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Durch hohe
Strafdrohungen soll der Die neuen
Rechtsdurchsetzung zum Regelungen sollen dem
Durchbruch verholfen geänderten Schutzbedürfnis
werden. der Verbraucher im digitalen
Zeitalter Rechnung tragen.
Alexandra Ciarnau
Rechtsanwältin Datenschutz, Axel Anderl
IT & IP, Dorda Rechtsanwälte GmbH Managing Partner und Leiter Datenschutz,
IT & IP, Dorda Rechtsanwälte GmbH
NEUE RECHTSLAGE
IM ONLINEHANDEL
Am 28. November 2021 ist der Stichtag. Bis dahin muss die neue Omnibus-Richtlinie der
EU von allen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgewandelt werden. Die Richtlinie dient
zur Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften im digitalen Raum. Bewertungen,
irreführende Preisankündigungen und Änderungen im Vertragsrecht – die Rechtsexperten
von Dorda klären über die wichtigsten Neuerungen im E-Commerce auf.
Was sind die zentralen Änderungen basieren, werden durch die neue Richtlinie die User
der neuen EU-Richtlinie? gestärkt. Damit wird rechtlich das Faktum nachge-
zogen, dass Daten eigentlich ein Geldwert sind.
CIARNAU_Eine der zentralen Maßnahmen be-
trifft die Werbung mit Kundenrezensionen. Wer- Was droht bei Verstößen?
bende müssen künftig darüber informieren, wie sie
sicherstellen, dass veröffentlichte Bewertungen von CIARNAU_Bei Verstößen drohen Unternehmern
echten Käufern und Produkttestern stammen. Die neben Verbandsverfahren auch empfindliche Geld-
Behauptung des Vorliegens authentischer Kunden- bußen. Werben sie unlauter, verwenden nichtige
bewertungen ist zukünftig per se unzulässig, wenn Vertragsklauseln oder verstoßen sie gegen Fernab-
dies nicht überprüft wurde. Daneben werden neue satzbestimmungen, können Strafen von mindestens
Transparenzvorschriften für Preiswerbungen einge- vier Prozent des Jahresumsatzes oder bei Nichtoffen-
führt: Jeder Händler hat bei der Kommunikation legung der Umsätze bis zu zwei Millionen Euro ver-
von Preissenkungen künftig den niedrigsten, tat- hängt werden. Die Mitgliedsstaaten können sogar
sächlich verlangten Preis der letzten 30 Tage anzu- noch höhere Obergrenzen festlegen. Der Entwurf
geben. Eine weitere Verschärfung betrifft Verträge folgt damit dem Prinzip der DSGVO, bei der durch
über scheinbar kostenlos erbrachte digitale Dienst- hohe Strafdrohungen der Rechtsdurchsetzung zum
leistungen, für die Nutzer im Gegenzug Daten Durchbruch verholfen werden soll. Daneben blei-
bereitstellen. Das betrifft beispielsweise Social-Me- ben aber auch die schon bisher üblichen, durchaus
dia-Plattformen. Da die gesammelten Nutzerdaten scharfen Sanktionen aufrecht. Die empfindliche
tatsächlich einen hohen wirtschaftlichen Wert ha- Geldstrafe kommt also zusätzlich.
ben, werden derartige Verträge zukünftig als entgelt-
lich qualifiziert. Damit unterliegen sie dem strengen Wie sollten sich Unternehmen
Fernabsatzregime – Unternehmer müssen die um- darauf vorbereiten?
fassenden Informationspflichten einhalten und das
kostenlose Rücktrittsrecht mit Vertragsrückabwick- ANDERL_Die Richtlinie ist bis 28. November 2021
lung gewähren. ins nationale Recht umzusetzen und wird ab 28. Mai
2022 angewendet. Da Änderungen im Unterneh-
Der Anlass für die Änderungen? men gewöhnlich längere Vorlaufzeiten benötigen,
ist eine baldige Auseinandersetzung mit den Neue-
ANDERL_Die neuen Regelungen sollen dem ge- rungen ratsam. Das beginnt bei der Sensibilisierung
änderten Schutzbedürfnis der Verbraucher im der Marketing- und PR-Abteilungen sowie der An-
digitalen Zeitalter Rechnung tragen: Die Transpa- passung der Werbekommunikation und endet bei
renzpflichten bei Werbung mit Kundenrezensionen der Prüfung der AGB und Nutzungsbedingungen.
dienen dem Schutz der Marktteilnehmer vor Irre- Wenn Unternehmen die Verbraucherschutzbestim-
führung durch Fake-Reviews. Gleiches gilt für die mungen zu knapp vor dem Inkrafttreten der Richt-
neuen Regelungen zu Preiswerbungen. Bezüglich linien umsetzen, könnten alte Verträge noch nach- Text Daniel Schöppl
der Geschäftsmodelle, die auf Datenbereitstellung wirken und damit zu Strafen führen._ Foto Natascha Unkart,
Isabelle Köhler
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