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Text  Valentin Lischka
        Foto  Pansatori / ForgTin; mox3D.com;
           Haschka: Stafan Wolfsteiner



                                                       Gründer

      ENDLICH                                          GEIST


      STILLE?





          Ein Gründer, der möglicherweise die Heilung für
          ein weltweit stark verbreitetes Krankheitssymptom
          gefunden hat, eine Brille, die das eigene Smartphone
          zum 3D-Display macht, und ein Weinenthusiast, der
          seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat: drei
          spannende Gründungsgeschichten im Überblick.



                           Pansatori / Forgtin
                           19 Jahre lang litt Klaus Grübl – wie schätzungs-  findet er doch noch einen befreundeten Arzt, der
                           weise ein Prozent der Bevölkerung – unter starkem   20  Tinnitus-Patienten mit Grübls Hardwareauf-
                           Tinnitus. Wird diese Krankheit einmal chronisch,   satz behandelt – einer einfachen Klammer, die un-
                           gilt sie als unheilbar. „Nach sechs Monaten hat mir   auffällig hinter dem Ohr sitzt und an drei Stellen
                           mein HNO-Arzt gesagt, dass ich jetzt damit le-  Druck ausübt. Die Ergebnisse: Bei 30 Prozent von
                           ben muss“, erinnert sich Grübl, „diese Perspektive   ihnen verschwindet der chronische Tinnitus kom-
                           hat mich nicht gerade glücklich gemacht.“ Grübl   plett, bei den restlichen 70 Prozent verbessert er
                           denkt aber gar nicht daran, sich mit der Situation   sich deutlich.
                           zu arrangieren. „Ich habe begonnen, an meinem
                           Ohr herumzudrücken und dabei bemerkt, dass   Mittlerweile hat Klaus Grübl das Start-up Pansato-
                           die  Töne leiser werden, wenn ich für einen be-  ri gegründet, das seine Erfindung Forgtin – die Ab-
                           stimmten Zeitraum Druck an einer bestimmten   kürzung steht für „forget Tinnitus“ – seit August
                           Stelle ausübe“, sagt er. Der Gründer bastelt eine   als medizinisches Produkt vertreiben darf. Der-
                           Erweiterung für seine Brille, die diese Funktion   zeit läuft eine klinische Studie, die die Wirksam-
                           ausübt, und nach einigen Wochen ist der Tinnitus   keit seines Produkts genau erforschen und belegen
                           verschwunden.                              soll. Sollte sie den Heilungserfolg bestätigen, dann
                                                                      wäre das wohl nicht weniger als eine medizinische
                           Als sich Grübl mit seiner Erfindung an Ärzte wen-  Sensation – ein Gründer ohne medizinischen Hin-
                           det, wollen die nichts davon wissen. Die einhel-  tergrund hätte die Linderung für eine weitverbrei-
                           lige Meinung: ein nicht reproduzierbarer Zufall   tete, bisher unheilbare Krankheit gefunden. Die
                           und sicher nicht auf andere Patienten übertragbar.   Erleichterung  bei Millionen  Tinnitusgeplagten
                           Grübl will das nicht glauben, lässt sich seine Idee   wäre enorm – genauso wie das Marktpotential von
                           patentieren und sucht weiter nach Menschen, die   Forgtin.
                           er von seiner Idee überzeugen kann. Schließlich


                                                                      Mox VR

                                                                      Als Architekturstudenten an der TU München rea-
                                                                      lisieren Benjamin Mooslechner und Michael Fox
                                                                      2013, dass die meisten Menschen Schwierigkeiten
                                                                      haben, sich anhand von 2D-Plänen ihr zukünftiges
                                                                      Eigenheim genau vorzustellen. „Wir waren uns ei-
                                                                      nig, dass wir das ändern müssen, und haben nach
                                                                      einer Lösung gesucht, die es jedem leistbar ermög-
                                                                      licht, sein zukünftiges Haus oder seine zukünfti-
                                                                      ge Wohnung mittels Virtual Reality vorab zu be-
                                                                      sichtigen“, sagt Mooslechner. Bis zur tatsächlichen
                                                                      Gründung  und  dem  fertigen  Produkt  vergehen
                                                                      dann noch weitere drei Jahre. Und so funktioniert
                                                                      das Produkt: Das eigene Smartphone der Kunden
                                                                      wird zum Display für eine gelieferte 3D-Brille, mit


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