Industrie-Summit: „5 nach 12 für Wirtschaftsstandort Österreich“
Niederösterreich und Oberösterreich ziehen an einem Strang: Beim Industrie-Summit in Linz tauschten sich die Landeshauptleute der beiden Bundesländer Johanna Mikl-Leitner und Thomas Stelzer, die Präsidenten der Industriellenvereinigung aus Niederösterreich und Oberösterreich, Kari Ochsner und Stefan Pierer, sowie zahlreiche Vertreter aus der Industrie zu Maßnahmen zur Stärkung des Industriestandorts Österreich aus.
OÖ und NÖ stehen für 43 Prozent der Wertschöpfung in der Sachgüterindustrie Österreichs. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Vergleich zu den USA und China nimmt ab und innerhalb Europas fallen Deutschland und Österreich in der standortpolitischen Entwicklung zunehmend zurück. Da sich die Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie in Österreich überdurchschnittlich erhöht haben, braucht es darauf eine adäquate standortpolitische Antwort in Form eines Reformpaketes und einer Innovationsoffensive durch die neue Bundesregierung. Oberösterreich und Niederösterreich setzen sich gemeinsam für entsprechende Maßnahmen zur Lösung der strukturellen Probleme des Industriestandortes ein.
Kennzahlen zur Industrie in Oberösterreich und Niederösterreich
# Die Sachgüterindustrie in den beiden Bundesländern erbringt zusammen 43 Prozent der industriellen Wertschöpfung Österreichs.
# Die Industrie inkl. der industrienahen Dienstleistungen beschäftigt in den beiden Bundesländern zusammen 800.000 Mitarbeiter, 300.000 davon direkt in der Herstellung von Waren.
# Die Industrie in OÖ und NÖ generiert direkt, indirekt und induziert österreichweit 1,6 Mio. Beschäftigungsverhältnisse und eine Wertschöpfung von 120 Mrd. EUR. Jedes dritte Beschäftigungsverhältnis der österreichischen Volkswirtschaft wird damit von der Industrie in OÖ und NÖ gesichert.
# Der Unternehmenssektor der beiden Bundesländer investiert pro Jahr ca. 3 Mrd. EUR in Forschung und Entwicklung, der größte Teil davon kommt aus der Industrie.
Schnell handeln: Sieben Standortmaßnahmen mit kurzfristiger Wirksamkeit
Die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Vergleich zu den USA und China nimmt ab und innerhalb Europas fallen Deutschland und Österreich in der standortpolitischen Entwicklung zunehmend zurück. Eine neue Bundesregierung muss rasch wirksame Maßnahmen setzen, um den Abfluss von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen aus Österreich zu beenden. Für Oberösterreich und Niederösterreich haben folgende sieben Maßnahmen die höchste Priorität und die stärkste Hebelwirkung zur kurzfristigen Stärkung des Industriestandortes Österreich:
#1 Anreize zum steuerfreien Mehrarbeiten: „Leistung muss sich lohnen-Paket“ als Anreiz für den Umstieg auf Vollzeitarbeit, die Leistung von Überstunden und das Weiterarbeiten in der Pension
#2 Entlastung: Deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, Finanzierung des FLAF aus dem Budget
#3 Attraktivierung von Investitionen: Wiedereinführung einer Investitionsprämie
#4 Ausbau der Forschung: Erhöhung der Forschungsprämie und deutliche Ausweitung des Budgets für FFG-Basisprogramme zur Stärkung der technologieoffenen, anwendungsorientierten F&E
#5 Mehr Fachkräfte: Einführung einer Lehrlings-Ausbildungsprämie für Unternehmen zur Stärkung der dualen Ausbildung und zur Kompensation der ständig zunehmenden Ausbildungsaufgaben auf betrieblicher Ebene
#6 Senkung der Energiepreise: Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030, Senkung bzw. Befreiung von Gebühren und Abgaben, Ausbau des Transformationsfonds, Überbrückung des Gastransits durch die Ukraine
#7 Schnellere Verfahren: Entbürokratisierung, Digitalisierung und Standardisierung von Genehmigungsverfahren, Aussetzung der aufschiebenden Wirkung, Regulierungsstopp
Landeshauptmann Thomas Stelzer:
„Die Wirtschaft zu stärken, den Standort zu sichern und weiterzuentwickeln, das sind die Hauptaufgaben der kommenden Regierung. Denn ohne funktionierende Wirtschaft gibt es keinen Wohlstand. Deshalb ist es die primäre Aufgabe der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen dahingehend zu ändern und Schwerpunkte in Richtung Innovation – vor allem bei Digitalisierung, Bildung und Arbeit – zu setzen. Das bedeutet, Anreize in den verschiedensten Bereichen zu geben: Etwa, damit mehr Menschen wieder Vollzeit arbeiten – und das muss sich aber auch lohnen. Gleichzeitig müssen die Lohnnebenkosten gesenkt werde, um die Unternehmer zu entlasten.
Um den Standort zu stärken und auch in Zukunft attraktiv zu halten ist es zudem wichtig, in Bildung zu investieren – und zwar in verschiedenen Bereichen. Nur mit top-ausgebildeten Fachkräften kann der Standort Europa und damit auch Österreich auch weiterhin attraktiv bleiben. Wir müssen den Vorteil, den die duale Ausbildung bietet, verstärkt nutzen und ausbauen.“
„Gleichzeitig sind Forschung und Entwicklung eminent wichtige Standbeine, die ebenfalls stärker ausgebaut und unterstützt werden müssen. Dazu müssen aber natürlich auch infrastrukturelle Maßnahmen gesetzt werden, etwa in puncto Planungssicherheit bei den Energiepreisen. Dafür sollte die Strompreiskompensation verlängert werden, am besten bis 2030. Und es ist dringend notwendig, die notwendigen Bewilligungsverfahren zu beschleunigen – sprich, die Bürokratie zu reduzieren. Da gehen wir in Oberösterreich mit gutem Beispiel voran.“
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner:
„Der 7-Punkte-Plan der Industrie stellt meiner Ansicht nach eine wichtige Richtschnur für die kommende Bundesregierung dar. Denn die Experten und Wirtschaftstreibenden warnen: Österreich gerät wirtschaftlich zunehmend ins Hintertreffen. Die Menschen haben zu Recht Angst vor dem Verlust ihres Wohlstands. Daher muss eine kommende Bundesregierung, unerheblich aus welchen Parteien sich diese zusammensetzen wird, den Fokus auf eine Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit legen. Dabei handelt es sich um keine Frage der Ideologie, oder eine Frage von links, rechts oder Mitte, sondern es geht um die Frage: Wollen wir unseren Wohlstand bewahren? Ich sage: Ja. Aber dazu braucht es Maßnahmen, damit unsere Industrie im internationalen Wettbewerb wieder besser mithalten kann.“
IV OÖ-Präsident Stefan Pierer
„Österreich liegt beim Wirtschaftswachstum seit 2014 der 27 EU-Mitgliedsstaaten nur auf Platz 23 und damit im abgeschlagenen Feld. Die österreichische Industrie steuert auf das dritte Krisenjahr in Folge zu. Die Umsätze gehen zurück, die Kosten bleiben hoch und die Bürokratie lähmt. Verschärfend wirkt, dass Österreich zu 40 Prozent von Deutschland abhängig ist. Solange in Deutschland keine wesentlichen Änderungen passieren, stagniert auch bei uns die Wirtschaft.
Europa und Österreich erwartet eine harte Restrukturierungsphase, die mehrere Jahre dauern wird. China und Indien haben technologisch aufgeholt, arbeiten pro Jahr wesentlich mehr und sind schneller und kostengünstiger. Österreich droht, in diesem globalen Wettbewerb den Anschluss zu verlieren, unser Erfolgsmodell des Exports in die ganze Welt ist stark gefährdet.“
„Die zukünftige Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen. Es braucht einerseits ein ambitioniertes Regierungsprogramm, welches die Weichen für den Standort Österreich langfristig neu stellt. Andererseits braucht es ein kurzfristig wirksames Standort-Rettungspaket, welches unmittelbar zur Stärkung des Standortes Österreich beiträgt und eine Trendumkehr einleitet.
Besonders hohe Hebelwirkung entfalten kurzfristig eine Lohnnebenkostensenkung auf deutsches Niveau, Anreize zum steuerfreien Mehrarbeiten, die Einführung einer Investitionsprämie in der Höhe von 15 Prozent sowie eine Erhöhung der Forschungsprämie auf 18 Prozent.
Österreich muss sich von der Freizeit- wieder zur Leistungsgesellschaft entwickeln. Weniger Kosten und mehr Leistung, ein effizienterer Staat und Investitionen in Forschung, Technologie und Qualifizierung sind notwendig, damit unser Standort vom Pannenstreifen wieder auf die Überholspur wechselt. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir den Standort retten wollen.“
IV NÖ-Präsident Kari Ochsner
„Auf EU-Ebene muss wesentlich mehr geleistet werden, um die industrielle Basis Europas zu stärken und gleichzeitig die Klima-Ziele ambitioniert zu verfolgen. Es braucht einen Green Deal im Einklang mit einem Industrial Deal, der nicht auf Kosten des Standorts geht. Wir müssen Klima- und Industriepolitik zusammen denken, damit wir in Europa und Österreich nicht nur Emissionen senken, sondern auch Arbeitsplätze sichern. Die Industrie ist das Rückgrat der Wirtschaft und muss aktiv in den Wandel eingebunden werden, anstatt durch zusätzliche Auflagen, unrealistische Zeitlimits oder bürokratische Hürden ausgebremst zu werden. Ein Industrial Deal im Einklang mit dem Green Deal ist daher unverzichtbar – eine umfassende und abgestimmte Initiative, die den Unternehmen Perspektive und Planungssicherheit bietet.“
„Dass Unternehmen zum Beispiel das Gas abgedreht wird, bevor Wasserstoff in ausreichender Menge und zu tragbaren Kosten verfügbar ist, darf nicht passieren. Gleiches gilt für Strom: Ohne wettbewerbsfähige Preise wird die Energiewende scheitern. „Strom ist die einzige Energieform, die jedes Land in Europa selbst produzieren kann und deshalb als Leitenergie der Zukunft alternativlos. Der Netzausbau muss als Generationenprojekt verstanden werden, ohne die Kosten auf die Verbraucher abzuwälzen. Es muss dringend gelingen, die Lohnstückkosten wieder auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Das geht nur, indem wir den Faktor Arbeit deutlich entlasten und die Energiekosten nachhaltig senken.“
Redaktion
- DIE MACHER
Fotos
Land OÖ, Peter Mayr