Was wir lernen können von: Claudia Plakolm
Und wie bitte geht das? Wie führt man so ein großes Team? Woher nimmt man das Selbstbewusstsein, um seine Anliegen durchzubringen, um vor hochrangigen Politiker:innen (manche davon doppelt so alt) eine Rede zu halten? Im sehr sympathischen Mühlviertler Dialekt verrät sie uns, was sie antreibt, welche Lehren sie aus der Krise zieht, was sie verändern möchte und warum es ihr „wurscht“ ist, was ihre engsten Freundinnen wählen.
#1 Musik an. Motivation an.
Das Frühstück ist es nicht, das Claudia Plakolm, bekennende Langschläferin (jedenfalls am Wochenende), am Morgen motiviert, aus dem Bett zu steigen. Sie frühstückt nämlich gar nicht. Nein, keine Sorge, „ich hole das dann beim Mittag- und Abendessen eh wieder auf“, sagt sie und schmunzelt. Für den Start in den Tag setzt die Mühlviertlerin aber erstmal auf den Genuss für ihre Ohren. „Musik ist für mich ein großer Motivator. Ich höre schon Musik, wenn ich mich in der Früh ins Auto, in die Straßenbahn oder in den Zug nach Wien setze.“ Sie hört aber nicht nur gern Musik, sie macht auch selbst Musik. „Seit meinem 10. Lebensjahr spiele ich im Musikverein Posaune. Musik beeinflusst einfach die Stimmung sehr, sehr stark, das motiviert mich total.“
#2 Angespannt? Spannend!
Wenn Claudia Plakolm im Parlament am Rednerpult steht, dann legt sie eine Gelassenheit und ein Selbstbewusstsein an den Tag als hätte sie jahrzehntelang nichts anderes gemacht. Was sich rein rechnerisch aber schon mal gar nicht ausgeht. Sie winkt lachend ab: „Der Schein trügt manchmal schon sehr. Also wenn ich im Parlament spreche, dann hab ich nach wie vor auch nach vier Jahren viel Respekt davor, wenn mein Name aufgerufen wird und ich zum Rednerpult gehe.“ Aber es sei eine große Ehre und ein „bissl Nervosität gehört dazu. Das zeigt, dass es einem wichtig ist und dass man die Aufgabe gern macht.“ Und die Anspannung leiste ja auch ihren Beitrag, dass man schlussendlich gute Arbeit macht.
#3 Augen und Ohren auf!
Am Politikerdasein gefällt Claudia Plakolm vor allem, dass jeder Tag unterschiedlich ausschaut, dass es ein sehr abwechslungsreicher Job ist, bei dem man „Gott sei Dank auch viel unterwegs ist und mit Menschen ins Gespräch kommt. Schon alleine das gibt einem die Kraft, weiterzumachen.“ Am wichtigsten sei für sie, „draußen zu sein, unterwegs zu sein und dabei immer Augen und Ohren bei den Menschen zu haben.“ Sie verstehe die Aufgabe als Sprachrohr in zwei Richtungen. „Einerseits bin ich das Sprachrohr von jungen Menschen, von Oberösterreichern, von Mühlviertlern im Parlament in Wien im Nationalrat. Und umgekehrt muss ich auch das Sprachrohr zurück sein.“ Es gehe ihr darum, für Jugendliche Politik verständlich zu machen. „Ich möchte zeigen, wie Beschlüsse, die wir in Wien machen, einen Vorteil für jeden Einzelnen bringen.“
#4 Krisen? Sind zum Lernen da.
Lehren aus Krisen zu ziehen, das müsse der große Aspekt der Politik sein, erklärt Plakolm. „Viele Schülerinnen und Schüler berichten mir, dass der Fernunterricht nicht nur Nachteile mit sich brachte.“ Viele hätten sich dadurch besser angesprochen gefühlt und konnten dadurch Schulinhalte leichter wiederholen. „Ich wäre so eine gewesen, die sich Unterrichtssequenzen von Mathe oder Physik gern öfter angesehen hätte.“ Hybrider Unterricht sollte daher auch in Zukunft Thema sein, ist sie überzeugt. „Man muss die digitalen Medien gut nutzen in der Schule.“
#5 Fokussieren!
„Unser großer Fokus muss im Bereich Bildung und Beschäftigung von Jugendlichen liegen“, sagt Plakolm. Wichtig sei dabei vor allem, den Stellenwert der Lehre zu heben. Dazu brauche es das Bewusstsein, dass Lehrlingen genauso Möglichkeiten offen stünden wie Student:innen. „Man kann etwa auf Erasmus-Auslandssemester gehen, das wissen aber viele gar nicht. Man kann seine praktische Ausbildung mit niederschwelligem Zugang zu FHs fortsetzen, Meisterprüfungen machen, selbstständig werden.“ Sie möchte, dass jede:r Jugendliche weiß, dass er oder sie gebraucht wird. „Für das Comeback der Wirtschaft braucht es junge Leute mit Ideen, mit Kreativität, die auch den Mut haben, Unternehmen zu gründen.“ Ihr Job dabei? „Dazu muss die Politik gute Rahmenbedingungen schaffen, damit junge Leute sich wohlfühlen, dass sie sich entfalten können.“
#6 Auf Augenhöhe diskutieren.
„Mir ist wichtig, dass wir echte Vertretung für Jugendarbeit machen“, stellt Plakolm klar. „Wir sitzen an den Verhandlungstischen, auch in der Bundesregierung – Sebastian Kurz zähle ich auch noch als JVPler, er ist ja mein Vor-Vorgänger, der sich viele Jugendthemen ins Bundeskanzleramt mitgenommen hat. Und ich glaube, da können wir insgesamt sehr, sehr viel bewegen.“ Dazu müsse man auch den Mut haben, als junge ÖVP unangenehm zu sein. „Weil es so viele Themen gibt, gerade in punkto Generationengerechtigkeit, die nur wir Jungen ansprechen können.“ So klinge etwa das Thema Pensionen am ersten Blick eher nach Seniorenthema, sei aber ganz klar ein Jugendthema. „Jugendpolitik ist de facto jede Entscheidung, die in einem Gemeinderat oder in einem Parlament getroffen wird, ob Steuerreform oder anderes – alles hat schließlich Konsequenzen auf die nächtsen Generationen.“ Nachhaltige Politik bedeute für sie, nicht nur ökologische Aspekte zu berücksichtigen, sondern auch den Schuldenrucksack, der durch die Pandemie entstanden ist. Das Diskutieren auf Augenhöhe funktioniere pareiintern sehr gut, sagt sie. „Ich treffe mich regelmäßig mit Oberösterreichs Seniorenbundlandesobmann Josef Pühringer und tausche mich mit ihm über Jugendthemen aus, da wird auf Augenhöhe diskutiert.“ Es brauche daher auch in Zukunft einen guten Mux an Politiker:innen. Das Bild der überwiegend Krawatten tragenden Über-50-Jährigen im Parlament sei stark aufgebrochen worden: „Es sind viele Frauen, jeder hat so seine eigene Brille auf, bringt seine eigene Perspektive ein, hat einen anderen privaten Hintergrund, kommt aus einer anderen Region. Ich glaube, diese Mischung macht‘s, damit wir auch wirklich die breite Gesamtheit vertreten können.“
#7 Ins kalte Wasser springen und hartnäckig bleiben.
Mut und Zutrauen seien ihre ständigen Begleiter, antwortet Claudia Plakolm auf die Frage nach ihrem Erfolgsrezept. „Die beiden Zutaten muss man sich hin und wieder einfach nehmen, man kann sie nicht kaufen.“ Daher schmeiße sie sich manchmal selbst ins kalte Wasser und gibt sich einen Ruck. Das bedeute auch, durchaus mal anzuecken. „Politik ist das Bohren harter Bretter, sagt man immer. Wenn man mal die kleine Zehe in der Tür drin hat, muss man schauen, dass man irgendwann den Fuß ganz in der Tür hat.“ Dazu müsse man dranbleiben. „Und dann werden gewisse Dinge auch umgesetzt – das 1-2-3-Klimaticket ist zum Beispiel schon in vielen Regierungsprogrammen gestanden und jetzt mit der türkis-grünen Bundesregierung gehen wir dieses Thema endlich an, damit man österreichweit mit einem Ticket mit allen Öffis fahren kann, das ganze Jahr über zu einem extrem günstigen Preis.“ Überhaupt habe sie sich viele Themen noch aus ihrer Zeit als Schulsprecherin ins Parlament mitgenommen. „Ob das politische Bildung als eigenständiges Unterrichtsfach ist oder auch gesetzlich verankerte Schülerparlamente.“
#8 Raus aus der Durchschnittsfalle!
„Wer immer nur in Fußstapfen tritt, kann nie überholen und kann nicht seine eigenen Spuren hinterlassen.“ Der Spruch stand mal bei einem Seminar am Schluss am Flipchart. „Den hab ich mir in mein Notizbuch geschrieben und das ist nun so ein Leitspruch, der mich motiviert.“ Man müsse schließlich nicht immer das Gleiche machen, was seine Vorgänger gemacht haben – „Ich möchte den Mut haben, meinen eigenen Weg zu finden und dazu hab ich auch meinen eigenen Schädel, den ich versuche, durchzusetzen“, sagt sie und lacht.
#9 Das Gute liegt manchmal tatsächlich ganz nah.
Meer oder Berge? Die Entscheidung ist ganz klar für Claudia Plakolm: „Berge!“ Gerade eben habe sie Urlaub in Hinterstoder, also gar nicht weit von ihrem Heimatort Walding, gemacht. „Ich bin auf einem Bauernhof großgeworden, ich hab drei Geschwister und wir waren seit jeher immer drei Generationen unter einem Dach. Das war eine schön abwechslungsreiche Kindheit, weil immer was zu tun war.“ Gerade im Sommer, wenn andere in die Ferne auf Urlaub gefahren sind – „haben wir daheim mitgeholfen und sind in Oberösterreich geblieben.“ Und das zeige sich heute noch bei ihr. „Mich zieht‘s gar nicht so sehr in die Ferne, weil‘s mir daheim so gefällt.“ Das schätze sie heute noch viel mehr als damals in ihrer Kindheit.
#10 Sich selbst treu bleiben und dabei offen für Kritik sein.
„Als ich damals ins Parlament gekommen bin, haben mir viele Leute daheim gesagt: Claudia, verstell dich ja nicht, bleib, wie du bist. Nimm dir das mit von daheim und lass dich auch regelmäßig daheim sehen, weil dann sagen wir dir unsere Meinung.“ Und ja, das würden sie tatsächlich tun. „Man braucht ein Umfeld, wo man ehrliche Rückmeldungen kriegt. Für mich sind das nicht nur die Leute daheim, sondern auch mein ganz enger Freundeskreis, meine Schulfreundinnen.“ Sie wisse übrigens bis heute nicht, welche Partei diese wählen würden. „Aber das ist mir auch ziemlich wurscht, da kriegt man ehrliche, direkte Rückmeldungen, und das ist mir extrem wichtig.“