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Viele Unternehmen suchen
           händeringend nach Frauen.

                          THERESE NISS






       und  Freundlichkeit,  die  kann  man  ru-
       hig  ausspielen  –  was  aber  absolut
       nichts  mit  irgendwelchen  sexuellen
       Spielchen zu tun hat!
       HUMMER_Ich  hatte  auch  immer  das
       Gefühl, dass es bis zu einem bestimm-
       ten  Grad  ein  gewisser  Wettbewerbs-
       vorteil ist, wenn man eine Frau ist. Weil
       wenn  da,  überspitzt  formuliert,  zehn
       Anzugsträger  sitzen,  von  dunkelgrau
       bis  dunkelschwarz,  dann  sticht  man
       als Frau schon einmal ganz einfach als
       Person  heraus.  Und  wenn  man  dann
       authentisch ist und nicht versucht, der
       bessere  Mann  zu  sein,  dann  ist  das
       Frausein  ganz  klar  ein  Wettbewerbs-
       vorteil.  Gerade  wenn  es  um  Spitzen-
       und Führungsfunktionen geht, kommt
       es ja oft darauf an, dass man auffällt
       und einem seine Leistung angerechnet
       wird.

       Haben Sie es im Laufe Ihrer Karriere je
       als Nachteil erlebt, eine Frau zu sein?
                                              THERESE NISS
       KEPLINGER-MITTERLEHNER_Ja,  kei-
       ne Frage. Vor allem zu Beginn meiner   ist seit 2008 bei der Miba Coating Group, bis 2014 war sie
       Karriere. Ich würde sagen, sobald man   geschäftsführende Gesellschafterin der Miba Coating Group – High Tech
       einmal zwei Führungspositionen durch-  Coatings GmbH und ist seit Februar Vorstand bei Miba. Außerdem ist sie
       gekommen ist, kann Frausein auch ein   Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, Mitglied des Aufsichtsrates
       Vorteil  sein.  Denn  wenn  man  in  einer   der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, Mitglied des
       männerdominierten  Branche  arbeitet,   Kuratoriums des Wiener Konzerthauses und auch Mitglied in einigen
       dann fällt man stärker auf. Aber zu Be-  (Privat)stiftungen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei kleinen
       ginn ist es sicher schwieriger.        Kindern in Wien. Im Laufe ihrer Studienzeit (unter anderem Doktorat
                                              und Diplomstudium für Rechtswissenschaften an der Uni Wien) war sie
       RINTERSBACHER_Frauen  müssen  in       Forschungsassistentin im EU-Parlament in Brüssel.
       gewisser Weise in der Kommunikations-
       arbeit ihrer Leistung oft doppelt so viel
       leisten  wie  ein  Mann,  um  auf  dieselbe
       Position zu kommen. Das kenne ich aus
       meiner Funktion. Als ich bei Leitbetriebe   ten Arbeitswelt eine Frau zu sein. Es   an  eine  Geschäftsreise  nach  Finn-
       Austria angefangen habe, war ich jung,   gelingt  mir  meist  besser,  das  Ver-  land, das ist fünfzehn Jahre her, als
       blond und nicht unattraktiv – dass man   trauen  von  Geschäftspartnern  auf-  russische Geschäftspartner erwarte-
       da  auf  Augenhöhe  gesehen  wird  und   zubauen und wenn man anfangs un-  ten,  dass  ich  mit  ihnen  Wodka  trin-
       sich Anerkennung aufbaut, das ist harte   terschätzt  wird,  ist  das  ja  auch  ein   ke. Ich machte mir mit dem Kellner
       Arbeit.                            Überraschungseffekt,  mit  dem  man   aus,  dass  er  mir  jedes  zweite  Glas
                                          spielen kann. Aber es gab durchaus   mit Wasser füllte, somit war ich ge-
       WAGNER-RATHGEB_Ich erlebe es oft   Momente,  da  war  mein  Geschlecht   nauso  trinkfest  (schmunzelt).  Auch
       als Vorteil, in einer männerdominier-  sicher kein Vorteil. Ich erinnere mich   die Zusammenarbeit mit arabischen


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