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                                    80W%u00e4hrend viele Kommunen mit roten Zahlen k%u00e4mpfen, ist der einst verschuldeten Stadt Wels der finanzielle Turnaround gelungen. Mit einem unternehmerischen Ansatz und klaren Priorit%u00e4ten ist die ober%u00f6sterreichische Stadt heute praktisch schuldenfrei und investiert weiterhin gezielt in mehr Lebensqualit%u00e4t. Wie das gelungen ist und welche Herausforderungen es noch immer zu meistern gilt? Ein Blick hinter die Kulissen.Stuck, Steinvasen und eine eindrucksvolle Barockfassade. Angekommen beim Rathaus in Wels, wei%u00df das historische Geb%u00e4ude in der Innenstadt allein schon durch seine Optik zu imponieren. Doch was hinter diesen Mauern geschieht, beeindruckt uns auf eine andere Art und Weise: Denn hier wird Stadtpolitik betrieben, die an den Eflzienzgedanken eines Unternehmens erinnert. %u201eWir haben uns von Anfang an das Ziel gesetzt, alle Investitionen aus dem Cashfflow zu bezahlen%u201c, erkl%u00e4rt B%u00fcrgermeister Andreas Rabl die grundlegende Idee. Als er 2015 sein Amt antrat, lag die Verschuldung der Stadt noch bei rund 74 Millionen Euro. Seine klare Linie habe zu einer umfassenden Strukturreform gef%u00fchrt: Dienststellen wurden nahezu halbiert und s%u00e4mtliche Ausgaben kritisch hinterfragt.Der pragmatische Ansatz spiegelt sich etwa im Umgang mit der deffzit%u00e4ren st%u00e4dtischen Jugendherberge wider, die fr%u00fcher j%u00e4hrlich 300.000 Euro Verlust machte. %u201eInzwischen setzen wir stattdessen auf ein Gutscheinsystem f%u00fcr die %u00f6rtlichen Hotels %u2013 Kostenpunkt: nur noch rund 6.000 Euro j%u00e4hrlich%u201c, so Rabl, w%u00e4hrend er aufsteht und zu seinem Schreibtisch geht. Dort greift er zu einem Dokument, auf dem Tabellen, Graffken und jede Menge Zahlen zu sehen sind. %u201eUm den %u00dcberblick zu behalten, haben wir ein Controlling f%u00fcr die gesamte Stadt eingef%u00fchrt. Damit k%u00f6nnen wir in allen BeText David BauerFoto Gettyimages / Leonsbox; Stadt Welsreichen die Prozesse optimieren und eflzienter gestalten.%u201c Eine Transparenz, die zu %u00fcberraschenden Erkenntnissen f%u00fchrte. Als ein Kindergarten deutlich mehr Wasser verbrauchte als andere, entdeckte man eine defekte Leitung %u2013 ein Problem, das zuvor unbemerkt blieb. F%u00fcr ihn sei dieser Zugang eine Kulturfrage. %u201eEs gibt kaum gesetzliche Verpfflichtungen, au%u00dfer der Grunds%u00e4tzlichkeit, eine Verwaltung wirtschaftlich, sparsam und zweckm%u00e4%u00dfig zu f%u00fchren. F%u00fcr mich steht es au%u00dfer Frage, in unserer Organisation beidem bewusst einen hohen Stellenwert beizumessen.%u201cVerantwortung beginnt bei den FinanzenDennoch sei Sparsamkeit kein reiner Selbstzweck. %u201eWir sparen in erster Linie, um sp%u00e4ter mehr und nachhaltig zu investieren.%u201c Darunter versteht man in Wels nicht nur die %u00f6kologische, sondern vor allem auch ffnanzielle Nachhaltigkeit: %u201eDauerhaft Schulden zu machen, ist keine Grundlage nachhaltiger Politik, sondern belastet k%u00fcnftige Generationen.%u201c Bei ihren Investitionen befolge die Stadt daher drei klare Prinzipien: die Eflzienz der Verwaltung erh%u00f6hen, Zukunftsbereiche wie Bildung f%u00f6rdern und die Lebensqualit%u00e4t der Menschen sp%u00fcrbar steigern. So investiert man etwa in den Ausbau der Kinderbetreuung und er%u00f6ffinet regelm%u00e4%u00dfig neue Kinderg%u00e4rten. Statt einer pauschalen Kindergartenpfflicht f%u00fcr alle spricht sich Rabl f%u00fcr eine gezielte Pfflicht f%u00fcr Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse als Integrationsma%u00dfnahme aus. %u201eWenn wir die Sprachf%u00f6rderung schon ab dem dritten Lebensjahr ffnanzieren, haben die Kinder mehr Zeit, unsere Sprache zu lernen und leichter Fu%u00df zu fassen.%u201c Bessere Bildung f%u00fchre schlie%u00dflich unweigerlich zu mehr Wohlstand.Von der Kunst des klugen Haushaltens
                                
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