
Aktuelle Studie: Ökologisierung klare Chance für Standort OÖ
Sozial-ökologische Transformation aus der Sicht von
Unternehmen und Betriebsräten
- Sozial-ökologische Transformation bringt neben Herausforderungen auch viele positive Effekte
Welchen Stellenwert nimmt die sozial-ökologische Transformation derzeit im innerbetrieblichen Diskurs und in der strategischen Geschäftsplanung von Unternehmen in Oberösterreich ein? Dieser Frage ging die oberösterreichische Standortagentur Business Upper Austria im Auftrag des Wirtschaftsressorts des Landes OÖ und der Arbeiterkammer OÖ gemeinsam mit dem Market-Institut nach. Die 380 Befragten setzten sich aus 223 Unternehmen (Führungskräfte der oberen Managementebene und Nachhaltigkeitsbeauftragte) sowie 157 Betriebsrätinnen und Betriebsräte zusammen – vorwiegend aus oberösterreichischen Industriebetrieben bzw. Unternehmen, in denen Dekarbonisierung eine Rolle spielt. Die Erhebung erfolgte im Februar 2025 durch Online-Interviews.
„Aus der Umfrage geht hervor, dass sowohl Betriebsräte als auch Unternehmensvertreter im Zuge der sozial-ökologischen Transformation überwiegend positive Auswirkungen auch auf die Belegschaft wahrnehmen“, betonen Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner und der Präsident der Arbeiterkammer OÖ, Andreas Stangl. „Die Kommunikation zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in diesem Zusammenhang wesentlich“, so Landesrat Achleitner und AK-Präsident Stangl.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte erkennen die hohe Relevanz nachhaltigen Handelns und die Notwendigkeit zur Reduktion von Treibhausgasen an.
- Unternehmen haben bereits zahlreiche CO2-reduzierende Maßnahmen umgesetzt. Betriebsräte wissen darüber weniger gut Bescheid, insbesondere im Bereich Produktion.
- Zentraler Motivator ist in jedem Fall die Verpflichtung aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, Berichtspflichten und regulatorischen Rahmenbedingungen. Betriebsräte sehen auch Wettbewerbsdruck und Erwartungen der Konsument:innen als Treiber.
- Als größte Herausforderung nennen beide die hohen Kosten. Unternehmen bemängeln zudem die Unsicherheit bei regulatorischen Vorgaben.
- Führungskräfte fühlen sich überwiegend gut über Maßnahmen zur CO₂-Reduktion informiert. Viele Betriebsräte berichten über ein unzureichendes Informationsniveau.
- Beide Gruppen berichten über überwiegend positive Auswirkungen auf die Belegschaft.
Drei Viertel der Unternehmen geben an, bereits Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Klimaschutz anzubieten. Etwa die Hälfte der Betriebsräte bestätigt dies. Beide Gruppen wünschen sich zudem externe Unterstützung
Wirtschafts-Landesrat Markus ACHLEITNER:
Ökonomie & Ökologie als Turbo-Zwillinge – Nachhaltigkeit ist klare Chance für den Standort OÖ
„Nachhaltigkeit ist eine klare Chance für einen erfolgreichen Standort. Gerade für Oberösterreich als das Wirtschafts- und Industriebundesland Nr. 1 der Republik sind Ökologie und Ökonomie kein Gegensatz, sondern bedingen einander – sie sind somit Turbo-Zwillinge. Gerade in Oberösterreich gibt es viele Unternehmen, die mit ihren Innovationen im Umwelt-, Recycling und Energiebereich auch international erfolgreich sind“, betont Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner „Zugleich bringt die Ökologisierung auch Herausforderung, daher gibt es von uns immer das klare Credo: Die Energiewende muss wirtschaftlich und sozial verträglich sein, Nachhaltigkeit muss für alle Beteiligten auch leistbar sein. Denn es nutzt der Umwelt und dem Klima nichts, wenn Betriebe aufgrund überzogener Vorgaben in andere Regionen abwandern und wir dadurch Arbeitsplätze und Wohlstand verlieren“, so Landesrat Achleitner. „Klar ist auch, dass in die Ökologisierung auch unternehmensintern alle eingebunden werden müssen, wenn sie erfolgreich umgesetzt werden soll. Das zeigt auch klar die nun vorliegende Market-Studie zur sozial-ökologische Transformation. Das OÖ. Wirtschaftsressort hat diese Studie bewusst gemeinsam mit der Arbeiterkammer OÖ erstellen lassen, um dieses wichtige Thema sowohl von Seiten der Arbeitgeber/innen als auch der Arbeitnehmer/innen beleuchten zu lassen“,unterstreicht Landesrat Achleitner.
Klare Vorgaben und Technologievorsprung
Ein Ergebnis aus der Studie hebt Regularien und Gesetze als Motivatoren für die Dekarbonisierung hervor. Die Unternehmen brauchen dabei allerdings einfache und klare Vorgaben, Rechtssicherheit sowie Planungssicherheit im Hinblick auf Förderungen. „Eine gesetzliche Vorgabe ist einer von vielen Hebeln, um die Transformation der Industrie voranzutreiben. Allerdings gilt es hier mit Hausverstand zu agieren. Es darf zu keiner Überregulierung kommen, die unseren Wirtschaftsstandort gefährdet. Daher wehren wir uns ganz klar gegen Gold-Plating sowohl seitens der EU als auch bei der Umsetzung von EU-Richtlinien auf nationaler Ebene“, bekräftigt Landesrat Achleitner.
Unternehmen arbeiten schon jetzt aktiv an Klimaneutralität
60 Prozent der befragten Unternehmen (unabhängig von der Größe) messen Nachhaltigkeit eine große bis sehr große Rolle bei und 75 Prozent erwarten, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger wird. Knapp 50 Prozent der Betriebe wollen bis 2030 klimaneutral sein – 13 Prozent sind es bereits und
werden noch heuer klimaneutral. „Heimische Unternehmen setzen schon jetzt aktiv Maßnahmen um. Sie stellen auf erneuerbare Energien um, setzen auf Kreislaufwirtschaft und führen Energiemanagement-Systeme ein. Auch die Twin Transition, die gleichzeitige digitale und ökologische Transformation, zeigt bereits Erfolge und trägt zur Effizienzsteigerung und Emissionsreduktion bei. Ein Beleg dafür, dass wir mit unseren Unterstützungsangeboten in diesem Bereich – wie den Qualifizierungsverbund ‚Digitale Kompetenz und Nachhaltigkeit‘ – richtig liegen“, erklärt Landesrat Achleitner.
Fachkräfte auf Transformation vorbereiten
Der Qualifizierungsverbund „Digitale Kompetenz und Nachhaltigkeit“ ist ein Netzwerk oberösterreichischer Unternehmen, die sich gemeinsam mit den Herausforderungen der digitalen und ökologischen Transformation auseinandersetzen. Derzeit nutzen mehr als 170 oberösterreichische Unternehmen das bewährte Fördermodell. „Was wir gerade am Arbeitsmarkt erleben, ist nur eine Atempause. Mittel- und langfristig wird der Fachkräftebedarf wieder steigen. Daher müssen wir schon jetzt die Menschen qualifizieren, um sie in die Bereiche zu bringen, wo sie künftig benötigt werden, wie etwa die Nachhaltigkeit“, betont Landesrat Achleitner.
Berufsausbildungen in „Öko-Jobs“
Mit „upperWORK – dem Standortprogramm für Arbeit in Oberösterreich“ von Land OÖ, AMS OÖ und Sozialministeriumservice OÖ kann noch flexibler und bedarfsorientierter auf aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt reagiert werden. Für heuer steht ein Rekordbudget von 385 Mio. Euro zur Verfügung. Damit wird unter anderem die erfolgreich angelaufene ÖkoTech-Akademie im Raum Vöcklabruck mit den Bereichen Energietechnik/Automatisierung/Industrielle Elektronik um einen zweiten Standort in der Region Linz-Land/Steyr erweitert – mit dem Fokus auf Automatisierung und Steuerungstechnik sowie Wasserstofftechnologie.
Unterstützung bei Nachhaltigkeitsberichterstattung
Mehr als 2.000 Unternehmen in Österreich bereiten sich derzeit intensiv auf die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. „Auch wenn die neuen Vorschläge der EU-Kommission eine deutliche Vereinfachung vorsehen, müssen sich Unternehmen mit dem Reporting auseinandersetzen. Unsere oö. Standortagentur Business Upper Austria bietet dafür Möglichkeiten zum Austausch mit Expertinnen und Experten an“,erläutert Landesrat Achleitner. Darüber hinaus betreut der Cleantech-Cluster von Business Upper Austria derzeit ein Projekt, in dem das Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten mithilfe Künstlicher Intelligenz vereinfacht werden soll.
Reifegrad bei Nachhaltigkeit bestimmen lassen
Business Upper Austria unterstützt weiters KMU, die ihr betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement verbessern wollen. Die Expertinnen und Experten der oberösterreichischen Standortagentur analysieren den Status quo und geben Handlungsempfehlungen – mit dem kostenlosen Assessment-Tool ECO-lyze®. Der Reifegrad des Unternehmens wird anhand von 23 Kriterien in den vier Bereichen Ökonomie, Ökologie, Soziales und Governance bewertet. Ergebnis ist ein Report über die Ist-Situation und den geplanten Zielzustand inklusive Priorisierung. Die Beraterinnen und Berater geben Handlungsempfehlungen und informieren über Förderungen sowie relevante Unterstützungsleistungen für das Umsetzen der nächsten Schritte. In Anspruch nehmen können das alle oberösterreichischen KMU.
Innovationsverbund treibt Ersatz fossiler Energien voran
Oberösterreich engagiert sich mit dem Cleantech-Cluster federführend auch im Innovationsverbund NEFI – New Energy for Industry. Im Sommer 2024 hat NEFI sein neues Innovationslabor NEFI+ präsentiert, das die klimaneutrale Transformation der Industrie in Österreich gezielt vorantreibt. „Unser Cleantech-Cluster vernetzt Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie öffentliche Einrichtungen und unterstützt dadurch die Entwicklung und Implementierung innovativer Technologien und Lösungen, die zum Ersatz erneuerbarer Energien beitragen. So werden fossile Brennstoffe reduziert und nachhaltige Industrieprozesse gefördert“, erläutert Landesrat Achleitner.
Grüner Wasserstoff
„Wasserstoff ist ein Schlüsselfaktor zur Ökologisierung der heimischen Industrie. Die Umsetzung der OÖ. Wasserstoff-Offensive 2030, die im Jahr 2023 gestartet worden ist, läuft schon auf Hochtouren: Das OÖ. Wasserstoff-Netzwerk mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen weist bereits 70 Mitglieder auf, die sich mit Projekten mit einem Gesamtvolumen von 483 Mio. Euro befassen. Ein eigenes Wasserstoff-Forschungszentrum am FH-Campus in Wels wird im Herbst eröffnet“, stellt Landesrat Achleitner fest. „Mit dem gemeinsamen Wasserstoff-Valley der drei Bundesländer Oberösterreich, Steiermark und Kärnten, das eine Startförderung von 20 Mio. Euro der EU erhalten hat, zeigen die drei Industriebundesländer auch europaweit auf. Die Projekte im Rahmen des Valleys sollen die Dekarbonisierung der Industrie vorantreiben. Das Gesamtvolumen umfasst 578 Mio. Euro, wovon der Löwenanteil mit 385 Mio. Euro auf Projekte in Oberösterreich entfällt“, unterstreicht Landesrat Achleitner.
Andreas STANGL, Präsident Arbeiterkammer OÖ:
Betriebsräte sehen Potenziale, aber auch Gefahren auf dem Weg hin zur Klimaneutralität
Die Transformation hin zur Klimaneutralität stellt Unternehmen und ihre Beschäftigten vor erhebliche Herausforderungen. Gleichzeitig eröffnen sich aber auch Potenziale für eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung.
Betriebsrät:innen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung des ökologischen Wandels und können die Auswirkungen auf betrieblicher Ebene aktiv mitgestalten. Sie erkennen sowohl die Chancen als auch die Risiken und sind sich bewusst, dass eine sozial gerechte Umsetzung dieser Transformation von zentraler Bedeutung ist.
„Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen in den Umbauprozess einbeziehen und die notwendigen Ressourcen bereitstellen, um die Arbeitswelt von morgen zu gestalten, sind erfolgreicher. So kann der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft nachhaltig und gewinnbringend gestaltet werden“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl. „Um den Beschäftigten die nötigen Qualifikationen zu vermitteln und sie für die Arbeitswelt der Zukunft fit zu machen, braucht es engagierte Unternehmen und eine starke Einbindung der Interessenvertretung der Arbeitnehmer:innen.“
Chancen und Risiken der Dekarbonisierung
Laut der Umfrage sehen etwa die Hälfte der Betriebsrät:innen in den ökologischen Veränderungen mögliche positive Auswirkungen für die Unternehmenskultur und die körperliche Gesundheit. 42 Prozent sehen Chancen für Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen. Dennoch bleibt bei vielen Betriebsrät:innen Unsicherheit und Skepsis, was die tatsächlichen Auswirkungen auf die Beschäftigten betrifft.
Als zentrale Bewegründe für die Klimaschutzmaßnahmen sehen die Betriebsrät:innen vor allem gesetzliche Vorgaben und Regularien (85 Prozent), Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung wie CSRD, EU-Taxonomie, Lieferkettengesetz (85 Prozent) sowie den Erhalt und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit (76 Prozent). Nur 20 Prozent glauben, dass Bedürfnisse und Wünsche von Mitarbeiter:innen Motivationsgründe sind.
Ein besonders kritischer Punkt, der bei der Umfrage deutlich wurde, ist die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Unternehmensleitungen und den Einschätzungen der
Betriebsrät:innen hinsichtlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Während mehr als 58 Prozent der Geschäftsführungen davon ausgehen, dass durch CO₂-reduzierende Maßnahmen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, glauben nur 28 Prozent der Betriebsrät:innen an diese Möglichkeit. Hier zeigt sich, dass ein erfolgreicher ökologischer Umbau von Unternehmen einen gemeinsam mit dem Betriebsrat ausgearbeiteten Stufenplan benötigt. Dies würde ein gemeinsames Zukunftsbild, sowie mehr Klarheit und mehr Sicherheit bringen.
Eine weitere Herausforderung, die die Befragung aufzeigt, ist der verbesserungswürdige Informationsaustausch zwischen der Unternehmensführung und den Betriebsrät:innen in Bezug auf Klimaschutzmaßnahmen. 56 Prozent der Betriebsrät:innen geben an, nicht aktiv an den Umbauplänen ihres Unternehmens mitwirken zu können. Zudem wurden rund 30 Prozent der Betriebsrät:innen nicht darüber informiert, bis wann ihr Unternehmen klimaneutral sein soll. Dies führt zu einer großen Kluft in der Informationslage zwischen beiden Seiten. Unternehmer bzw. Mitarbeiter:innen in Führungspositionen verfügen hingegen über ein deutlich höheres Informationslevel zu notwendigen Vorkehrungen und aktuellen Maßnahmen und geben an, dass sie bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen persönlich mitwirken können. Dies zeigt, dass eine stärkere Information und Einbindung der Betriebsräte für eine nachhaltige und sozial gerechte Transformation erforderlich sind.
Wenige Weiterbildungsangebote für Beschäftigte
Wichtig am Weg hin zu einer ökologischen Transformation ist darüber hinaus die Weiterbildung der Beschäftigten, um die Arbeitsplätze langfristig zu sichern und den Übergang zu neuen, klimafreundlichen Arbeitsfeldern zu ermöglichen. In 12 Prozent der Unternehmen, in denen die befragten Betriebsrät:innen vertreten sind, gibt es bereits heute Weiterbildungsmaßnahmen hin zu einem „grünen Arbeitsplatz“.
Um den künftigen Arbeits- und Fachkräftebedarf decken zu können, braucht es bereits jetzt Maßnahmen um die Arbeitnehmer:innen entsprechend zu qualifizieren. Dabei kommt den Betrieben eine wesentliche Rolle in diesem Prozess zu. Jene Betriebe, die dies bereits jetzt erkennen, werden den Transformationsprozess erfolgreicher bewältigen. 48 Prozent der Unternehmensführungen geben an, dass solche Maßnahmen in ihrem Unternehmen umgesetzt oder geplant sind.
Forderungen der AK OÖ:
- Die Klima- und Energiewende benötigt gut ausgebildete Arbeitnehmer:innen. Arbeitgeber müssen Aus- & Weiterbildungsangebote ermöglichen, welche eine Perspektive auf existenz- und einkommenssichernde Arbeitsplätze geben.
- Es braucht einen Rechtsanspruch auf Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Existenzsicherung durch das AMS und/oder den Betrieb bei Weiterbildung und Requalifizierung.
- Ein erfolgreicher ökologischer Umbau von Unternehmen benötigt einen gemeinsam mit dem Betriebsrat ausgearbeiteten Stufenplan. Das schafft eine gemeinsames Zukunftsbild und gibt Klarheit darüber, welche Schritte gesetzt werden.
Prok.in Birgit STARMAYR, Institutsleitung MARKET Marktforschung:
Betriebsräte und Unternehmen erkennen Bedeutung der Dekarbonisierung
Die sozial-ökologische Transformation ist eine der größten Herausforderungen und zugleich eine der größten Chancen unserer Zeit. Um dazu die Sicht von Unternehmen und Betriebsräten einzufangen, hat die oberösterreichische Standortagentur Business Upper Austria im Auftrag des Wirtschaftsressorts des Landes OÖ und der Arbeiterkammer OÖ gemeinsam mit MARKET eine Bestandsaufnahme gemacht. 223 Unternehmen – angesprochen wurden Führungskräfte aus der oberen Managementebene und Nachhaltigkeitsbeauftragte – sowie 157 Betriebsrätinnen und Betriebsräte haben im Februar 2025 in Online-Interviews den Fragebogen beantwortet. Die Befragten waren vorwiegend aus oberösterreichischen Industriebetrieben und Unternehmen, in denen die Dekarbonisierung eine wesentliche Rolle spielt.
Das Ergebnis: Sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte erkennen die hohe Relevanz nachhaltigen Handelns und die Notwendigkeit zur Reduktion von Treibhausgasen an. Unternehmen sehen die Relevanz im Unternehmen noch etwas höher als Betriebsräte, was dafür sprechen könnte, dass das Thema in der Um- und Auseinandersetzung noch weniger weit bis zu den Mitarbeiter:innen durchgedrungen ist bzw. dass es Verbesserungsbedarf bei der internen Kommunikation und Einbindung der Betriebsräte gibt.
Ziel der Klimaneutralität bis 2030
Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (47 Prozent) gibt an, bis zum Jahr 2030 Klimaneutralität erreichen zu wollen. Bei den Betriebsräten liegt dieser Wert deutlich niedriger – nur 32 Prozent teilen diese Einschätzung. Zudem fühlt sich mehr als ein Viertel der Betriebsräte nicht ausreichend über die Klimaziele und Maßnahmen des Unternehmens informiert.
Maßnahmen zur Reduktion von CO₂-Emissionen
Unternehmen haben bereits zahlreiche Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz, Digitalisierung und Infrastruktur umgesetzt oder planen diese. Besonders häufig genannt werden der Einsatz erneuerbarer Energien, Reduktion von Abfall und Wasserverbrauch, Einsatz von digitalen Steuerungssystemen, die Umrüstung des Fuhrparks, aber auch der Anspruch, die Unternehmenskultur zu mehr Nachhaltigkeit zu verändern. Betriebsräte wissen über viele dieser Maßnahmen weniger gut Bescheid, insbesondere im Bereich der Produktion.
Sie sehen auch deutlich weniger geplante bzw. laufenden Maßnahmen im Bereich Mitarbeiter:innen, wie z.B. Schulungen, neue Arbeitsplatzmodelle und Qualifizierungsprogramme, wobei die diesbezüglichen Aktivitäten auch unternehmensseitig weniger ausgeprägt sind.
Motivation für Dekarbonisierung
Zentraler Motivator der Unternehmen ist in jedem Fall die Verpflichtung aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, Berichtspflichten und regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Dekarbonisierung wird primär aus strategisch-wirtschaftlicher Sicht betrachtet. Dabei ist dem Unternehmen auch zentral wichtig, wie man als Arbeitgeber wahrgenommen wird, und dass die Wettbewerbsfähigkeit erhalten wird. Auch kommen verstärkt persönliche Motive bzw. die gesellschaftliche Verantwortung als Pro Argumente seitens der Unternehmer.
Betriebsräte hingegen sehen neben der gesetzlichen Verpflichtung den zunehmenden Wettbewerbsdruck und die Erwartungen der Konsument:innen als wichtige Treiber. Zudem nehmen die Betriebsräte den Motivator „Mitarbeiter:innen“ noch deutlich weniger wahr. Die Betriebsräte glauben nicht, dass die Bedürfnisse der Beschäftigten ein zentraler Motivationsfaktor für Betriebe in der Transformation sind.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Als größte Herausforderung nennen sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte die hohen Kosten und die begrenzte finanzielle Ausstattung. Unternehmen bemängeln zudem die Unsicherheit bei regulatorischen Vorgaben. Betriebsräte äußern zusätzlich die Sorge, dass Maßnahmen zur Klimaneutralität zu Preissteigerungen für Konsument:innen führen könnten. Arbeitsplatzverluste oder Einkommensrisiken werden von beiden Seiten zu jeweils gut einem Fünftel thematisiert.
Externe Beratungsleistungen
Angesichts der hohen regulatorischen Vorgaben verwundert es wenig, dass viele Unternehmen auf externe Beratungsleistungen zurückgreifen. Schwerpunktthemen für Beratungsleistungen wären dabei aus Unternehmenssicht die Umsetzung der Vorgaben inklusive der Nachhaltigkeitsberichtserstattung als auch die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette. Betriebsräte hätten hingegen lieber mehr Informationen zu möglichen Weiterbildungsprogrammen und zu den optimalen Einbindungsmöglichkeiten der Mitarbeiter:innen in den Transformationsprozess.
Große Differenzierungen im Informationsstand
Führungskräfte in Unternehmen geben überwiegend an, gut über notwendige Maßnahmen zur CO₂-Reduktion informiert zu sein. Rund 80 Prozent von ihnen sehen sich aktiv in Klimaschutzpläne eingebunden. Im Gegensatz dazu berichten viele Betriebsräte über ein unzureichendes Informationsniveau. Nur rund 50 Prozent fühlen sich eher gut informiert. Auch sehen „nur“ 38 Prozent eine Möglichkeit, an der Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen mitzuwirken bzw. wird auch die Beteiligungsmöglichkeit der übrigen Mitarbeiter:innen aus Sicht der Betriebsräte als gering eingeschätzt.
Auswirkungen auf die Beschäftigten
Sowohl Unternehmen als auch Betriebsräte berichten über überwiegend positive Auswirkungen auf die Belegschaft. Dazu zählen eine stärkere Motivation zu umweltbewusstem Verhalten, die Förderung von E-Mobilität sowie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Allerdings nehmen Betriebsräte Weiterbildungsangebote seltener wahr und bewerten die finanziellen Folgen für Beschäftigte zurückhaltender bzw. neutral. Unternehmen betonen hingegen positive Effekte auf das Arbeitsklima, die Unternehmenskultur und das körperliche Wohlbefinden der Mitarbeitenden.
Weiterbildung und externe Unterstützung
Drei Viertel der Unternehmen geben an, bereits Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Klimaschutz anzubieten. Nur etwa die Hälfte der Betriebsräte bestätigt dies. Sie fordern mehr Transparenz und ein breiteres Weiterbildungsangebot. Beide Gruppen wünschen sich externe Unterstützung. Während Unternehmen vor allem rechtliche Klarheit und technische Beratung suchen, liegt der Fokus der Betriebsräte auf Mitarbeitersicherheit, Partizipation und Fördermöglichkeiten für Weiterbildung.
Redaktion
- DIE MACHER
Fotos
Land OÖ / Tina Gerstmair