
Der Podcast-Zukunft-Macher
Über 300 Jahre ist er alt. Der Ort, an dem die Zukunft entsteht. Die Zukunft des Podcasts. Denn hier zwischen den historischen Mauern des Linzer Bergschlössls hat PUKA seinen Sitz. Und hier schreibt der Gründer, Martin Engleder, Podcastgeschichte.
Es könnte ein gemütliches Wohnzimmer sein – wären da nicht die Kamera, die uns unauffällig beobachtet, und der Bildschirm, der uns zeigt, wie wir wohl aus der Sicht eines Außenstehenden wirken. Hier sitzen wir mit Martin Engleder auf seiner Couch, plaudern … fast so, als wären wir bei Freunden zu Besuch. Genau dieses Gefühl soll entstehen – nicht nur für uns, sondern auch für jene, die zuschauen. Videopodcasts sollen Gespräche erlebbar machen, so nah, als wäre man selbst dabei. Genau das ist Martins Mission – in seinem Studio (und manchmal auch außerhalb) macht er mit seiner Produktionsfirma PUKA Podcasts nicht nur hör-, sondern auch sichtbar.
Entspannt lehnt sich der 31-Jährige zurück. Man merkt sofort: Hier ist er in seinem Element. Doch seine Anfänge waren alles andere als bequem. Als ausgebildeter Medienfachmann sammelte er zunächst Erfahrungen. Sowohl in Unternehmen als auch in Agenturen. „Da habe ich teilweise 60, 70 Stunden pro Woche im Büro verbracht“, erzählt er. Irgendwann stellte er sich die entscheidende Frage: „Warum arbeite ich so viel für andere – und nicht für mich?“
Seine erste Geschäftsidee, eine App für Buchliebhaber, scheiterte. Doch Martin und sein damaliger Co-Founder ließen sich nicht entmutigen. Stattdessen starteten sie einen Podcast, in dem spannende Persönlichkeiten über ihre Lieblingsbücher sprachen. Rückblickend war das der Startschuss für Martins Karriere als Videopodcastproduzent. Schon damals, als Videopodcasts in Europa noch kaum Thema waren, war den beiden klar: „Wir wollten Menschen nicht nur vor das Mikrofon, sondern auch vor die Kamera holen.“
Gründer, Puka
Heute betreut Martin in seinem Studio im Linzer Bergschlössl 18 Podcasts. 18 verschiedene Welten, die täglich durch seine Hände gehen. Filmen, umwandeln, schneiden, mastern on repeat: So sehen Martins Tage aus. Denn von der ersten Kameraeinstellung über die Produktion bis hin zum Upload betreut er die Podcasts seiner Kunden, je nach Bedarf. Sein Arbeitstag beginnt um halb sechs morgens, endet selten vor elf Uhr abends. „Täglich sind es bis zu vier Terabyte Videomaterial, die umgewandelt, geschnitten und gemastert werden müssen.“ Eine Menge, bei der uns erst mal die Worte fehlen.
Was unglaublich aufwendig klingt, ist Martins Leidenschaft. Denn er brennt für das, was er tut. „Du kannst aus Gesten viel mehr herauslesen als nur aus dem Audio“, erklärt er die Magie des Videopodcasting. „Das ist wie beim Musikhören. Natürlich kannst du Musik einfach so hören, aber die Ausbaustufe davon ist dann das Konzert. Da kannst du alles miterleben.“ Der Markt gibt ihm recht – Menschen wollen Video.
Die nächste Dimension
Doch während andere noch über die Vorteile von Videopodcasts diskutieren, arbeitet Martin bereits an der nächsten Revolution. Oder eher Dimension. Er deutet auf die „Apple Vision Pro“-Brille, die auf dem Couchtisch vor uns liegt, und das dahinterstehende Kamerakonstrukt. „Das sind zwei GoPros, die ich mit 3D-Druck zusammengebaut habe“, erklärt er. 3D-Videopodcasts sind sein neues Projekt. Mit einem seiner Kunden setzt er das bereits um.
Die Technologie ist noch experimentell, das Set-up improvisiert, doch die Vision kristallklar: Wer eine VR-Brille trägt, erlebt das Gespräch so, als säße er mitten im Raum der Gesprächspartner. Ein gewagter Sprung in eine Zukunft, die noch nicht da ist. Zumindest nicht hier bei uns. Während in China bereits wöchentlich neue 3D-Podcasts entstehen, zögern Europa und Amerika noch. „Europaweit sind wir die Ersten. In Amerika gibt es auch nur zwei Produzenten, die 3D-Podcasts produzieren.“ Man hört Martins Stolz heraus. „Ich gebe der Technologie drei bis fünf Jahre“, meint Martin auf unsere Frage, wie lange es noch dauern wird, bis wir unseren Lieblingspodcastern durch die 3D-Brillen zugucken.
Der Wissensvermittler
Der Name PUKA zieht sich durch alle seine Vorhaben. Und das nicht zufällig. „‚Puka‘ bedeutet in Maori so viel wie ‚bilden‘“, erklärt uns Martin. Und er selbst sieht sich als Wissensvermittler in einer oberflächlichen Zeit. Martins Leidenschaft brennt ungebrochen. Woran man das merkt? An seinen Träumen. Denn der 31-Jährige träumt größer als nur von (3D-)Videopodcasts. Seine langfristige Vision ist es, Dokumentarfilme zu produzieren, die Wissen vermitteln und Mehrwert schaffen. Podcasts sind für ihn aber noch lange nicht ausgeschöpft: „Nein, es macht nicht ‚eh schon jeder Podcasts‘. Sonst würden wir auch jeden hören.“ Wer eine Nische und etwas zu sagen hat, wird auch sein Publikum finden, ist Martin überzeugt. Sein Anspruch: Qualität statt Masse. Videopodcasts sind für ihn nicht nur ein Trend, sondern ein Schritt zurück zum Menschlichen in einer digitalen Welt. „Du kannst dich von der Stimme tragen lassen – aber erst Mimik und Gestik zeigen die echten Emotionen.“
Die Kamera läuft noch, der Bildschirm zeigt weiter, wie wir da sitzen und reden. Irgendwie ist das Setting immer noch dieses „Wohnzimmer, das keines ist“. Aber genau hier passiert’s: die Zukunft, einfach so, zwischen Kaffeetassen, Kabeln und Kameras. Gespräch für Gespräch, Aufnahme für Aufnahme – und Martin mittendrin, als wäre das alles das Normalste der Welt._
# Gedankensprung
Meine liebste Podcaststimme_zum Schneiden: Steffi Sperr; zum Hören: Ali Mahlodji
Die nervigsten Geräusche im Studio_das Ticken einer analogen Armbanduhr, Zungenschnalzen bei der Bearbeitung
Ein Podcastmythos, den ich aus der Welt räumen möchte_Dass „eh schon jeder einen Podcast hat“.
Wenn mein Leben ein Podcast wäre, dann wäre der Titel_„The Ups and Downs“
Redaktion
- Zofia Wegrzecka
Fotos
Antje Wolm