Eine radikale Steuerentlastung…
„Mit einer extrem hohen Abgabenquote verliert Österreich als Investitionsstandort zunehmend an Attraktivität. Insbesondere die hohen Lohnnebenkosten verteuern unsere Produktionskosten“, sagt Anette Klinger, Steuersprecherin der Sparte Industrie der WKOÖ. Nach der nächsten Nationalratswahl müsse daher die Abgabenquote analog zu Deutschland auf etwa 40 Prozent gesenkt werden. Finanzieren solle man das durch eine ordentliche Durchforstung der Staatsausgaben. Laut Rechnungshof und der Wirtschaftsforschungsinstitute könnten durch eine Staats- und Verwaltungsreform vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts und somit etwa zwölf Milliarden Euro eingespart werden. Im Detail hat man vier Forderungen formuliert: eine umfassende Steuerreform (für die Senkung der Lohnsteuer sollen die Konsumsteuern angehoben werden, um damit Wachstum zu ermöglichen), ein klares Nein zur Erbschaftssteuer, eine neuerliche Senkung der Körperschaftssteuer auf 20 Prozent (weil man sich von allen Steuern davon die stärkste Erhöhung der Investitionen erhofft) und eine – wie bereits angesprochen – weitere Senkung der Lohnnebenkosten durch eine Reduzierung der Unfallversicherungsbeiträge, der Abschaffung der Auflösungsabgabe, einer Senkung der Kommunalsteuer und einer Reduktion der Arbeiterkammerumlage (für die Senkung der Lohnnebenkosten soll – mit Ausnahme der Forschungsförderungen – eine Senkung der Unternehmensförderungen herhalten).
Mehrwertsteuer-Sudoku
Der zweite Appell ist eine Abkehr von den Plänen des neu geplanten Mehrwertsteuersystems der EU Kommission, dass sich – im Jargon der Industriesparte – zu einem wahren Bürokratiemonster entwickeln würde. Die Industrie fürchtet einen erheblichen Mehraufwand für die Unternehmen, wie der Berater der Sparte Industrie, Markus Achatz, erklärt: „Nach dem neuen, von der EU-Kommission favorisierten Mehrwertsteuersystem sollen Lieferungen von Gegenständen innerhalb der EU wie inländische Lieferungen besteuert werden. Das bedeutet, dass bei grenzüberschreitenden Leistungen die Mehrwertsteuer des Bestimmungslandes in Rechnung zu stellen ist.“ Problem: Jeder Lieferant, der EU-weit versendet, muss von 28 Ländern die Steuersätze wissen und berücksichtigen. Statt der proklamierten Vereinfachung würde eine aufwändigere und kompliziertere Verschärfung eintreten. Laut WKOÖ sagt die EU-Kommission selbst, dass durch die Dezentralisierung der MwSt-Sätze eine größere Komplexität eintritt. Gleichzeitig wird es aber von der Kommission abgelehnt, eine Stelle einzurichten, an die die Mitgliedsstaaten die Steuersatzänderungen melden müssen. Aus diesen Gründen appelliert die WKOÖ Sparte Industrie beim bisherigen System zu bleiben und nur punktuell zu verbessern, wie Achatz sagt, denn „die Mehrwertsteuersysteme sind geradezu zu Sudokus verkommen. Das ist nicht mehr nur einfache Buchhaltung, sondern absolutes Expertentum.“