Zuversichtlicher Blick auf Österreichs Wirtschaft
„Unsere Aufgabe als Academia Superior ist es, die richtigen Fragen für die Zukunft zu stellen. Für neue Ideen und Denkansätze in wirtschaftlichen Fragen haben wir heute dafür mit WIFO-Chef Gabriel Felbermayr und Markus Hengstschläger ein kongeniales Duo,“ freut sich Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander und Obfrau von Academia Superior vor vollem Haus zu einem Dialog begrüßen zu dürfen, der ganz im Spirit des Think Tanks stand: Herausforderungen offen und klar anzusprechen und mögliche Lösungswege aufzuzeigen.
Als Kooperationspartner der Veranstaltung sprach Mag. Klaus Kumpfmüller, Vorstandsvorsitzender der Hypo Oberösterreich, in seiner Begrüßung die große Verantwortung der Wirtschaftsforscher an. Denn sie geben der Wirtschaft mit ihren Prognosen wichtige Signale für die Zukunft, „und vieles in der Wirtschaft ist Psychologie“, referenziert er auf Prophezeiungen, die sich selbst erfüllen würden.
„Die hohen Preise sind gekommen, um zu bleiben“
Die Zeiten werden nicht einfacher, das liegt für den Wirtschaftsforscher Felbermayr auf der Hand. Dabei spricht er in erster Linie strukturelle Engpässe an: „Der Arbeitskräftemangel, der sich aus der Demografie ableitet, aber auch der Umbau des Energiesystems werden anstrengend werden, da braucht man sich nichts vormachen.“ Die Zeiten sehr niedriger Inflation werden schwerer zu erreichen sein und Prozentwachstumsraten hochzuhalten, ist für reiche Länder ohnedies schwieriger. Nach einem deutlichen Einkommensverlust 2022 entwickeln sich nun höhere Löhne und Energiepreise auch zunehmend herausfordernd für die Industrie. Der technische Fortschritt ist deshalb ein wichtiger Faktor für die Aufrechterhaltung unseres Wohlstands.
Österreich punktet durch ein sehr attraktives, hochwertiges Angebot im Tourismus. Er ist einer der wesentlichen Treiber, der den Dienstleistungssektor am Wachsen hält und den Standort auch für Arbeitskräfte attraktiv macht.
Zielgerichtete Einwanderung als Wettbewerbsfaktor
Der WIFO-Chef spricht sich für eine arbeitsmarktgerechte, zielgerichtete Einwanderung nach Österreich aus. Um den Standort für ausländische Fachkräfte attraktiver zu machen, braucht es nicht nur einen Mix an unterschiedlichen Maßnahmen, sondern auch koordinierte, grenzüberschreitende Initiativen im deutschsprachigen Raum: „Man müsste in den Grenzregionen zusammenarbeiten, weil es auch ein gemeinsamer Arbeitsmarkt ist,“ schlägt der Experte vor, um zu verhindern, dass Arbeitskräfte aus dem Ausland nach großen Anstrengungen einzelner Regionen dann regional abwandern.
Was die Zukunft der Hochschulen angeht, stellt Felbermayr die Idee eines Zusammenschlusses europäischer Hochschulen in den Raum. Das soll ihnen Gewicht geben und dadurch ermöglichen, dass sie im internationalen Ranking besser werden. „Zu viele kleine Unis werden nicht wahrgenommen. Das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt,“ so der Universitätsprofessor.
Es hat auch Vorteile, kein Innovationleader zu sein
Für Universitäten gilt: Entweder man ist ganz vorne dabei, oder nicht sichtbar. In der Wirtschaft ist das mitunter anders, denn Innovationsführer zu sein, ist immer auch mit großem Risiko verbunden. Man kann sehr erfolgreich sein, wenn man zunächst abwartet und sich dann mit voller Kraft und Energie auf eine Nische spezialisiert und hier zum Weltmarktführer wird. „Wir haben viele solcher ‚hidden champions‘ in Österreich, manche mitunter so versteckt, dass wir gar nicht stolz genug darauf sind,“ weiß der Wirtschaftsexperte: „Wir sind in vielen Bereichen besser, als wir wahrnehmen.“
Im technologischen Fortschritt sieht der WIFO-Chef einen wesentlichen Faktor für die Bewältigung der Klimakrise, die gleichzeitig auch großes wirtschaftliches Potenzial für die Zukunft hält und einem Wohlstandsverlust entgegenwirken kann. Dass es noch große Herausforderungen zu bewältigen gilt, ist unbestritten, doch „der moralische Zeigefinger alleine senkt keine Emissionen,“ mahnt Felbermayr.
Der Schwarze Schwan wird kommen
Felbermayr geht davon aus, dass der nächste „schwarze Schwan“ kommen wird – nicht in Form einer Pandemie oder Finanzmarktkrise, sondern in anderen Bereichen. Er hält beispielsweise dazu an, die Korrelation internationaler Wetterschocks genau zu beobachten, die sich etwa auf Ernten gravierend auswirken könnten, wenn sie zusammenfallen. Und es wird darum gehen, sich mit grundlegenden Fragen der Anpassung an eine neue (klimatische) Umgebung zu beschäftigen. „Auf die Welt, wie sie wird, sollten wir uns vorbereiten. Da brauchen wir auch jetzt die Investitionen dafür,“ schließt Gabriel Felbermayr den 21. Academia Superior Dialog.