Wasser marsch!
Bevor dieser Befehl von Feuerwehrleuten überhaupt gegeben werden kann, steht eine ganze Kette an Prozessen von der Einsatzalarmierung bis zur Sichtung der örtlichen Gegebenheiten an. Um Letzteres zu erleichtern, entwickelt das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) mit seinen Partnern im Projekt FireWISE ein neuartiges Wissensmanagementsystem, das über 60 Datenquellen für das Thema Vegetationsbrände katalogisiert und nutzbar macht. Wir haben mit dem Area Manager für Data Science, Volkmar Wieser, über die Ziele und Potentiale des Projekts gesprochen.
Das Rezept für den Erfolg eines anwendungsorientierten Projektes? Man nehme ein starkes Team, große Begeisterung für das Thema und Inputs aus der Praxis, um die Relevanz zu testen. Im Fall von FireWISE gibt es alle drei Komponenten. Es handelt sich um ein gefördertes KIRAS-Projekt – das nationale österreichische Sicherheitsforschungsprogramm. Das SCCH übernimmt dabei die Rolle des Konsortialführers und arbeitet gemeinsam mit dem Disaster Competence Network Austria, NAST Consulting, dem Oö. Feuerwehrverband sowie Rosenbauer International an der Umsetzung.
Ursprünglich kam der Feuerwehrverband mit einem konkreten Fall aus der Praxis – dem Thema Waldbrände – auf das SCCH zu, erklärt Wieser. Ein ehemaliger Mitarbeiter des SCCH, Gerald Czech, ist mittlerweile beim Landesfeuerwehrverband für Strategie und wissenschaftliche Zusammenarbeit zuständig und setzte sich für das Finden einer Lösung ein. Christian Lettner, Senior Research Project Manager für Data Science, und ein Team aus zwei bis drei Forscherinnen und Forschern des SCCH nehmen sich seit eineinhalb Jahren des Projekts an.
Gefahren frühzeitig erkennen
FireWISE ist ein Wissensmanagementsystem und funktioniert wie ein großes Lexikon. Über 60 Datenquellen zum Thema Vegetationsbrände stehen den Feuerwehren zur Verfügung und werden je nach Suchanfrage übersichtlich dargestellt. Noch bevor ausgerückt wird, können sich die Einsatzkräfte ansehen: In welchem Gebiet befindet sich der Waldbrand? Wie ist die Steilheit des Geländes? Gab es in der Vergangenheit schon Brände an diesem Ort? Oder auch: Gibt es vorangegangene Berichte? Das erleichtert dein Einsatz wesentlich und reduziert die Gefahren, denen sich die Feuerwehrleute aussetzen.
Parallel zur technischen Umsetzung entsteht rund um FireWISE ein „Mensch–KI-Team“: Ein domänenspezifischer Wissensgraph mit Chat-Funktion verknüpft über 60 Datenquellen semantisch, beantwortet Freitextfragen in Sekunden und liefert ein orts- sowie lagebezogenes Situationsbild mit transparenten Quellenverweisen. Das System ist adaptiv und lernfähig, es verbessert sich durch Nutzerfeedback und kann auf neue Datenquellen rasch integrieren. Begleitend analysiert eine sozialwissenschaftliche Studie die Akzeptanz und den verantwortungsvollen Einsatz in Österreichs Feuerwehren. Wichtig bleibt: Der Mensch trifft die Entscheidung, die KI unterstützt, nicht umgekehrt, betont Wieser.
Dass FireWISE am Puls der Zeit ist, zeigen Klimawandel und steigende Trockenheit, die die Waldbrandgefahr auch in Österreich erhöhen. Entscheidend ist jedoch der konkrete Nutzen: weniger Such-und Abstimmungsaufwand vor dem Ausrücken, konsistentere Entscheidungen auch bei Personalwechseln und mehr Sicherheit im Einsatz. Durch seinen generischen Wissensgraph-Ansatz lässt sich FireWISE schnell auf weitere Anwendungsfelder übertragen, von Hochwasser bis zu anderen Umweltgefahren. Kurz gesagt: eine belastbare Informationsbasis, schnell zugänglich, adaptiv und lernend. Forschung, die unmittelbar in der Praxis wirkt._
Redaktion
- Melanie Kashofer
Fotos
SCCH, Pixabay