Profit durch EU-Politik
Als Exportbundesland Nummer eins profitiere Oberösterreich wirtschaftlich überdurchschnittlich von einer gut funktionierenden EU-Politik. Rund 25 Prozent der gesamtösterreichischen Exporte entfallen auf unser Bundesland. Die Exportquote wird am regionalen Bruttoinlandsprodukt gemessen und beträgt rund 60 Prozent.
„Es ist eine zu enge Perspektive, wenn ich sage, ich vertrete als EU-Parlamentarier die Interessen Oberösterreichs. Sondern indem ich dafür sorge, dass sich der europäische Binnenmarkt entsprechend gut entwickelt und der Verkehr von Gütern, Dienstleistungen und Personen möglichst ohne Einschränkungen funktioniert, kann sich ein Bundesland wie Oberösterreich gut entfalten“, spricht SPÖ-EU-Abgeordneter Josef Weidenholzer über seinen Einsatz für sein Heimatbundesland im Europäischen Parlament seit 2011.
Energieabhängige Grundstoffindustrie
ÖVP-Abgeordneter Paul Rübig sitzt seit 1996 im EU-Parlament. Welche Chancen der OÖ.Wirtschaftsraum durch die Europäische Union hat, verdeutlicht Rübig unter anderem mit zwei Zahlen: Während Firmen in Österreich an acht Millionen Konsumenten Produkte und Dienstleistung verkaufen können, gibt es in der Europäischen Union 500 Millionen Konsumenten. Gerade für Oberösterreich mit einer sehr energieabhängigen Grundstoffindustrie sei es extrem wichtig, dass man die internationalen Märkte offen hält. „Wir dürfen nicht in einen falschen Protektionismus fallen und eine Käseglocke über unser Bundesland stülpen“, so Rübig. Der Mief müsse aus der Käseglocke rausgelassen werden und mit den erweiterten Märkten ergeben sich Chancen für neue und gut bezahlte Arbeitsplätze.
„Die europäischen Konsumenten müssen viel Geld zahlen, weil eine europäische Zusammenarbeit in vielen Bereichen an nationalen Widerständen scheitert.“
Paul RübigÖVP-EU-Abgeordneter
Aktuell hat die Europäische Union rund zwei Prozent der weltweiten Fläche, sieben Prozent der weltweiten Bevölkerung, 25 Prozent der weltweiten Produktion, 50 Prozent der Sozialausgaben und 80 Prozent der Umweltausgaben. „In Zukunft wird es nicht leicht, diese Positionen noch auszubauen“, erklärt Rübig. Seit 2008 hat Europa acht Prozent der Industrieproduktion verloren und es gebe eine stark steigende Tendenz, was wiederum zur Auswirkung habe, dass es in den europäischen Randgebieten über 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit gibt. Als Beispiel für auch in Österreich steigende Arbeitslosigkeit nennt Rübig seine Heimatstadt Wels, wo die Arbeitslosigkeit bei den über 50-Jährigen seit dem vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen ist. „Wir können uns sicherlich nicht auf dem Kopfpolster ausruhen.“
Wachstumschancen
Die aktuellen Ziele der Reindustrialisierung und die Senkung der Energie- und Rohstoffexporte in der EU würden große Wachstumschancen für die oberösterreichische Wirtschaft bringen. „In Oberösterreich haben wir bereits eine Industriequote von 30 Prozent. Wenn das in anderen Regionen in Europa ebenfalls gelingt, wie etwa in unseren wichtigsten Exportmärkten, würde das einen massiven Schwung für die Wirtschaft in Oberösterreich bedeuten“, so Rübig.
Europa importiere aktuell Energie für 500 Milliarden Euro und Rohstoffe für 200 Milliarden Euro. Wenn Oberösterreich zukünftig auch nur einen kleinen Teil davon selbst produzieren könne, würden viele neue und gut bezahlte Jobs entstehen. Für dieses Wachstum sei vor allem das Umweltressort verantwortlich, weil jene Bereich zu definieren seien, wo diese Produktion nachhaltig möglich sei. „Dafür brauchen wir eine Strategie, die eine Win-Win-Situation zwischen Ökologie und Ökonomie bringt“, erklärt Rübig. In Österreich werde vollkommen unterschätzt, welche Entscheidungen von welcher Tragweite auf europäischer Ebene getroffen werden und welche Chancen sich durch gute europäische Rahmenbedingungen ergeben würden. „Unternehmen haben eigentlich nur Vorteile, wenn sie sich auf Europa einlassen“, so Weidenholzer.
Kosten des „Nicht-Europas“
In vielen Bereichen funktioniere die EU noch immer nicht gut und das koste den Konsumenten dreistellige Milliardenbeträge, hat Rübig im Konzept der „Kosten des „Nicht-Europas“ errechnen lassen. „Die europäischen Konsumenten müssen viel Geld zahlen, weil eine europäische Zusammenarbeit in vielen Bereichen an nationalen Widerständen scheitert.“
„Unternehmen haben eigentlich nur Vorteile, wenn sie sich auf Europa einlassen.“
Josef WeidenholzerSPÖ-EU-Parlamentarier
Eine Vertiefung des klassischen Binnenmarktes würde den EU-Bürgern jährlich etwa 235 Milliarden Euro sparen. Dafür brauche es eine Erleichterung der Bereitstellung grenzüberschreitender Dienstleistungen, wirksamere Regeln für den europäischen Verbraucherschutz und bessere Marktüberwachung des Produktmarktes. Ein weiterer Bereich, wo man sich durch eine Zusammenarbeit viel Geld sparen könnte, sei die Forschung. Ein Europäischer Forschungsraum würde innerhalb von 15 Jahren zu Effizienzgewinnen von mindestens einer Milliarde Euro im Jahr führen. Aktuell werden in Europa rund 85 Prozent der öffentlich finanzierten Forschung ausschließlich auf nationaler Ebene durchgeführt. Jährlich 50 Milliarden Euro würde ein stärker integrierter Energiebinnenmarkt in Europa an Gewinn bringen oder ein vollendeter Binnenmarkt im digitalen Bereich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 28 Mitgliedstaaten um mindestens vier Prozent erhöhen.
Oberösterreicher im EU-Parlament
Ein weiterer Oberösterreicher im EU-Parlament ist neben Paul Rübig (ÖVP) und Josef Weidenholzer (SPÖ) auch der FPÖ-Abgeordnete Franz Obermayr, der trotz mehrmaliger Anfrage für DIE MACHER nicht erreichbar war.
Die drei Abgeordneten sind in folgenden Ausschüssen des Parlaments tätig:
Paul Rübig (ÖVP):
- ITRE- Ausschuss für Industrie, Energie und Forschung
- BUDG- Haushaltsausschuss
- DEVE – Stellvertreter im Ausschuss für Entwicklungspolitik
Josef Weidenholzer (SPÖ):
- LIBE – Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
- DROI – Unterausschuss Menschenrechte
- IMCO – Stellvertreter im Ausschuss für Verbraucherschutz und Binnenmarkt
Franz Obermayr (FPÖ):
- INTA – Ausschuss für Internationalen Handel
- IMCO – Stellvertreter im Ausschuss für Verbraucherschutz und Binnenmarkt