
Worüber ich gerade nachdenke
Du bist, was du denkst. Und wer Martin Reichetseder zuhört, merkt schnell: Er ist ein Compliance-Enthusiast, der vor allem über die Zukunft nachdenkt. Als Co-Gründer und CEO von .LOUPE hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen durch digitale Compliance-Prozesse sicherer und effizienter zu gestalten. Was ihn dabei derzeit am meisten beschäftigt? Er hat es uns verraten.
# Veränderung ist unser ständiger Begleiter
Wir leben in einer Welt, in der sich alles permanent verändert. Neue Gesetze, geopolitische Umbrüche, technologischer Fortschritt – es gibt keinen Stillstand. Gibt es neue Vorgaben und Gesetze, können Unternehmen nicht mehr einfach sagen: „Wir haben das in der Vergangenheit so eingeführt und sind jetzt fertig.“ Martin Reichetseder weiß: Es gibt kein „Fertig“. Alles ist in Bewegung, und genau das macht Compliance-Arbeit so spannend. Für den erfahrenen Compliance-Officer ist Veränderung kein Hindernis, sondern eine Chance, sich weiterzuentwickeln. Doch wie gehen Unternehmen mit dieser Veränderung um? „Einige haben den Puls der Zeit verstanden. Andere versuchen, sich an alte Strukturen zu klammern“ – nur gehe dieser Plan meist nicht länger auf. Zwei Beispiele: „Der gesetzlich verankerte Schutz von Hinweisgebern zwingt Unternehmen dazu, ihre internen Meldewege, Prozesse und auch ihre Fehler- und Feedback-Kultur zu überdenken. Bei der Lieferkettensorgfaltspflicht werden trotz Bestrebungen zur De-Regulierung Transparenz und Verantwortungsbewusstsein zum Thema.“ Aber wer vorausschauend reagiert, könne sich genau hier als verlässlicher Akteur positionieren. „Wer hingegen abwartet, riskiert nicht nur Strafen, sondern auch einen massiven Verlust an Integrität und Vertrauen.“
# Wie groß ist der Schatten, den die Korruption auf Österreich wirft?
Die Verschlechterung im Korruptionsranking hat direkte Folgen für den Wirtschaftsstandort. „Unternehmen müssen nun verstärkt in Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenskonflikten und Anti-Korruption investieren, um das Vertrauen ihrer Kunden und Lieferanten zu sichern. Compliance ist längst nicht mehr nur eine regulatorische Pflicht, sondern entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit.“ Als Experte empfiehlt er daher Gift-Approval-Systeme und Whistleblowing-Plattformen, mit denen sich Korruptionsrisiken identifizieren und transparent managen lassen. „Gerade in globalen Lieferketten spielt das Länderrisiko eine Rolle – und Österreichs Image leidet. Wer im internationalen Geschäft bestehen will, kommt an einer klaren Integritätsstrategie nicht vorbei.“ Deshalb sei es höchste Zeit, Compliance als etwas zu begreifen, das mehr als „nur“ reine Regeltreue ist.
# Sichtbare Compliance bringt Unternehmen nach vorne
Compliance wurde lange als Hindernis, als notwendiges Übel verstanden – missverstanden, wenn es nach Martin geht. Es gab Regeln, und man hielt sich daran. „Heute ist Compliance ein dynamischer Prozess, der weit über das bloße Erfüllen von Vorschriften hinausgeht.“ Wer sie strategisch denkt, gewinne laut ihm nicht nur Sicherheit, sondern auch einen echten Wettbewerbsvorteil. „Denn wer Integrität und Transparenz lebt, gewinnt Vertrauen.“ Und Vertrauen ist das wertvollste Gut im Geschäft. So müssen große Firmen etwa mittlerweile in ihren ESG-Berichten detailliert darlegen, wie sie soziale und ökologische Risiken managen. „Wer hier mit einer soliden Compliance-Strategie arbeitet, kann sich nicht nur besser vor Risiken absichern, sondern wird zugleich als verlässlicher Partner wahrgenommen.“ Übrigens gelte das nach innen wie außen: „Verantwortungsvolle Unternehmen gehen Kunden- und Lieferantenbeziehungen mit Betrieben ein, die ihre eigenen Risiken kennen, sich dieser annehmen und präventiv dagegen vorgehen. Dort fühlen sich auch qualifizierte Fachkräfte wohl – denn gerade junge Talente achten zunehmend darauf, für werteorientierte Arbeitgeber und somit in einer guten Unternehmenskultur zu arbeiten. Und soviel sei verraten: Compliance ist kulturstiftend und -fördernd.“
# Analoge Aktenstapel waren gestern
Kann Compliance heute überhaupt noch ohne smarte und digitale Lösungen funktionieren? Martins Position ist klar: Nein. Checklisten in Excel, Ticketsysteme, E-Mail und Briefkästen als Hinweisgebersysteme oder gar unübersichtliche Papierakten? Nicht mehr zeitgemäß. „Digitalisierung schafft nicht nur Effizienz, sie sorgt auch für Sicherheit und Nachvollziehbarkeit. Unternehmen, die auf moderne Compliance-Software setzen, können Risiken früher erkennen und besser managen.“ Aus seiner eigenen Erfahrung als langjähriger Compliance-Beauftragter weiß er: „Automatisierte Prozesse helfen, Fehler zu vermeiden und Ressourcen gezielt einzusetzen.“ Wenn etwa eine Korruptionswarnung eingeht, müsse man sofort reagieren können. „Wer dann erst Akten durchwälzen muss oder sich auf Excel-Listen verlässt, hat bereits verloren.“ Digitale Systeme bieten hier einen klaren Vorteil: „Sie ermöglichen ein strukturiertes Risikomanagement in Echtzeit und reduzieren den manuellen Aufwand erheblich.“
# Wie stärkt Technologie das Vertrauen im und in Unternehmen?
Digitale Compliance-Tools – wie die Software von .LOUPE – sind daher nicht einfach nur ein Mittel zur Risikominimierung. „Sie sind eine Brücke zwischen Unternehmen und ihren Mitarbeitenden. Eine Plattform, die Klarheit schafft und für eine offene Unternehmenskultur sorgt.“ Es gehe nicht darum, Menschen zu kontrollieren, sondern sie in ihrer Verantwortung zu unterstützen. „Wer auf transparente und zugängliche Prozesse setzt, sorgt dafür, dass sich Mitarbeitende sicher fühlen und Compliance als Bereicherung wahrnehmen. Besonders in sensiblen Bereichen wie Datenschutz oder ethischer Unternehmensführung zeigt sich, dass Technologie hier Vertrauen schafft.“ Ein Blick in die Praxis bestätigt: Klar strukturierte Compliance-Tools ermutigen Mitarbeitende, Fehlverhalten zu melden. „Ohne eine digitale Infrastruktur bleiben viele dieser Vorfälle unentdeckt – mit potentiell schweren Folgen.“
# Welche Themen werden die Compliance-Welt bewegen?
Die Zukunft der Compliance ist datengetrieben, vernetzt und lebendig. Themen wie Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeitsberichterstattung werden eine immer größere Rolle spielen. „Wer sich dem verschließt, wird früher oder später abgehängt. Aber wer sich aktiv damit auseinandersetzt, kann daraus enorme Chancen generieren.“ Die Herausforderung besteht darin, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten. Aus Unternehmenssicht bedeute das aber keineswegs, dass man sich mit einer umfassenden Compliance ein Bürokratiemonster ins Haus holt. Das Gegenteil sei der Fall. „Wer heute in digitale Lösungen investiert, wird langfristig besser aufgestellt sein. Gerade durch die zunehmende Regulierung wird es entscheidend sein, Daten schnell, strukturiert und effizient zu verarbeiten. Compliance-Software mit integrierter KI oder zur angemessenen Verwaltung von KI-Risiken trägt hierzu in der Praxis heute schon maßgeblich bei.“
# Wie aus einer Podcastfolge Innovation wurde
Apropos: Ein gutes Beispiel dafür, wie Innovation aus der Praxis für die Praxis entsteht, ist eine der neuen digitalen Lösungen des Softwareanbieters –
dabei geht es um Hausdurchsuchungen. Die Idee dazu entstand während einer Aufnahme für Martins Podcast „Code of C“. „Wir haben darüber gesprochen, wie ineffizient und riskant traditionelle Checklisten und manuelle Prozesse in solchen Situationen sind. Wenige Monate später haben wir ein digitalisiertes Maßnahmenmanagement als Lösung entwickelt, welches Unternehmen sowohl im Anlassfall als auch in der Prävention gezielt unterstützt.“ So zeige sich wieder einmal, dass Compliance nicht nur aus starren Regeln besteht. „Vielmehr geht es darum, kontinuierlich Prozesse zu hinterfragen und zu optimieren. All jene, die diese Innovationskraft nutzen, haben nicht nur intern Vorteile, sondern positionieren sich auch als Vorreiter in ihrer Branche.“
# Compliance als Anker in stürmischen Zeiten
Auch wenn sich alles ständig verändert, bleibt laut Martin eines konstant: „Compliance ist der sichere Rahmen, der Unternehmen durch diese Veränderungen führt. Sie schafft Stabilität in unsicheren Zeiten.“ Und genau das treibe ihn und seine Co-Gründer an. „Letztendlich denke ich vor allem darüber nach, dass wir bei Compliance, mit dem Ziel der Regelkonformität, vor allem die Menschen ins Zentrum unserer Handlungen stellen und Digitalisierung als notwendigen Katalysator verstehen. Es geht darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der Vertrauen, Integrität und Innovation Hand in Hand gehen. Nur so kann Compliance in der modernen Wirtschaftswelt zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden.“_
Redaktion
- David Bauer
Fotos
Antje Wolm