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„Durch
Direktvermarktung
kann man mit
wenig Fläche und
Mitteln nachhaltig
wirtschaften.“
Niklas Reisner
Gründer, myregionalfood
Auch das Linzer Startup Afreshed unterstützt
Landwirt:innen bei alternativen Vertriebswegen –
mit einem anderen Ansatz. Man kauft den Aus-
und Überschuss an Biogemüse auf und verkauft
ihn in „Retterboxen“ an die Konsument:innen.
„Die Landwirt:innen werden fair bezahlt, unser
Angebot wird gut angenommen, da wir uns als
eine Art Sparringspartner für landwirtschaftliche
Betriebe positioniert haben“, sagt Maximilian
Welzenbach, einer der drei Gründer von Afres-
hed. Das Geschäftsmodell von Afreshed gewinnt
auch durch den Klimawandel an Bedeutung:
Aufgrund häufiger vorkommenden Wetter-
extremen müssen Landwirt:innen oft schnell
ganze Pflanzenkulturen abernten – etwa nach
Hagel oder bei niedrigen Temperaturen. „Da-
durch entsteht teilweise viel Überschuss am
während der Coronapandemie die Umsätze in Markt, den die Betriebe sonst wegschmeißen
der Direktvermarktung massiv gestiegen sind, ka- müssten“, erklärt Welzenbach. Bis zu 30 Prozent
men schnell die ersten 24-Stunden-Selbstbedie- einer Ernte könnten durch Unwetter so beschä-
nungsläden des Handels, um auch dieses Markt- digt werden, dass sie optisch nicht mehr für den
segment für sich zu beanspruchen“, sagt Reisner. Supermarkt geeignet sind.
Auch Kriegner von Agro Media ist großen Kon-
zernen und Handelsketten gegenüber kritisch. Derzeit arbeitet man je nach Jahreszeit mit 20
„Die Industrie will sich beweisen und vermitteln, bis 30 Betrieben zusammen. Die Konsument:in-
dass sie die Menschen ernährt – während die ei- nen seien oft überrascht, wie tadellos aussor-
gentlichen Erzeuger, die Landwirt:innen, immer tiertes Obst und Gemüse noch ist. „Derzeit
mehr in die Ecke gedrängt werden“, sagt er. arbeiten wir an einem IT-System, mit dem wir
den Kund:innen einen Einblick bieten, wie pro-
Direktvermarktung sichert duziert wird und was alles passieren muss, da-
31.000 Arbeitsplätze mit Lebensmittel auf dem Teller landen“, sagt
Welzenbach. Zusätzlich soll jeder Partnerbetrieb
Insgesamt ist die Direktvermarktung ein wich- und seine Geschichte, die einzelnen Obst- und
tiger Wirtschaftsfaktor. „Es wird geschätzt, dass Gemüsesorten und die Motivation des Land-
in Österreich etwa 18.000 Betriebe mehr als die wirts beziehungsweise der Landwirtin online
Hälfte des Einkommens mit Direktvermarktung vorgestellt werden. „So soll das Bewusstsein für
erwirtschaften“, sagt Pöchtrager. Hochgerechnet die Bedeutung der heimischen Lebensmittel und
würde diese Art des Vertriebs etwa die Arbeitsplät- der Landwirtschaft gesteigert werden“, sagt der
ze von 31.000 Bauern und Bäuerinnen sichern. Gründer._
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