Rezepte gegen das Karriere-Vakuum
Über eines waren sich die Referent:innen des HR-Brunches einig: Die Suche nach Fachkräften erfordert Kreativität und Einfühlungsvermögen. Die Ansätze der teilnehmenden Unternehmen sind allerdings sehr vielseitig. Einige von ihnen präsentierten ihre Strategien bei der Suche nach Mitarbeiter:innen und demonstrierten bei der anschließenden Diskussion konstruktive Uneinigkeit, welcher Pfad der richtige sei. Einen möglichen skizzierte Manfred Luger, Leiter der Abteilung Human Capital Management bei Business Upper Austria: „Anstatt automatisch nur an weitere Mitarbeiterbenefits zu denken, sollte intensiv in Führungskräfte, Weiterbildung und in das Betriebsklima investiert werden, um die Mitarbeiter:innen zu binden beziehungsweise neue Arbeitskräfte zu finden.“
Schneller ans Ziel
Bluesource, ein aufstrebendes Unternehmen für Mobile Solutions, setzt zum Beispiel auf Teambuilding, 35-Stunden-Woche, freie Zeiteinteilung und 4-Tage-Wochen in regelmäßigen Zeitabständen. „Natürlich muss die Leistung passen. Ein Marathon bleibt ein Marathon – es kommt nur darauf an, in welcher Zeit er absolviert wird“, meint CEO Roland Sprengseis. Gegenleistung der Mitarbeiter:innen: Während der Arbeit hat beispielsweise das Privathandy Sendepause. „Wenn Leerläufe im Arbeitsprozess minimiert werden, kann das notwendige Pensum in kürzerer Zeit erledigt werden. Deshalb sind auch Spitzenlöhne trotz weniger Arbeitsstunden möglich“, betont Sprengseis.
Ein Marathon bleibt ein Marathon – es kommt nur darauf an, in welcher Zeit er absolviert wird.
Roland Sprengseis (CEO, Bluesoure)
Von Linz nach Shenzhen
Eveline Pupeter, CEO von Emporia Telecom, berichtete, warum die Mobiltelefone des Linzer Unternehmens in der chinesischen Millionenstadt Shenzhen produziert werden. Nicht aus Kostengründen, sondern weil die Produktion in heimischen Gefilden eine „Mission Impossible“ wäre. „Wir würden nicht genügend Personal finden“, gesteht sie. Aus ihrer Sicht wurde bei der EU-Osterweiterung vieles verschlafen, um qualifizierte Arbeitskräfte nach Österreich zu bringen. Ihr Credo: „Wir stellen unseren Mitarbeiter:innen die Leiter auf, finanzieren alle Aus- und Weiterbildungsangebote und legen den Grundstein für Karrieren.“ Von Work-Life-Balance mit mehr Freizeit hält Pupeter wenig: „Die 3-Tage-Woche bringt nichts, weil in der Folgewirkung auch die Freizeitwirtschaft kollabiert. Stellen wir uns vor, dass auch Kino, Theater, Freizeitpark, Hallenbäder und andere Attraktionen nur mehr drei Tage geöffnet haben.“
Die 3-Tage-Woche bringt nichts, weil in der Folgewirkung auch die Freizeitwirtschaft kollabiert.
Eveline Pupeter (CEO, Emporia Telecom)
Motivation statt Belohnung
Einige Personalist:innen betonten, dass sie statt einem Belohnungsmodus, der sich auf Dauer abnützt, versuchen, auf die Talente der Bewerber:innen einzugehen. „So stellen wir sicher, dass die Menschen bei uns Jobs machen, die ihnen wirklich Spaß machen“, erklärt Andreas Berger vom Feuerwehrausstatter Rosenberger. Investitionen in Talente seien langfristig zielführender als Benefits, an die sich die Mitarbeiter:innen rasch gewöhnt haben. Berger sieht auch Homeoffice skeptisch: „In manchen Betrieben entsteht eine Zweiklassengesellschaft, weil in einigen Abteilungen nicht daheim gearbeitet werden kann.“
Bei einem Punkt herrschte Einigkeit: „Was wir heute als Benefit anpreisen, kann schon bald zum erwarteten Standard werden, den sich Bewerber:innen von einer Firma erhoffen. Vor allem junge Bewerber:innen wissen meist genau, was sie wollen: interessante Aufgaben, die auch Sinn machen“, sagt Andreas Edlinger von Fronius International. Selma Grössl, Personalchefin beim Linzer Personaldienstleister Epunkt, setzt auf eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich: „Das kann Sinn machen, um die Leistung und die Motivation zu erhöhen.“ Zeitmodellen mit zehn bis zwölf Arbeitsstunden an drei oder vier Tagen steht die Expertin kritisch gegenüber: „Das ergibt für mich keinen Sinn, weil die Belastung zu hoch wird.“
In manchen Betrieben entsteht durch Homeoffice eine Zweiklassengesellschaft, weil in einigen Abteilungen nicht daheim gearbeitet werden kann.
Andreas Berger (Senior Vice President HR, Rosenberger Group)
Eine Patentlösung gegen den Fachkräftemangel gibt es also (noch) nicht, aber vielseitige Ansätze, die sich gegenseitig befruchten können. Und der Austausch darüber ist mit Sicherheit ein erster Schritt in die richtige Richtung.