Mit Stopp-Knopf rückt man schnell nach hinten!
Die Zahl der offenen Stellenangebote – von Praktika bis Einstiegsjobs für Absolventen– sinkt seit Mitte 2024 kontinuierlich und hat in den letzten Wochen einen spürbaren Tiefststand erreicht. Arbeitgeber für Uni-Absolventinnen und -Absolventen – von Industrieunternehmen über Beratungen bis hin zu Unternehmen in öffentlicher Hand – spüren die Rezession und stecken in Umstrukturierungs- oder Einsparungsprozessen. Naturgemäß (und leider) werden in dieser Phase vor allem Jobs für Praktikantinnen und Einsteiger gekürzt sowie Employer-Branding-Budgets gestrichen.
Heike Schreiner, Geschäftsführerin des WU ZBP Career Center, im Gespräch über die Bedeutung von Personalmarketing in der Rezession.
Wie haben sich die Aktivitäten von Arbeitgebern in Bezug auf Rekrutierung und Personalmarketing in Rezessionszeiten verändert?
Heike Schreiner: Möchte man dies in musikalischer Sprache definieren, so erleben wir momentan Recruiting und Personalmarketing in piano (leise) statt forte (laut).
Die Partnerunternehmen des WU ZBP Career Center, die schon viele Jahre in ihre Bekanntheit und den Netzwerkaufbau an der WU investiert haben, haben bereits Krisen wie 2009 erfahren und wissen, dass ein kompletter Rückzug langfristige, negative Nachwirkungen hat. Diese setzen daher auch jetzt auf Präsenz und signalisieren Stabilität und Verlässlichkeit für Bewerber*innen.
Einige kleinere Unternehmen oder jene, die Employer-Branding nicht strategisch betreiben, streichen aktuell jedoch Personalmarketing-Aktivitäten und ziehen sich persönlich oder medial von der Uni zurück.
Warum ist Employer-Branding gerade in wirtschaftlich schwierigen Phasen besonders wichtig?
Heike Schreiner: Employer-Branding gewinnt in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten an Bedeutung. Unternehmen, die jetzt auf den Pause- oder Stopp-Knopf drücken, rutschen in der Bekanntheit schnell nach hinten. Wir alle wissen, wie schwer es ist, ein Rennen mit einer der hinteren Startnummern zu gewinnen.
Denn auch wenn Arbeitgeber im Moment den Fokus primär auf Mitarbeiterbindung und die Nachbesetzung von Expertenpositionen setzen, muss der Impact junger Talente für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bedacht werden. Uniabgehende bringen neue Perspektiven, frische Ideen und Innovation – Faktoren, die einen nachhaltigen Vorsprung garantieren.
Und wir wissen: Der Aufschwung wird kommen! Jene Arbeitgeber, die weiterhin ihre Stellung an der Universität halten, starten vorbereitet in die nächste Recruiting-Welle. Diese Unternehmen positionieren sich als attraktive erste Wahl für junge Talente – auch dann, wenn aktuell weniger rekrutiert wird.
Welche Risiken entstehen für Unternehmen, die Employer-Branding in Krisenzeiten vernachlässigen?
Heike Schreiner: Sich als Arbeitgeber ins Mindset der Studierenden zu bringen, bedarf eines guten Plans mit passenden und wiederkehrenden Aktivitäten. Denn auch wenn Studierende 5 bis 7 Jahre an der Uni verbringen, flammt die Jobsuche und die aktive Beschäftigung mit dem Jobeinstieg zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Durch eine kontinuierliche Präsenz gewährleistet man, genau dann gesehen zu werden, wenn der Moment der Jobsuche gekommen ist. Aktivitäten aus- oder abzusetzen, bedeutet rasch einen Verlust der Bekanntheit. Und schneller als man denkt, stehen andere Arbeitgeber in der ersten Bekanntheits-Reihe.
Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um ihr Employer-Branding auch mit begrenzten Ressourcen zu stärken?
Heike Schreiner: Eine gute Frage und 3 klare Empfehlungen: Neben der Nutzung der Stellenplattform als Ur-Employer-Branding-Aktivität empfehlen wir eine mediale oder/und inhaltliche Präsenz sowie Networking in der Zielgruppe.
- Stellenplattformen genießen in Zeiten der KI keinen guten Ruf. Dieses Vorurteil möchten wir entkräften, denn für Studierende ist die Stellenplattform, z. jene des Career Centers, die erste Anlaufstelle, wenn es darum geht, Arbeitgeber und offene Jobs zu screenen. Eine Inseratsschaltung ist eine effektive Methode, um (personal-)ressourcenschonend in der Zielgruppe präsent zu sein.
- Eine weitere Möglichkeit sind mediale Präsenzen, wie Instagram-Collabs mit dem Career Center, in denen Inhalte zur Positionierung als Arbeitgeber geteilt werden können. Fachliche Beiträge in Karrieremagazinen oder Career-Guides genießen eine hohe Reichweite, geben Studierenden einen eindeutigen Mehrwert während der Phase der Jobsuche und lassen das Recruiting in den Hintergrund rücken.
- Als Career Center organisieren wir außerdem regelmäßig Karriere- und Networking-Events, um in der Zielgruppe präsent zu sein, ohne den Fokus unbedingt auf Recruiting legen zu müssen. Die Range zeigt sich hier von klein bis groß – wir organisieren z. Praktikumstage direkt an der WU oder das große Karriere-Event Career Calling in der VIECON, Messe Wien.
Wie können Hochschulen und Career Center Unternehmen dabei unterstützen, Studierende trotz Sparmaßnahmen gezielt anzusprechen?
Heike Schreiner: Career Center sind die perfekte Anlaufstelle, um Ziele und Wünsche in der Arbeitgeber-Präsenz zu diskutieren. Gemeinsam evaluieren wir mögliche Aktivitäten und wägen Input und Output bestens ab. Egal, ob man Employer-Branding und Recruiting in einer Light-, Medium- oder Power-Version betreiben will, geben wir Insights, welche Aktionen zum besten Ergebnis führen.
Wie wird sich der Arbeitsmarkt in den nächsten 1-2 Jahren voraussichtlich entwickeln und welche Rolle wird Employer-Branding spielen?
Heike Schreiner: Das nächste Jahr wird noch ein weiteres Jahr der reduzierten Angebote sein. Laut Studien werden wir aber gegen Ende des Jahres, wenn nicht schon früher, wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung spüren. Die offenen Jobs werden wiederkommen und müssen dann besetzt werden.
Gutes Employer-Branding bedeutet, in der ersten Reihe der besten Arbeitgeber zu stehen. Spätestens 2026 werden Unternehmen wieder in Ihre Position an der Hochschule investieren müssen, um die besten Talente zu gewinnen. In wirtschaftlich angespannten Zeiten entscheidet sich, wer morgen sichtbar, glaubwürdig und handlungsfähig ist – und wer im Aufschwung hektisch versucht, verlorene Zeit aufzuholen.
Die Career Calling – DAS Karriere-Event für Studierende und Absolvent*innen – findet am 14. Oktober 2026 in der VIECON/Messe Wien statt. Jetzt Teilnahme sichern und die Bekanntheit in der Zielgruppe stärken!
Redaktion
- MMH
Fotos
Jürgen Pletterbauer,
Alexander Kagan