„Falsche Qualifikation – fehlende Motivation?“
Das Thema der heutigen Veranstaltung sei mit „Falsche Qualifikation – fehlende Motivation?“ bewusst ein bisschen spitz formuliert worden, eröffnet IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch und sieht zwei wesentliche Lücken: eine Qualifikations- sowie Motivationslücke.
Welche Vorurteile im Bezug auf die Leistungsbereitschaft der Generation Y wirklich stimmen, weiß man nicht genau – die Wahrheit wird wohl in der Mitte liegen, so Haindl-Grutsch. Fix sei jedenfalls, dass zu wenige junge Leute sich eine MINT-Qualifikation antun.
Der Staat ist laut Haindl-Grutsch der größte Profiteur von Lohnerhöhungen, sämtliche Prämien, Überstunden, etc. werden so stark besteuert, dass der Anreiz für Mehrarbeit überschaubar ist.
Maria Brunner vom AMS OÖ über das Vorurteil, dass junge Menschen keine Leistung mehr erbringen möchten: „In habe in meiner langjährigen Arbeit kaum Menschen begleitet, die keinen Beitrag leisten wollen. Aber habe mit vielen Menschen zu tun, die im Laufe ihrer Ausbildungszeit erlebt haben, dass ihre Leistung nicht genug geschätzt wird, weil sie nicht gut genug ist.“ Wir hätten das Problem, dass sich Leute aus bildungsfernen Schichten nicht trauen.
Leistung beginne von Kindheit an, so Brunner. „Ich brauche Zutrauen, ich brauche Ermutigung sowie die Rückmeldung, dass meine Leistung etwas wert ist und jemand Freude damit hat – dann werde ich leistungsbereit.“
Kritik an Jugendliche hat es immer gegeben, die heutige Generation ist anders und das ist zu akzeptieren, so Wilfried Nagl, Landesschulrat OÖ. Was aber im schulischen Kontext gleich geblieben sei, ist die Aufgabe der Lehrer, die Schüler für das Lernen neugierig zu machen.
Wenn eine Gesellschaft einen Wohlstand erarbeitet hat, dann sei es nicht zu vermeiden, wenn die Kinder anders ticken als die Vorgängergeneration. Weiters trage die Knappheit zur Einstellung der jungen Generation mit fehlender Leistungsbereitschaft bei, so Haindl-Grutsch.
LH-Stv. Manfrede Haimbuchner: „Ich persönlich kenne sehr hungrige junge Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Das Problem ist, dass am Ende des Tages mehr Leistung bestraft wird.“
Liu Jia ist in China aufgewachsen, sie ging in ein Internat und trainierte dort unter 30 Gleichaltrigen Tischtennis: „Ich habe sehr schnell gewusst, ich muss jeden Tag meine Leistung bringen, ansonsten werde ich ausgeschieden. Ich habe oft als Kind schon Albträume gehabt, ich weinte täglich.“
„Der Druck in China ist zu hoch“, sagt Haindl-Grutsch, „aber nichtsdestotrotz stehen wir mit solchen Ländern im Wettbewerb und müssen uns dementsprechend überlegen wie wir damit umgehen.“
„Es ist ein Mythos, dass es in Österreich keinen Bildungsaufstieg gibt – die Statistik lügt“, so Haindl-Grutsch. Österreich sei dabei im OECD-Vergleich sogar eines der besten Länder.
Haimbuchner widerspricht Brunner, dass nur ganz wenige Leute mit der Mindestsicherung gut richten können und nennt als Bespiel die höheren Rückzahlungen von Wohnbeihilfen aufgrund von verstärkten Kontrollen. So hätte man vor zehn Jahren 200.000 Euro zurückgeholt, mittlerweile seien es drei Millionen Euro.
Mit der AHS und dem freien Hochschulzugang werden laut Nagl schwer vermittelbare Akademiker produziert.
Jia über die Generation Y: „Ich sehe beim Sport, dass die jungen Menschen schneller Jammern und Aufgeben. Daneben ist es aber auch so, dass die Kinder immer sehr euphorisch kommen und wenn die Eltern sehen, dass die Leistung nicht sofort kommt, wird schnell einmal aufgegeben.“
Schlussstatements
- IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch: „Österreich hat sich in wenigen Jahrzehnten zu einem der reichsten Länder entwickelt – das ist aber nicht mit Teilzeitarbeit oder Work-Life-Balance gegangen, sondern mit einem klaren Auftrag, etwas gestalten und weiterbringen zu wollen.“
- Wilfried Nagl, Landesschulrat OÖ: „Wir müssen den jungen Menschen in einer ehrlichen Art und Weise vorleben, dass Leistung etwas positives ist, dass einem nicht von alleine in den Schoß fällt, aber es ziemlich geil ist, wenn man etwas schafft.“
- Österreichische Tischtenniseuropameisterin Liu Jia: „Wir leben in Österreich wirklich im Paradies und dafür bin ich sehr dankbar.“
- Maria Brunner vom AMS OÖ: „Es ist mir in meinen 35 Jahren beim AMS nur ganz selten untergekommen, dass wer bewusst und gerne in der sozialen Hängematte liegt – und wenn, dann waren das Fälle, wo sich die Leute schlichtweg nicht mehr rausgetraut haben.“
- LH-Stv. Manfred Haimbuchner: „Groß gemacht haben uns Noten, ein differenziertes Schulsystem, ein ordentliches Familienlieben zu Hause – nicht groß gemacht haben uns ständige Diskussionen über Genderismus oder Social Media.“