Arbeitgebermarke – wie geht das?
Die Erwartungen an Arbeitgeber verändern sich rasant. Weg von starren Benefits, hin zu Authentizität, Lebensphasenorientierung und gelebten Werten. Florian Mayer vom JKU Alumni Club, Hubert Wetschnig von der HABAU Group und Daniela Palk vom Diakoniewerk zeigen, wie Unternehmen ihre Arbeitgebermarke stärken, Talente gewinnen und langfristig binden – und warum Kultur, Sinn und persönliche Entwicklung dabei oft mehr zählen als materielle Anreize.
#1 Sichtbar, echt, zielgerichtet
Was denkt Florian Mayer, Geschäftsführer des JKU Alumni Clubs?
Welche Trends siehst du derzeit im Bereich Arbeitgebermarke?
Florian Mayer: Das unterscheidet sich teilweise sehr stark. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich zum Beispiel verstärkt mit Kennzahlen, um den Erfolg und die Wirkung ihrer Employer-Branding-Aktivitäten datenbasiert messbar zu machen. Schon längere Zeit steht bei vielen Firmen auch das Thema Authentizität im Fokus. Mehr werden auch die Diversifizierung und die zielgruppenspezifische Gestaltung einzelner Employer-Branding-Maßnahmen sowie eine Gestaltung von Angeboten und Benefits anhand lebensphasenorientierter Bedürfnisse der (potentiellen) Mitarbeitenden. Sprich: „one size fits all“ ist passé! Und zunehmend verstehen die Unternehmen Employer Branding nicht nur als Maßnahmen nach außen im Sinne des Recruitings, sondern auch nach innen, um die Mitarbeiterbindung zu stärken.
Was kann man von Alumninetzwerken lernen, wenn es um Talentegewinnung geht?
Florian Mayer: Wichtige Eckpfeiler in einem Alumninetzwerk sind gegenseitige Unterstützung, Mentoring und wohlwollender Austausch. Alumni aller Studienrichtungen und Altersgruppen unterstützen sich dabei gegenseitig mit Tipps zu ihren Entwicklungswünschen. Dieser Spirit würde Unternehmen auch intern guttun, um Talente bestmöglich zu fördern, zu entwickeln und auch zu binden.
Wie verbessert Employer Branding Recruitingergebnisse?
Florian Mayer: Beim Employer Branding geht es darum, Sichtbarkeit zu erzeugen und zu kommunizieren, wofür man als Arbeitgeber steht. Diese Effekte spüren wir auch bei unseren Firmenpartnerschaften im JKU Karrierecenter. Vor allem kleinere, bisher eher unbekanntere Unternehmen können ihre Recruitingergebnisse durch ihre Employer-Branding-Präsenz an der Uni teils deutlich steigern. Aber auch große, bekannte Unternehmen profitieren davon zusätzlich. Erfolg wird dabei teils auch differenziert betrachtet und muss nicht immer eine Steigerung der Quantität an Bewerbungen bedeuten. Eine konsequente Kommunikation der Unternehmenskultur und der Erwartungshaltung eines Unternehmens kann auch dazu führen, dass die Quantität zwar sinkt, die Qualität der Bewerbungen dafür aber besser ist und sich genau die Richtigen bewerben.
Was ist wichtiger für die Employer Brand – Werte und Kultur oder Benefits?
Florian Mayer: Aus meiner Sicht sind beide Punkte wichtig. Für emotionalere Menschen stehen die Werte eher im Fokus, die kühlen Kalkulierer reagieren eher auf Benefits. Im Recruitingprozess gibt es wahrscheinlich noch einen leichten Ausschlag zugunsten der Benefits, da diese für Bewerberinnen und Bewerber greifbarer und vergleichbar sind. Für die Mitarbeiterbindung würde ich langfristig allerdings die Unternehmenskultur höher einschätzen. Wenn ich mich in einem Unternehmen nicht wohl fühle, hält mich auch ein firmeneigener Barista nicht vom Jobwechsel ab. Optimal ist es, wenn sich die Werte auch in den Benefits widerspiegeln.
#2 Mitarbeiter fördern, Talente halten
Was denkt Hubert Wetschnig, Geschäftsführer der HABAU GROUP?
Was macht die Arbeitgebermarke der HABAU GROUP aus?
Hubert Wetschnig: Unsere Arbeitgebermarke steht für die Verbindung aus Konzernstärke und familiärem Zusammenhalt. Mit rund 7.000 Mitarbeitenden legen wir großen Wert auf Förderung, Vertrauen und individuelle Entwicklung. Bei uns gelten flache Hierarchien, ein hohes Maß an Eigenverantwortung und eine Arbeitsatmosphäre, die von Zusammenhalt geprägt ist. Wir fördern Weiterentwicklung, setzen auf bedarfsorientierte Arbeitsmodelle und schaffen mit Angeboten wie der Ferien- und betrieblichen Kinderbetreuung sowie Corporate Benefits ein Umfeld, das Berufs- und Privatleben miteinander vereinbar macht. Kurz gesagt: Wir wollen ein Arbeitgeber sein, bei dem man gerne bleibt – über Generationen hinweg.
Welche Strategien nutzt ihr, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten?
Hubert Wetschnig: Wir nutzen dafür diverse Kanäle: Website, Karriereportale, Messen, Schul- und Betriebsbesuche sowie Social Media. Unsere Arbeitgebermarke stärken wir zudem durch Präsenz auf Veranstaltungen sowie durch Kooperationen mit Schulen und Hochschulen. Ein zentrales Element zur Fachkräftebindung ist unser vielfältiges Aus- und Weiterbildungsangebot, von der Lehrlingsausbildung über Talenteprogramme bis hin zu fachlichen und persönlichkeitsbildenden Schulungen. Dabei setzen wir auf frühe Bindung, individuelle Förderung und klare Entwicklungsperspektiven. Weitere Bindungsfaktoren sind Führungskräfteentwicklung, attraktive Benefits und die Mundpropaganda unserer Mitarbeitenden.
Wie unterscheiden sich die Strategien bei jungen vs. erfahrenen Zielgruppen?
Hubert Wetschnig: Jede Generation hat ihre Stärken – und wir holen sie dort ab, wo sie steht. Junge Talente sprechen wir mit Praxisnähe, Orientierung und inspirierenden Role Models an. Erfahrene Fachkräfte schätzen klare Entwicklungschancen, Stabilität und flexible Arbeitsmodelle. Entscheidend ist, dass sich alle Generationen bei uns respektiert und wohl fühlen – mit authentischen Einblicken durch unsere Mitarbeitenden als Botschafter.
Welche Bedeutung hat dabei die Unternehmenskultur?
Hubert Wetschnig: Uns ist es ein besonderes Anliegen, eine moderne und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur zu fördern. Wir investieren bewusst in unser Team und schaffen Rahmenbedingungen für persönliche Entfaltung und berufliches Wachstum – durch Weiterbildungsangebote, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeitmodelle. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie liegt uns besonders am Herzen, unterstützt durch betriebliche Sommerbetreuung, Krabbelstube und Angebote zur Gesundheitsförderung. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Homeoffice, Gleitzeit oder Sabbaticals berücksichtigen individuelle Lebenssituationen.
#3 Sinn stiften statt nur profitieren
Was denkt Daniela Palk, Vorständin des Diakoniewerks?
Was macht das Diakoniewerk als Arbeitgeber aus?
Daniela Palk: Ich würde sagen, wir sind ein Werk mit vielen Möglichkeiten – das ist auch der Claim unserer Arbeitgeberkampagne. Wir begleiten Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen, entsprechend diesen unterschiedlichen Bedürfnissen müssen wir vielfältige Unterstützung anbieten. Wir verstehen uns also als ein Werk, das sowohl für die Klientel als auch für unsere Belegschaft viele Möglichkeiten eröffnet. Der Sinn unserer Arbeit ist direkt im Auftrag verankert. Wir machen oft kleine, aber entscheidende Unterschiede im Alltag, etwa Menschen mit Beeinträchtigungen zu unterstützen oder älteren Menschen zu helfen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Das verbindet Verantwortung, Würde und Vertrauen miteinander. Und unser Grundauftrag, die tätige Nächstenliebe, prägt alles, was wir tun – unabhängig davon, ob jemand evangelisch, katholisch oder ohne Konfession ist.
Wie werden diese Werte im Organisationsalltag gelebt?
Daniela Palk: Wir setzen auf Dialog und Reflexion: Wie gehen wir miteinander um, wie mit Fehlern, wie treffen wir Entscheidungen? Ethikfragen, etwa bei Sterbebegleitung oder assistiertem Suizid, werden offen besprochen. Jeder und jede Mitarbeitende ist Kulturträger und die Werte werden dort erfahrbar, wo die Dienstleistung konkret gelebt wird. Wir bieten auch Gesprächsmöglichkeiten an, damit niemand mit schwierigen Fragen allein bleibt.
Ist es heutzutage schwierig, passende Arbeitskräfte zu finden?
Daniela Palk: Ja, das ist eine große Herausforderung. Wir arbeiten in einem 24/7-Betrieb, und fast 80 Prozent unserer Kosten entfallen auf Personal. Die Fachkräfte werden knapp, daher müssen wir uns besonders anstrengen und junge Menschen gezielt ansprechen. Manche Rahmenbedingungen, wie Schichtdienste oder Präsenzpflicht, können wir nicht ändern. Wir arbeiten jedoch gerade daran, kollegiale Führungsmodelle mit geteilten Verantwortungen zu entwickeln, um Beteiligung und Mitgestaltung zu ermöglichen. Junge Menschen können so Verantwortung übernehmen, ohne die ganze Last allein zu tragen.
Welche Bedeutung hat die Unternehmensgeschichte für eure Arbeitgebermarke?
Daniela Palk: Unser 150-jähriges Bestehen und die Wurzeln in der Nächstenliebe geben Orientierung und Kraft. Es hat immer schon herausforderndere Zeiten gegeben, und es ist immer weitergegangen. Wir haben zwar nicht wie ein Startup in einer Garage begonnen, aber letztlich schon wie ein Startup in einem Pfarrhaus. Und diesen Pioniergeist, den haben wir behalten. Die Nöte ändern sich, und wir passen uns an. Das Erbe hilft uns, aus Erfahrungen zu lernen und gleichzeitig neue Ideen einzubringen.
Gibt es ein Beispiel aus der Praxis, wie die Arbeitgebermarke wirkt?
Daniela Palk: Das Wortspiel mit „-werk“ (Hoffnungswerk, Kraftwerk, Zukunftswerk), das wir in unserer Employer-Branding-Kampagne verwenden, ist mehr als Marketing: Es lädt dazu ein, den eigenen Beitrag zu sehen. Wichtig ist uns, dass wir Wirkung erzeugen. Wir arbeiten lösungsorientiert und direkt am einzelnen Menschen. Und jede Tätigkeit, jede Begegnung und jede Hilfe zählt und trägt zu dem Gesamten bei, das wir für und mit den Menschen schaffen._
Redaktion
- Zofia Wegrzecka
Fotos
Mayer: Christian Huber Fotografie;
Wetschnig: Philipp Horak;
Palk: Antje Wolm