. Mengen eingekauft. Warten Sie, da muss ich Ih-
Man merkt, dass Sie dieses Thema nen etwas zeigen.
emotional besonders bewegt. Warum?
Gerald Hackl: Als Lebensmittelproduzent weiß Hackl holt sein Smartphone auf den Besprechungstisch
man, was man leisten muss, damit die Rohproduk- und swipet durch seine Bilder, deutet auf ein Foto von
te, also etwa Fleisch, Obst und Gemüse, Milch in einem offensichtlich überfüllten Kühlschrank.
der Produktion verarbeitet werden, was die Land-
wirt:innen mit Herzblut und Leidenschaft schaf- Gerald Hackl: Schauen Sie sich das an. Das Foto
fen. Wenn das Endergebnis dann weggeschmissen von dem völlig überladenen Kühlschrank, hat mir
wird, tut das einfach verdammt weh. Die Lebens- ein Freund von seiner Mutter geschickt. Ich schä-
mittelverschwendung beträgt bis zu 40 Prozent in me mich für diese Maßlosigkeit. Ein durchschnitt-
Österreich. Wenn man sich vor Augen führt, dass licher Haushalt kann das nie und nimmer konsu-
von zehn Rindern oder Schweinen drei bis vier völ- mieren. Unser Kühlschrank daheim ist meistens
lig umsonst sterben, ist das wirklich tragisch und fast leer, wir kaufen immer nur ein, was wir auch
traurig. Wir sind als Kinder so erzogen worden, wirklich brauchen. Um zu meinen Forderungen
dass alles aufgegessen wird. Bei diesem Thema wer- zurückzukommen: Es braucht mehr Aufklärung,
de ich generell sehr emotional. Wenn ich im Gast- das geht schon in der Schule los. Das Gute ist: Je-
haus sehe, dass jemand die Hälfte überlässt, fällt es de:r Einzelne kann einen Beitrag leisten._
mir schwer, mich zurückzuhalten.
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