Zwischen Wolfsbarsch und Wellness
Als sich das Boot den trichterförmigen Netzen nähert, in denen Wolfsbarsche gezüchtet werden, beginnen sie, aufgeregt an der Wasseroberfläche herumzuflitzen. „Sie erkennen die Boote und wissen genau, wann es Futter gibt“, sagt Irena Fonda. Die Biologin ist Geschäftsführerin der Fonda-Fischfarm und hat gemeinsam mit ihrem Vater und Bruder geschafft, was viele Fischhändler und Produzenten lange für völlig unmöglich gehalten hätten . In zahlreichen Restaurants an der slowenischen Küste werden Wolfsbarsche auf der Karte mit dem „Fonda“-Siegel angeboten, Lebensmittelhändler und Privatpersonen in Italien, Österreich und Deutschland bestellen ausschließlich die Wolfsbarsche der Familie. Den Fondas ist es gelungen, eine Marke zu etablieren – auf dem Fischmarkt, der für Nicht-Experten kaum durchschaubar ist. „Normalerweise werden Fische von unterschiedlichsten Züchtern und Fängern auf großen Märkten angeboten, wo sie dann von Spekulanten gekauft werden“, sagt Fonda, „und die kaufen oft die billigeren und weniger frischen Fische, um sie dann mit größerer Gewinnspanne weiter zu verkaufen.“ Dies sei möglich, da es für den Konsumenten schwer sei, die Frische und Herkunft des Fisches zu überprüfen. „Fische, die als fangfrisch verkauft werden, sind nicht selten schon zwei Wochen unterwegs.“ Die Wolfsbarsche von Fonda hingegen werden direkt nach dem Fang mit einer Markierung versehen, auf der Herkunft und das genaue Fangdatum zu finden sind. Fische aus Aquakulturen haben oft nicht den besten Ruf – auch Irena Fonda selbst war skeptisch, als sie erstmals von den Plänen ihres Vaters hört, Wolfsbarsche zu züchten. „Er hat mich dann aber davon überzeugt, dass es möglich ist, das nachhaltig und mit hoher Qualität zu machen“, sagt sie. Die Tiere haben im Vergleich zu anderen Farmen eine große Bewegungsfreiheit, können frei schwimmen, die Netze werden nicht mit Chemikalien, sondern per Hand gereinigt. „Bei anderen Fischfarmen findet man im Wasser rund um die Becken oft kein Lebenszeichen, bei uns leben auch direkt neben den Netzen zahlreiche Meereslebewesen, manchmal sind außerhalb der Netze sogar mehr Fische unterwegs als innerhalb“, sagt Fonda und lacht. Dass die Wolfsbarsche ausschließlich durch Bio-Futter genährt werden und bis zu fünf Jahre lang wachsen dürfen, versteht sich für sie von selbst. Mittlerweile sind die Fonda-Wolfsbarsche drei Jahre im Voraus ausgebucht, doch die Familie setzt auf ein zweites Standbein: den Tourismus. Besucher können die Becken nicht nur mit solarbetriebenen Booten, sondern auch selbstständig mit Kajaks und Kanus besuchen, für Unternehmen werden Teambuilding-Aktivitäten wie etwa das gemeinsame Netzereinigen oder Filetieren von Fischen angeboten. „Dadurch bekommen unsere Kunden nicht nur einen Einblick in das Unternehmen, sie bekommen auch ein besseres Bewusstsein für den Fisch selbst“, sagt Fonda.
Woran erkennt man nun frischen Fisch? „Ein wichtiges Indiz ist der Geruch, der typische Fischgeruch bedeutet, dass der Fisch nicht mehr ganz frisch ist“, sagt Fonda. Zweifelsfrei erkennen könne man das auch an der Konsistenz des Fleisches. „Nach dem Fang setzt die Leichenstarre ein, die hält bis zu fünf Tage an. Kauft man also einen Fisch der biegsam und beweglich ist, heißt das, dass er bereits vor mindestens fünf Tagen gefangen wurde“, sagt Fonda. Für sie selbst ist fangfrischer Fisch übrigens nicht der beste. „Optimal wird das Fleisch nach zwei bis drei Tagen, wenn der Fisch immer noch frisch ist, die Starre des Tiers aber schon etwas nachlässt“, sagt sie. Ihre Farm liegt in einem Naturpark nahe der Secovlje-Salinen, dort wird seit der Gründung durch Maria Theresia Salz produziert. Mittlerweile reicht das aber nicht mehr aus, dafür bietet man für Touristen Führungen durch die Saline an und vermarktet das Endprodukt geschickt, das in Geschäften in Piran oder Portorož angeboten wird.
Das kompletteste Wellnessangebot
Die beiden Städte gehören zu den touristischen Zentren der Küste und sind grundverschieden. Piran ist bekannt für die venezianische Architektur und die malerische Altstadt, der Kurort Porotoz hingegen besitzt keinen historischen Kern, obwohl man auf eine mehr als 800-jährige Tradition als Heil- und Therapieort zurückblickt. Zwei große Hotelkomplexe dominieren das Ortsbild. Die LifeClass-Hotels haben sich dem Wellness- und Gesundheitsthema verschrieben. Von der Anti-Ageing-Klinik über Sauna-Parks, Fitness-Center, Ayurveda-Behandlungen und Schwimmbäder mit 42.000 Jahre altem „Urmeer“ dreht sich alles um das Wohlbefinden der Gäste, man wirbt mit dem komplettesten Thermal- Gesundheits- und Wellnessangebot Europas. Selbst bei den kulinarischen Angeboten in den Hotels wird viel Wert auf gesunde Ernährung gelegt.
Algen statt Mühlstein
Nicht nur die Küste selbst, auch das Hinterland hat einiges zu bieten. Bekannt ist die Region etwa für das Olivenöl, dessen Produktion eine lange Tradition hat. Das Tonina-Haus, ein Bauernmuseum, zeigt das Leben der Einheimischen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine gewaltige Ölmühle lässt erahnen, unter welchen Anstrengungen damals Olivenöl gewonnen wurde. Der Mühlstein wurde meist von Ochsen oder anderen Nutztieren gezogen, kleinere Mühlsteine allerdings nicht selten auch von Menschen. Das ist längst Vergangenheit. Vlado Munda produziert gemeinsam mit seiner Frau Tatjana auf einem kleinen Bauernhof nahe Portorož Olivenöl, in seiner Garage steht die Maschine, mit der das Öl gewonnen wird. Etwa fünf bis acht Kilo Oliven braucht er für einen Liter Öl, manchmal auch mehr. Regnet es zu viel, werden die Oliven zu wässrig und unbrauchbar. Insgesamt vier verschieden Sorten verarbeitet er, eine davon ist autochthon, die anderen stammen aus Italien. Die Unterschiede schmecken selbst Laien mit der richtigen Verkostungs-Technik: Das Öl im Mund verteilen, beim Einatmen durch die Zähne ziehen und dann durch die Nase ausatmen. Den Gästen zeigt Munda nicht nur sein Olivenöl und den Hain hinter dem Haus, sondern auch stolz die selbst produzierten Marmeladen und Weine.
Obwohl der Betrieb vergleichsweise klein ist, wird hier nicht nur nachhaltig, sondern auch besonders innovativ gearbeitet. Die Reste der Produktion wie etwa Schalen werden nicht weggeschmissen, sondern als Biokompost verwendet. Eine spezielle Algenart aus der Nordsee beschleunigt den Abbau des Ammoniak-Gehalts des Düngers. „So kann er statt nach 18 Monaten schon innerhalb von sechs bis acht Monaten verwendet werden“, sagt Munda. Das Wohlbefinden der Olivenbäume im nächsten Jahr ist also garantiert. Wohl ebenso wie der touristische Erfolg der Region, die sich nicht nur auf die Vorzüge der Landschaft verlässt, sondern gezielt mit innovativen Angeboten interessierte Gäste anlocken will.