Page 63 - Herbstausgabe_2022_03
P. 63
„Es braucht ein
Feingespür für
„Wir investieren Trends, die sich
jedes Jahr erheblich auch nachhaltig
in Forschung und bewähren.“
Entwicklung.“
Martin Kohlmaier Jürgen Sadleder
Vorstandsvorsitzender, ABB Geschäftsführer, Corner4 Information Technology
Wie haben technologische Entwicklungen Schritt halten ist nicht genug. Wie gestaltet
Ihre Arbeit geprägt? Ihr Unternehmen die fortschreitende
Technische Entwicklungen wie der erste industrielle Roboter Digitalisierung aktiv mit?
sowie der Bau des leistungsfähigsten Transformators und Digitalisierung ist unser Hauptschwerpunkt, in dem wir
der ersten gasisolierten Schaltanlage mit 110 kV zwischen tätig sind. Das heißt, wir leben die neuesten Trends sehr
1960 und 1970 haben bereits einen Grundstein für viele Ge- früh. Zum Beispiel alle Themen, welche die Digitalisierung
schäftsbereiche und deren heutigen Erfolg gelegt. Innova- von Arbeitsprozessen im beruflichen Alltag betreffen:
tive Produkte seinerzeit haben ABB als Unternehmen stark Workflow-Automatisierungen, digitale Auswertungen,
geprägt. Gegenwärtige Weiterentwicklungen in Richtung Business Intelligence oder virtuelle Desktop-Infrastruktu-
Automatisierung und Digitalisierung sorgen in verschiedens- ren. Wir unterstützen unsere Kund:innen federführend im
ten Industrieanwendungen für verbesserte Energieeffizienz, Digitalisierungsbereich, sobald es um Automatisierungen,
Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft. Zu den digi- systemübergreifende Prozesse und mobile Lösungen für
talen „Tätigkeiten“ gehören unter anderem Zustandsüber- Mitarbeiter:innen oder Endkund:innen geht.
wachung, vorausschauende Wartung, Energiemanagement,
Simulation und virtuelle Inbetriebnahme, Remote-Support Welche Kompetenzen braucht es, um
und Collaborative Operations. innovativ durch das digitale Zeitalter zu gehen?
Es braucht ein Feingespür für Trends, die sich auch nach-
Wie werden sich Ihre Produkte in Hinsicht haltig bewähren. Oft entstehen Dinge, die nach kurzer Zeit
auf Digitalisierung noch weiter transformieren? schon wieder „weg vom Fenster“ sind. Dann hat man viel-
Die digitalen Produkte und Lösungen von ABB werden ste- leicht schon sehr viel Zeit und Geld in Prozessumstellun-
tig weiterentwickelt und leisten einen wichtigen Beitrag, um gen investiert und muss wieder zurückrudern. Meine Emp-
die Zukunft hinsichtlich nachhaltiger Mobilität und der Ener- fehlung ist, eher auf größere Hersteller zu setzen und nicht
giewende zu unterstützen. Diese beginnen beim Ausbau der immer gleich zu den ersten Early Adoptern zu gehören.
erneuerbaren Energien und gehen über die Stromerzeugung Besser ist es, eher eine kleinere Pilotphase durchzuführen
und -verteilung bis hin zu energieeffizienten Smart-Home- und kurze Zeit später einzusteigen, wenn erste Fehler und
Lösungen. Um die Transformation hin in Richtung vermehr- „Kinderkrankheiten“ schon behoben wurden. Wenn dann
ten Einsatz von Digitalisierung voranzutreiben, setzen wir der tatsächliche Trend ankommt, kann man aufgrund des
mehr als 70 Prozent der F&E-Ressourcen für die Entwick- bereits aufgebauten Know-hows sehr zeitnah agieren und
lung digitaler Softwareinnovationen ein. Partnerschaften hat einen großen Startvorteil.
mit Microsoft, IBM und Ericsson haben uns dabei gehol-
fen, eine führende Position im Bereich der industriellen IoT Welche Trends der IT-Branche halten
aufzubauen. Sie für am zukunftsfähigsten?
Gekommen, um zu bleiben, sind auf jeden Fall die Themen
Wie fühlen Sie den Puls der Zukunft? Cloud, Mobile Work und Remote Work, gepaart mit Ho-
Jedes Jahr investiert ABB erheblich in Forschung und Ent- meoffice. Wir erleben nun viel stärker, dass Mitarbeiter:innen
wicklung. Rund 7.000 Mitarbeiter:innen konzentrieren sich hybrid arbeiten. Das heißt, virtuelle Desktoplösungen sind
auf die Entwicklung der Technologien, Produkte und Lö- gerade stark im Kommen. Auch das Thema Individualsoft-
sungen unserer Geschäftsbereiche, welche für unser steti- ware wird sich parallel zu etablierten Cloud-Systemen lang-
ges Wachstum und von strategischer Bedeutung sind. Ein fristig halten. Speziell Themen, die den USP im Unternehmen
Fokus liegt auch auf der Zusammenarbeit mit Hochschulen darstellen oder das Kern-Know-how abbilden, sollen optimal
und Startups, um einerseits immer am neuesten Stand der abgedeckt werden. Ich schätze, 95 Prozent der Lösungen
Wissenschaft zu sein und andererseits gute Ideen gemein- werden Standardlösungen sein, der Großteil davon wird als
sam umzusetzen. Eine übergreifende Zusammenarbeit mit Cloudlösung genutzt. Die restlichen fünf Prozent werden
dem Markt ist für uns essenziell, um diesen zu verstehen und maßgeschneiderte Lösungen sein, um „spezielle“ Prozesse
ausreichend bedienen zu können. automatisieren zu können.
63