„Alles Gute kommt von unten“
Max Ortner kennt das Gefühl, sich durchzukämpfen – im Ring und im Leben. Seine Geschichte ist die eines Menschen, der gegen alle Widerstände aus dem tiefsten Tal wieder aufsteht und zeigt, wie man den Kampf für sich gewinnen kann. Heute ist er ein erfolgreicher Theater-, Film- und Fernsehschauspieler. Fehlt nur noch seine Traumrolle: die eines Kampfsportlers – boxen kann er nämlich auch.
Wo beginnt eigentlich eine Erfolgsgeschichte? „Ganz unten“, wenn es nach Max geht. Und er meint damit jenen Moment, als ihn eine Bierflasche mitten im Gesicht traf. Er war wieder mal in eine Schlägerei geraten, landete im Krankenhaus und musste genäht werden. „Das war das Beste, was mir je passiert ist“, sagt er heute. Rückblickend.
Aber beginnen wir die Geschichte etwas früher. Damals, als Max Ortner sechs Jahre alt war und ihn sein Großvater (Gründer des Linzer Kellertheaters) zum ersten Mal auf eine Bühne gestellt hat – im Linzer Brucknerhaus. „Irgendwie ist da schon so eine Flamme in mir aufgegangen“, erinnert er sich. Wirklich Feuer gefangen hat er durch die Schauspielerei dann aber erst viel später. Dazwischen lagen schwierige Jahre. Schulzeit? Ein Kampf. Max flog gleich aus vier Schulen, landete schließlich im Internat und hat dann „irgendwie mit Ach und Krach die Schule geschafft“, erzählt er. Seine Teenagerjahre waren geprägt von einer Clique, die keine Grenzen kannte, „die Hälfte trug eine Fußfessel“.
Nach der Schule wollte Max Immobilienmakler werden, er strebte nach Status und Erfolg. Doch auch dieser Weg war von inneren Konflikten und einem Gefühl des Verlorenseins geprägt. „Ich wollte einfach möglichst schnell Geld verdienen.“ Dann kam der besagte Abend mit der Bierflasche.
Der Boxring als Lebensschule
Nach dem Krankenhausaufenthalt schwor er sich: Nie wieder will er hilflos sein. Sein Bruder drängte ihn schon lange dazu, doch einmal ins Kampfsporttraining zu kommen. Max, bis dahin ein regelmäßiger Partygänger und starker Raucher („Ich hab teilweise zwei Packerl am Tag geraucht“), begann mit Kampfsport. „Das Boxen hat mich zu einem anderen Menschen gemacht“, erzählt er. „Es ist einfach eine Lebensschule. Du lernst Disziplin, Respekt und findest ein neues Verhältnis zu deinem Körper.“
Im Boxring lernte Max, was es heißt, sich mit vollem Einsatz auf etwas einzulassen und die eigenen Grenzen zu sprengen. „Am Anfang siehst du, dass die anderen schneller und stärker sind. Du fragst dich: An welchen Stellschrauben kann ich drehen? Und so habe ich angefangen, das Rauchen aufzugeben, meine Ernährung und meine Ausdauer zu verbessern.“ Kampfsport wurde für ihn mehr als ein Hobby, er wurde ein Lebensstil. Vom übergewichtigen Jugendlichen verwandelte er sich zum sportlichen jungen Erwachsenen – und ließ dabei 45 Kilo Körpergewicht auf der Strecke.
Alle Spots an
Doch Max’ Reise endet nicht im Boxring. Die Schauspielerei, die Leidenschaft seines Großvaters und Vaters, begann in ihm zu brennen. Er wagte die Aufnahmeprüfung an der Anton Bruckner Universität und bestand im ersten Versuch. Tagsüber war er an der Uni, abends im Boxring, nachts arbeitete er als Türsteher. Ein harter Alltag, aber für Max Ortner war es genau das Richtige. „Im Ring und auf der Bühne musst du ganz da sein. Alles andere wird nebensächlich.“
Doch sein unbändiger Ehrgeiz brachte ihn an einen gefährlichen Punkt. „Ich wollte immer mehr, immer besser werden“, gibt er offen zu. „Ich konnte nicht trainiert genug oder dünn genug sein.“ So entwickelte sich schleichend eine Bulimie – und bald auch eine Depression. „Es hat sich zu einer Krankheit entwickelt“, erzählt Max. „Ich war am Ende dieser Spirale. Ich habe mich oft tagelang nicht gerührt, lag nur im Bett und konnte nicht glauben, dass es jemals wieder besser werden würde.“
Der Weg zurück ins Leben
Nach einem langen inneren Kampf suchte Max schließlich Hilfe. Die Therapie half ihm, die Last der Vergangenheit zu verarbeiten und seine Essstörung zu überwinden. Es dauerte, doch langsam fand er zurück in ein Leben, das ihn erfüllte. „Seit März geht es mir wieder voll gut. Besser denn je. Ich bin wieder im Leben angekommen“, erzählt er mit einem Lächeln. Vor allem auch seine Freundin, Model Victoria Karner, habe ihn durch diese schwere Zeit begleitet.
Heute ist Max mit Mitte 30 ein Mann, der seinen Weg gefunden hat und keine Angst mehr hat, authentisch zu sein. „Mir könnte es nicht wurschter sein, wie ich auf der Bühne aussehe. Wichtig ist, dass ich echt bin.“ Denn: Das Ego habe im Schauspiel nichts verloren. „Natürlich gibt es auch Schauspieler, die die ganze Zeit nur darüber nachdenken, wie sie ausschauen, wie sie stehen müssen, damit sie das beste Licht kriegen. Aber dann sieht man keine Figur, sondern nur einen eitlen Schauspieler, und das macht es uninteressant.“ Vielmehr sprechen ihn intuitives Schauspiel an – da sehe er sich selbst auch. Schauspieler also, die voll und ganz im Moment sind. „Die präsent im Dialog sind.“ Er mag es, wenn er Figuren verkörpern darf, die in tiefe Abgründe schauen. Einen Boxer würde er übrigens auch gern mal spielen – „darauf warte ich schon. Ich trau mich jetzt zu behaupten, dass es keinen anderen Schauspieler auf meinem Boxniveau gibt.“ Er grinst. „Und James Bond nehme ich auch.“
Vielleicht hat er recht. Vielleicht kommt wirklich alles Gute von unten. Max zeigt mit seiner Geschichte jedenfalls, dass der wahre Kampf nicht im Ring oder auf der Bühne stattfindet, sondern in einem selbst. Sein Leben ist ein Beweis dafür, dass man auch im größten Kampf die eigene Stärke finden kann. Dass man tief fallen und dennoch wieder aufstehen kann, wenn man bereit ist, weiterzukämpfen._
Max Ortner. Auf der Bühne, im Fernsehen, im Kino
Ein kleiner Auszug
Max Ortner ist in Wien auf der Bühne des Ronacher gestanden und hat im Erfolgsmusical Bodyguard eine der Hauptrollen, den Stalker, gespielt. Aktuell spielt Max Ortner die männliche Hauptrolle in der Komödie „Nichts als Chaos“ im Linzer Kellertheater. Außerdem dreht er momentan für den ORF die zweite Staffel der Serie „Alles finster“, diese kommt 2025 raus.
Theater /
Münchhausen / Komödie am Kudamm Berlin
Bodyguard / Ronacher
Diverse Stücke / Landestheater 2015-2017
Fernsehen /
Alles Finster / ORF; Crystall Wall / ZDF;
Blind ermittelt „Tod im Palais“ / ORF; SOKO Donau / ORF;
Wischen ist Macht / ORF; Mandy und die Mächte des Bösen / Prime Video
Kino /
18 Tage
Im Land der starken Frauen
Geschichten vom Franz
Redaktion
- Susanna Winkelhofer
Fotos
Sabine Kneidinger, Luis Zeno Kuhn