Aus guten Gründen
Effizientes Datenmanagement, um etwa unsere Smartphones noch zuverlässiger und sicherer zu machen; die kleinste Daumenstütze, die nicht nur den dadurch schmerzenden „Handydaumen“ im Alltag entlastet; und schweißfreie Funktionskleidung, die „auf ihre Schäfchen schaut“: einige der spannendsten Jungunternehmen im Überblick.
#Apichamp
„Eigentlich ist alles aus einem persönlichen Need entstanden“, erinnert sich Apichamp-Gründer Dominik Rampelt an die Anfänge, in denen er sich in seinem Job als Backend-Developer mit einem wiederkehrenden Problem konfrontiert sah: „Allein die manuelle Entwicklung von Schnittstellen, also das Erstellen von Backend-Applikationen – sogenannten APIs – ist schon mühsam und aufwendig genug. Aber was vor allem unterschätzt wird, sind die nachgelagerte Wartung und der Aufwand, der damit verbunden ist.“ Er weiß, das Thema Schnittstellen klingt zunächst technisch langweilig oder gar überflüssig, „aber tatsächlich nutzen wir diese täglich gefühlt tausende Male, ohne es zu realisieren – sie stecken hinter jeder App und Website bis hin zum Staubsauger-Roboter, um Daten zu übertragen“.
Bei diesem Ausmaß wird eines schnell klar: Kümmert man sich nicht um die Instandhaltung, hat der „Verschleiß“ verheerende Folgen. „Ändert sich etwas in einer Datenbank, führt das zu Stillständen an Schnittstellen.“ Kunden koste das vor allem Zeit, Nerven und Entwicklungsarbeit – ein geeignetes Tool sucht Dominik vergebens. Warum es also nicht selbst entwerfen? Gesagt, getan. Vor einigen Jahren kündigt er schließlich seine Stelle bei einer Softwareagentur und bastelt an einem Tool, das Schnittstellen mithilfe Künstlicher Intelligenz automatisch entwickelt und smart wartet. „Das Ziel war von Beginn an, eine Lösung zu schaffen, die auch ich selbst als Entwickler verwenden würde.“ Währenddessen jobbt er als Freelancer und sucht sich Sparringspartner. Heute hilft er mit Apichamp, 98 Prozent der benötigten Entwicklungszeit und damit jede Menge Budget zu sparen. „Es ist ganz einfach: Man loggt sich auf unserer Webplattform ein, gibt an, welche Datenquelle vorhanden ist und welche Schnittstelle gewünscht ist, und wenige Sekunden später folgt ein Vorschlag unserer KI.“ Anschließend bedürfe es nur noch etwas Feintuning. „Das Ergebnis ist eine flexible und skalierbare API, die sich nahtlos in dynamische Datenquellen integriert. Und das in Rekordzeit.“
3 Gründe, weshalb ich immer wieder gründen würde
#1
Für mich ist am schönsten, dass ich mein Hobby zum Beruf machen durfte.
#2
Was du selbst erschaffen hast, spiegelt dein Umfeld und deine Erfahrungen wider.
#3
Der Mehrwert, den man für einen bestimmten Teil der Gesellschaft stiftet, motiviert immer wieder aufs Neue.
Schon gewusst?
Beim Edison Award 2024 gewann Apichamp in der Kategorie „Hightech“.
#Thumbclip
Marokko, 36 Grad. Vor mittlerweile vier Jahren genießt Stefan Eicher hier seinen Surfurlaub an der Küste. Das Einzige, was ihn beim Wellenreiten stört: eine klassische Sportverletzung, die er sich zuzieht. Denn die Sicherheitsleine seines Surfbretts wickelt sich um seinen Daumen, überstreckt diesen und verursacht ihm Schmerzen, die er so noch nie erlebt hat. „Durch die Einschränkungen im Anschluss wurde mir dann schnell bewusst, wie wichtig der Daumen für unseren Alltag ist.“ Als zu groß, zu unhandlich empfindet er die Schiene, die ihm sein Arzt daraufhin verschreibt. „Mein erster Gedanke war: Das muss kleiner und weniger einschränkend gehen – gibt es dafür keine praktischere Alternative?“ Also beginnt er selbst zu tüfteln und sucht nach einer Lösung, die den Daumen zwar stabilisiert und so den Heilungsprozess fördert, sich jedoch besser mit den Herausforderungen seines Berufs- und Privatlebens vereinbaren lässt.
Lifestyle- oder Medizinprodukt?
Im Gespräch mit seinem Umfeld stellt Stefan fest, dass Daumenprobleme kein Einzelfall sind – selbst Statistiken belegen, wie viel höher die Verletzungsrate bei intensiver Smartphonenutzung ausfällt. „Zunächst habe ich mit Gummiringen und -bändern hantiert. Stets mit dem Hintergedanken, eine Lösung zu erschaffen, die klein genug ist, um in die Hosentasche zu passen.“ Mit Erfolg. Einige Prototypen später entsteht schließlich sein Produkt Thumbclip, das um das rund Sechsfache kleiner ist als herkömmliche Daumenschienen. Dieses wird am Grundgelenk des Zeigefingers befestigt und fungiert dort wie eine Art „Nackenstütze“ für den Daumen. „Dafür haben wir die FFG-Förderung erhalten, die österreichischen und internationalen Patentverfahren laufen derzeit.“
Als Vollzeit-Angestellter im Bereich R&D liegt für ihn der Spaß an der Arbeit seit jeher in der Produktentwicklung, Co-Founder Andreas Doppler fokussiert sich auf das Business dahinter. „Wir arbeiten gemeinsam mit Technikern und einem Handchirurgen des Universitätsklinikums Linz an der Marktreife.“ Bis zur Veröffentlichung sammeln sie Feedback von Testerinnen und Testern, prüfen medizinische Zulassungen und verpassen ihrem Lifestyleprodukt den letzten Feinschliff. „Derzeit planen wir, mit Thumbclip schon ab diesem Winter zahlreiche Daumen zu entlasten.“
3 Gründe, weshalb ich immer wieder gründen würde
#1
Immer wieder auf Probleme zu stoßen und diese zu lösen, macht die Reise spannend.
#2
Um Bestehendes neu zu denken und zu vereinfachen, um Dinge zu kreieren und zu realisieren.
#3
Im Miteinander der Startup-Bubble fühlt man sich gut aufgehoben – es hilft einfach jeder jedem.
Schon gewusst?
Beim Edison Award 2024 gewann Thumbclip in der Kategorie „Medtech“.
#SCROC
Was haben ein Tischler, ein Profi-Radfahrer und ein Pilot gemeinsam? All diese Professionen zieren den Lebenslauf von Christian Rieger. Nach seiner Tischlerlehre konstruiert er in der Kunststoffbranche 3D-Teile für Nutzfahrzeuge, außerhalb der Arbeit dreht sich sein Leben vor allem um Sport. „Das Radfahren wurde einfach immer mehr und mehr, bis ich mich irgendwann entschlossen habe, an einem Rennen teilzunehmen.“ Er landete auf Anhieb unter den besten 30, trat anschließend einem Verein bei und trainierte bis ans Limit. „Mein Ziel war ganz klar: Ich wollte Profi werden.“ Sein Traum geht in Erfüllung – bis sich bei einem schweren Sturz eine seiner Bandscheiben verschiebt und einen Nerv einklemmt.
Seine jährlich rund 30.000 Kilometer auf dem Mountainbike weichen dem Kampf zurück in den Alltag, die Leidenschaft für den Sport und seine Zielstrebigkeit sind bis heute geblieben. Denn aufgeben und den Kopf hängen lassen waren nie Stationen auf seinem Karriereweg. Er wechselt vom Sattel ins Cockpit, 14 Monate später manövriert er Airbusse rund um den Globus. „Nur um nach drei Jahren Fliegen zu merken, dass es zwar Spaß macht, mich jedoch nicht erfüllt. Ich brauchte einfach eine neue Herausforderung.“ Dieser Wunsch führt Christian zurück zu seinen Wurzeln: zur Naturverbundenheit und dem Leistungssport. Nur dieses Mal auf einem anderen Weg. „Zwei Dinge haben mich an Funktionskleidung seit jeher gestört: das Gefühl auf der Haut und wie oft man sie waschen muss.“
Challenge accepted
Noch während seiner Zeit als Pilot beginnt Christian deshalb, Bekleidung zu entwickeln, in der man sich dank Naturfaser auch nach dem Sport trocken und wie frisch angezogen fühlt. 2013 gründet er dafür seine Firma SCROC, der er sich nur wenige Jahre später ausschließlich widmet. Oder wie er sagen würde: „Eine Idee und kein Plan B.“ Massen- und Stangenware schließt er von Beginn an aus. Stattdessen tüftelt er mit Garn und macht sich auf die Suche nach Produktionen, die nur für sein Unternehmen spinnen und stricken. „Auch beim Material sind wir bis zum Ursprung der Qualitätswolle gegangen, zu acht sorgsam ausgewählten Schafbauern in Australien, die die Tiere füttern, streicheln und vor allem kein Mulesing, also keine qualvolle Lämmerverstümmelung, betreiben.“ Die spezielle Verarbeitung dieser tierleidfreien Merinowolle macht es heute möglich, dass die Kleidung mit ausreichend Auslüften sieben Tage lang frei von Schweißgeruch getragen werden kann, ohne sie zu waschen.
„Wie man sieht, ist mit Naturfaser so viel mehr möglich, als Socken oder Teppiche herzustellen. Und eigentlich liegt es auf der Hand, dass man nicht in ein ‚Plastiksackerl‘ schlüpft, um in die Natur zu gehen.“ Das inzwischen vollständige Sortiment wird in Europa produziert und ausschließlich über SCROC selbst vertrieben, der Transport und die Färbung erfüllen hohe Nachhaltigkeitsstandards. „Nur so können wir garantieren, dass von der Merinowolle bis zum Verkauf unserer Produkte alles zu 100 Prozent unseren Ansprüchen entspricht.“ Im eigenen Tempo, ohne Fremdfinanzierung und nicht um jeden Preis zu wachsen ist es, was Christian und sein Team auf ihrem Weg antreibt. „Dabei sind wir als absolute Quereinsteiger und mit null Erfahrung gestartet. Wenn wir heute zurückblicken, ist es schon ein Wahnsinn, was mit dem richtigen Mindset, Fokus und Leidenschaft alles zu schaffen ist.“_
3 Gründe, weshalb ich immer wieder gründen würde
#1
Trotz weniger Urlaub bin ich heute viel, viel flexibler – so kann ich jeden Tag mit meinen Kindern frühstücken und bewusst Zeit mit meiner Familie verbringen.
#2
Du hast zwar mehr Risiko, das macht einen aber umso engagierter.
#3
Für viele Vorgesetzte auf meinem Weg würde ich nie wieder arbeiten und meine eigenen Mitarbeitenden nie so behandeln, wie diese es getan haben. Unser Produkt
ist ein „WIR-Produkt“.
Redaktion
- David Bauer
Fotos
Apichamp, Richard Haidinger, SCROC, GettyImages