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Bei der
Software hat sich
eine Monokultur
etabliert.
Thomas Ziebermayr
Area Manager
Software Science,
SCCH
TOP SECRET –
UND DOCH VERFÜGBAR
Identität erfinden, bei der Konkurrenz einschleusen, Vertrauen erschleichen und
voilà – Zugang zu allen Betriebsgeheimnissen! Das wäre zumindest eine Möglichkeit,
um Betriebsspionage zu betreiben. Wer seinen inneren James Bond noch nicht
entdeckt hat, wird aber eher versuchen, Wissen aus den Produkten der Konkurrenz zu
extrahieren. Das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) forscht daher aktuell
daran, Software vor dem Diebstahl von geistigem Eigentum zu schützen.
Text Daniel Schöppl Es gibt kaum noch technische Produkte, die keine schränkt werden. „Beim Schutz von Software geht
Foto Fotolia, SCCH Softwarekomponente haben – vom smarten Kühl- es in erster Linie darum, den Aufwand zum Hacken
schrank über die intelligente Kaffeemaschine bis so hoch zu gestalten, dass ein Angriff wirtschaftlich
hin zur Produktionsmaschine im Industriebetrieb. nicht mehr rentabel ist“, so Ziebermayr. Zusätzlich
Doch wofür steht „smart“ eigentlich? Für „Super zur Steigerung der Diversität soll die Software des-
Möglichkeit als revolutionärer Technikeinsatz“ oder halb mithilfe neuer Methoden untrennbar mit der
doch eher für „Schon möglich alles rauszufinden Hardware verbunden werden. „Dadurch werden
theoretisch“? Im Grunde genommen für beides. auch Raubkopien nicht mehr möglich sein.“
Unter der Leitung des Software Competence Center
Hagenberg wird daher daran geforscht, Raubkopien PROJEKTPARTNER GESUCHT
von Software im industriellen Bereich zu verhindern
und damit das geistige Eigentum von Unternehmen Trotz der Coronakrise ist es dem SCCH gelun-
schützen zu können. „Es steckt immer mehr wert- gen, verlässliche Industriepartner für die derzeitige
volles Wissen in der Software, das zunehmend das Grundlagenforschung zu finden. „Damit haben wir
Interesse von Hackern weckt. Daher entwickeln jedenfalls eine gute Ausgangslage für das weiterfüh-
wir aktuell einen neuen Ansatz, der diese komplexe rende Forschungsprojekt geschaffen, das wir dazu
Problematik lösen soll“, erklärt Thomas Ziebermayr, beantragen werden“, freut sich Ziebermayr über
Area Manager Software Science am SCCH. Ge- das Interesse seitens der Unternehmen. Die Ein-
forscht wird gemeinsam mit der Münchner Univer- bindung der Wirtschaft zu einem frühen Zeitpunkt
sität der Bundeswehr, der École Polytechnique Fé- sei wichtig für den Erfolg der Projekts: „Wir wollen
dérale de Lausanne und der belgischen KU Leuven. eine Methode entwickeln, die in der Praxis anwend-
bar ist.“ Aktuell werden noch weitere Projektpartner
„Bei der Software hat sich eine Monokultur etabliert. gesucht: „Wir haben das Forschungsprojekt zwar
Wenn Angreifer einen Weg gefunden haben, den ‚Dependable Production Systems‘ (DEPS) genannt,
Code einer Software zu hacken, können sie beinahe interessieren uns aber auch für Bereiche abseits der
jede Produktionsmaschine des gleichen Herstellers industriellen Produktion. Unser Ansatz soll darüber
mit dem gleichen Mechanismus hacken“, sagt Zie- hinaus funktionieren“, ruft der Hagenberger For-
bermayr. „Wir wollen das verhindern, indem wir scher zur Teilnahme auf. „Wir haben momentan
die Software diversifizieren.“ Erfolgreiche Angriffe noch keinen Hersteller von Medizingeräten mit an
sollen damit nur noch auf das attackierte Ziel be- Bord. Das wäre für uns aufgrund der dafür nötigen
Zertifizierungen sehr spannend. Interessant wäre es
auch, einen Hardwarehersteller im Projekt einzubin-
den.“ Die Beteiligung lohnt sich laut Ziebermayr:
„Der Aufwand für unsere Partner ist sehr überschau-
Details zur Teilnahme am Forschungsprojekt: bar und wir bieten ihnen zudem die Möglichkeit an,
https://www.scch.at/de/sae-projekte-details/deps-pilot
dass unsere Experten ihre Software analysieren und
mögliche Sicherheitsprobleme klären.“_
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