Falsch gedacht! „Wunsch-Hirn“ gefällig?
Welcher Gedanke ging Ihnen heute schon durch den Kopf, der Sie in die Irre führen wollte?
Marcus Täuber: Bei einer dringenden Anfrage war die erste Reaktion: „Das geht sich heute nicht aus!“ Mein Gehirn hat sich im ersten Moment gegen die unerwartete Herausforderung gewehrt. Ich habe es dann doch schnell erledigen können – es ging sich also doch aus.
Der Titel Ihres neuen Buchs lautet: „Falsch gedacht! Wie Gedanken uns in die Irre führen und wir mit mentaler Intelligenz zu wahrer Stärke gelangen“. Was war Ihre Motivation, dieses Thema aufzugreifen?
Marcus Täuber: Nach dem internationalen Erfolg des Buches „Gedanken als Medizin“, wo es um die Wirkung von Gedanken auf unsere Gesundheit ging, habe ich mich der Hirnforschung als Lebenshilfe gewidmet. Hintergrund ist die wichtigste Fähigkeit, die wir besitzen: Unser Gehirn kann sich selbst verändern. Und das ermöglicht riesige Chancen.
Darin schreiben Sie: „Das Wissen darüber, wie unser Denken funktioniert, welche Auswirkungen es auf uns hat und wie wir es gezielt für unsere Zwecke einsetzen, birgt das Potenzial, unser ganzes Leben zu verändern.“ – Wie hat dieses Wissen Ihr Leben als Hirnforscher und Neurobiologe verändert?
Marcus Täuber: Früher war ich eine graue Maus, die sich alles gefallen ließ. Ich litt an einer Reihe von Zivilisationskrankheiten, wie Reizdarm, Rückenschmerzen und später auch noch Tinnitus. Durch die Anwendung der Erkenntnisse der Hirnforschung hat sich meine Persönlichkeit massiv entwickelt. Ich habe in Rekordzeit ein erfolgreiches Institut aufgebaut, über 50.000 Menschen mit Vorträgen und Büchern erreicht, und meinen Tinnitus regelrecht wegtrainiert. Meine Überzeugung: Jede:r kann über sich selbst hinauswachsen!
Sie bezeichnen das Gehirn als „notorischen Lügner“, der uns eine beständige, sichere und gerechte Welt vorgaukele. Wie machen Sie Ihren Leser:innen Mut, gerade in Zeiten der Krise und des Wandels?
Marcus Täuber: Von der Geburt bis zum Tod – unser Gehirn ist dafür gemacht, mit Krisen umzugehen. Aus Studien zur Generation des zweiten Weltkriegs weiß man: Nur ein Bruchteil hat eine bleibende psychische Belastungsstörung. Der mit Abstand größte Teil der Menschen konnte selbst diese schrecklichen Jahre nicht nur bewältigen, sondern sogar daraus wachsen. Wenn wir Covid als Coach für Change und als Generalprobe für die weitaus größere Herausforderung der Ökokrise sehen, können wir aus 2020 und 2021 sehr viel lernen.
Apropos, durch Corona leiden viele von uns unter schwermütigen Gedanken. Zukunfts- und Existenzängste, Kummer durch die soziale Isolation bis hin zu Depressionen. Zur Bewältigung schlagen Sie vor, man solle die eigene mentale Intelligenz trainieren. Wie genau geht das?
Marcus Täuber: Wir sind unseren Gedanken nicht ausgeliefert, sondern können diese steuern. Das verdanken wir unserem Stirnhirn, mit dem wir über unseren Willen unseren Fokus bestimmen können. Negative Gedanken wahrnehmen, verstehen und in produktive Gedanken zu wandeln – das ist mentale Intelligenz.
Ihr Motto lautet: „Ein Brainchanger ist ein Gamechanger“. Welche Tipps helfen uns dabei unserem „Wunsch-Gehirn“ jeden Tag ein Stückchen näher zu kommen?
Marcus Täuber: In einem Experiment wurde gezeigt: Wer fünf Tage Klavierspielen übt, wird darin nicht nur besser – auch die Hirnregion für Fingerbewegungen wird gestärkt. Das Verblüffende: Selbst wenn wir das Stück nur im Kopf trainieren, ohne einen Finger zu krümmen, passiert das. Durch Konzentration und Wiederholung können wir mit unseren Gedanken unsere Hirnstruktur verändern. Wenn wir diese Fähigkeit nutzen, eröffnen sich gewaltige Chancen.