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„Es tut weh, wenn
Lebensmittel
weggeschmissen
werden“
Der Lebensmittelkonzern Vivatis verarbeitet mehr als 100 Millionen Kilo Fleisch, Obst,
Gemüse und Milch aus Österreich. Ein besonderes Anliegen ist dem Konzern und dem
Vorstandsvorsitzenden Gerald Hackl eine Reduktion der Lebensmittelverschwendung.
Im Interview erzählt Hackl, welche Missverständnisse es bei den Konsument:innen
gibt, welche Maßnahmen er sich wünscht – und warum das Thema für ihn persönlich
besonders emotional ist.
Lebensmittelverschwendung verursacht Worauf führen Sie das zurück?
extrem hohe CO 2 -Emissionen: Die Hälfte Gerald Hackl: Lebensmittel sind immer verfügbar,
der Emissionen aus der Produktion geht auf vor 50, 60, 70 Jahren war das noch nicht so. Und
Abfälle und Verluste zurück. Was unternimmt sie sind immer noch relativ günstig. Ja, es stimmt,
man bei Vivatis dagegen? es gibt etwa 200.000 bis 250.000 Menschen in
Gerald Hackl: Wir unternehmen wirklich sehr Österreich, die sich Lebensmittel nur mehr schwer
große Anstrengungen, um die Lebensmittelver- leisten können, das betrifft aber nur einen Bruchteil
schwendung soweit als möglich zu minimieren. der Bevölkerung. 1950 wurden etwa 50 Prozent des
Es geht los beim richtigen Einkauf in unseren Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, 1970
Unternehmen. In der Produktion werden Prozesse 25 bis 30 Prozent, heute sind es nur noch knapp an
gesteuert, damit es keine Überproduktionen gibt, die zehn Prozent. Man hat einfach vieles im Über-
das ist oftmals teurer, als einfach zu viel zu produ- fluss, die Lebensmittelverschwendung ist eine Folge
zieren. Wichtig ist auch die richtige Verpackungs- der Wohlstandsgesellschaft.
und Portionsgröße für die Konsument:innen. Oft
wird kritisiert, dass durch kleine Portionsgrößen Trotzdem lässt sich eine
viel Verpackungsmaterial benötigt wird, allerdings deutliche Preissteigerung bei den
ist es auch nicht sinnvoll, wenn Konsument:innen Lebensmitteln nicht leugnen.
mehr kaufen, als sie tatsächlich brauchen. In den Gerald Hackl: In den vergangenen 30 bis 40 Jahren
Horten, Kindergärten, Seniorenheimen und Be- sind Lebensmittelpreise bei Weitem nicht so ge-
triebskantinen berechnen wir penibel die richtige stiegen wie jene in anderen Bereichen, etwa Woh-
Portionsgröße. Beim Marktführer in der Gemein- nen, Mobilität oder auch Freizeit beziehungsweise
schaftsverpflegung Gourmet konnten wir die Ab- Urlaub. Es wird leider medial und politisch massiv
fallquote so um ein Viertel senken, sie beträgt jetzt polarisiert, man haut hin. Natürlich gibt es in Ös-
nicht einmal mehr ein Prozent. Besonders wichtig terreich große multinationale Lebensmittelkonzerne
ist aber die Aufklärung für uns, die wir unter ande- mit großen Gewinnmargen, die viel Geld verdie-
rem gemeinsam mit dem Fachverband der Lebens- nen. Heimische, österreichische Betriebe sind aber
mittelindustrie und der Wirtschaftskammer be- weit weg von diesen Margen. Auch die Preisver-
treiben. Auch mit dem WWF und anderen NGOs gleiche zum angeblich billigeren Deutschland sind
gehen wir gemeinsam gegen das Thema vor. irreführend. Durch die Topografie, deutlich höhere
Abgaben und einen viel geringeren Aktionsanteil in
Nachhaltigkeit ist derzeit ein dominierendes Deutschland sind die Zahlen extrem verzerrt.
Thema. Haben Sie den Eindruck, dass auch
die Sichtbarkeit für Lebensmittelver- Was müsste sich in der öffentlichen
schwendung steigt? Diskussion Ihrer Meinung nach ändern?
Gerald Hackl: Leider nicht. In der öffentlichen Gerald Hackl: Uns wäre schon geholfen, wenn
Wahrnehmung dominiert bei weitem die Diskus- weniger polarisiert wird. Es wurde ein Lebensmit-
sion über die Preise, über das Wegschmeißen redet telgipfel einberufen, der im Endeffekt gar nichts
kaum jemand. Wir können nicht 900.000 Ton- brachte. Wenn man sich wirklich mit dem Thema
nen an hochqualitativen Produkten jährlich weg- auseinandersetzen würde, könnte man sehen, dass
Text Valentin Lischka
schmeißen und dann von Nachhaltigkeit reden. die Preise für in Österreich produzierte Lebensmittel
Foto Gettyimages,
Vivatis Lebensmittel haben einen Wert – das Gefühl dafür gerechtfertigt sind. Wir verdienen uns keinen gol-
Illu Gettyimages ist leider völlig verloren gegangen. denen Hintern, jeder kann das in unseren Bilanzen
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