Page 45 - 2020_04_DIEMACHER_web
P. 45
Wollen wir wirklich
alle Verbrennungs-
vorgänge auf
Elektrizität umstellen,
müssen wir unseren
Strom intelligent
einsetzen.
Hannes Voraberger
Hochspannend! Director R&D,
AT&S
Bei Schaltprozessen innerhalb elektrischer Geräte geht ein
nicht unwesentlicher Teil des Stroms, den sie verbrauchen, in
Form von Wärme verloren – das kostet Energie, die besser ge-
nutzt werden könnte. Der Leiterplattenhersteller AT&S forscht
an Möglichkeiten, Stromumwandlung so effizient wie möglich
zu machen.
Strom ist nicht gleich Strom: In herkömmlichen Stromleitungen fließt Wech-
selstrom, Batterien speichern Gleichstrom. Für unterschiedliche Anwen-
dungen werden unterschiedliche Arten von Strom benötigt, über elektrische
Schaltungen kann die eine in die andere umgewandelt werden. Das Problem:
Bei jeder Wandlung geht ein kleiner Teil der Energie verloren, das meiste da-
von als Wärme. Soll der Strom aber zum Beispiel ein Elektroauto antreiben,
wird er unzählige Male umgewandelt, bevor er tatsächlich die Räder bewegt.
„Mit der Anzahl dieser Wandlungen geht so ein beträchtlicher Teil des Stroms
verloren“, sagt Hannes Voraberger. Er ist seit 2008 Leiter der Research and
Development (R&D) Abteilung des Leobener Leitplattenherstellers Austria
Technologie und Systemtechnik (AT&S).
Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Center for Power Electronics Sys-
tems (CPES) an der Virginia Tech Universität forscht das Team um Voraber-
ger an Möglichkeiten, den Energieverlust bei Schaltprozessen zu verringern.
„Wollen wir wirklich alle Verbrennungsvorgänge auf Elektrizität umstellen,
müssen wir unseren Strom intelligent einsetzen. Nur so können wir CO 2-
neutral werden“, sagt er. „Früher war eine Leiterplatte dazu da, um darauf
elektronische Bauteile zu montieren und zwischen diesen Teilen möglichst
schnell elektrische Signale zu übertragen.“ Durch die höheren Ansprüche
an Leitungsfähigkeit und Effizienz hat sich das geändert. „Leiterplatten sind
mittlerweile komplexe dreidimensionale Systeme.“
STETER TROPFEN HÖHLT DEN STEIN
Momentan konzentriert sich die Forschung von AT&S und CPES auf Sili-
ciumcarbid. Leistungsbauelemente aus Silizium kommen in der Elektronik
schon lange zur Anwendung, aus Siliziumcarbid sind sie jedoch effizienter und
weniger temperaturempfindlich. Dadurch können elektronische Systeme, die
auf diesen Bauelementen basieren, viel kleiner gebaut werden. In manchen
Elektroautos brauchen die momentan eingesetzten Systeme zur Stromum-
wandlung den gesamten Raum unter den Rücksitzen. „Mit Siliciumcarbid
ließe sich derselbe Effekt auf einem Volumen von weniger als einem Liter er-
zielen und entsprechend mit geringerem Gewicht realisieren“, so Voraberger.
Das heißt für ein Elektroauto: größere Reichweite.
Auf seinem Fachgebiet sind solche starken Verbesserungen aber eher die Aus-
nahme. „Manchmal können wir die Effizienz einer Schaltung von 96 auf 98
Prozent erhöhen. Für Außenstehende klingt das völlig unbedeutend, tatsäch-
lich wurde die Verschwendung aber von vier auf zwei Prozent halbiert. Bedenkt
man, wie oft etwa innerhalb eines Elektrofahrzeugs der Strom umgewandelt
wird, kann das viel bewirken.“ Solche Forschungsergebnisse seien entschei-
dend für eine nachhaltige Zukunft. „Wir können die Klimaziele nur errei-
chen, wenn wir unsere Energie genau dort einsetzen, wo wir sie brauchen.
45