
Von Mexiko nach Gunskirchen
Zwischen Gunskirchen und Mexiko liegen nicht nur 10.000 Kilometer, sondern auch ein neuer Blick auf Führung. Mario Gebetshuber, der neue Geschäftsführer von BRP-Rotax, hat beide Welten erlebt – und bringt nun einen Führungsstil zurück nach Oberösterreich, bei dem die Menschen im Mittelpunkt stehen.
Es ist still an diesem Zwickeltag auf dem BRP-Rotax-Gelände in Gunskirchen. Der Parkplatz ist leer, das Werksgelände ruhig. Und dennoch – oder gerade deshalb – ist Zeit für ein Gespräch mit Mario Gebetshuber, seit Dezember 2024 Geschäftsführer des oberösterreichischen Motorenherstellers. Gemeinsam mit Peter Ölsinger und Stefan Arndt bildet er die Geschäftsführung bei BRP-Rotax. Seine Verbindung zum Unternehmen besteht aber schon viel länger. „Ich habe eigentlich immer schon gewusst, dass BRP-Rotax mein berufliches Zuhause sein könnte – und sein sollte.“
Für den gebürtigen Oberösterreicher war der Weg ins Unternehmen früh klar. Bereits sein Vater hatte 45 Jahre bei Rotax gearbeitet, als Kind war er bei den Weihnachtsfeiern mit dabei. Nach der HTL in Wels begann er 1996 bei Rotax – als Montagemitarbeiter. Es folgten Stationen in der Entwicklung, in der Produktion und viele Jahre Auslandserfahrung, unter anderem in Indien, Kanada – und vor allem Mexiko. „Ich habe in den fast 30 Jahren viele Perspektiven kennengelernt und erlebt, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen.“ In Mexiko leitete er zuletzt den größten BRP-Standort weltweit – eine prägende Erfahrung, beruflich wie menschlich.
Gescheitert. Gelernt. Gewachsen.
In seiner Karriere lief nicht alles rund – und Mario geht damit offen um. „Der größte Fehler in meiner Laufbahn war, bei dem Wechsel nach Mexiko zu unterschätzen, wie wichtig das Zwischenmenschliche in der dortigen Kultur ist.“ Der in Österreich erfolgreiche, stark leistungsorientierte Führungsstil funktionierte dort nicht – zumindest nicht in Bezug auf Mitarbeitermotivation. „Das war ein Umdenkprozess, der nicht einfach war, wenn man 20 Jahre lang gutes Feedback für den eigenen Stil bekommen hat.“
Mit Unterstützung eines Coaches und durch Reflexion gelang der Wandel. „Ich bin nicht stolz auf diese Phase – aber das Learning war immens.“ Und: „Es hat gezeigt, dass es gelingen kann, den Führungsstil so zu wechseln, dass sich die Mitarbeitenden wirklich wertgeschätzt fühlen.“ Diese Erkenntnis prägt seine Haltung bis heute – und hat auch seinen Führungsstil in Österreich verändert. Umso wichtiger ist für ihn, auch in seiner aktuellen Rolle im Unternehmen eine gute Fehlerkultur zu etablieren. Eine, die statt „Finger Pointing“ immer die Frage stellt: Was kann man aus Fehlern, die zweifelsohne passieren, lernen?
Gemeinsame Sache
Wie führt man ein Team von über 1.500 Menschen? Für Mario ist die Antwort klar: durch Zuhören, Vertrauen und Kommunikation auf Augenhöhe. Entscheidend sei ein klarer Purpose, also das gemeinsame Ziel. „Dann sind die Leute motiviert –
manchmal sogar so sehr, dass man ihnen sagen muss: Pass auf dich auf, mach mal ein bisschen langsamer.“ Die Motivation sei spürbar, die Identifikation groß – wenn das Umfeld stimme. Und dieses Umfeld zu schaffen, sieht er als seinen Auftrag.

„Mein Blut hat einen Benzinanteil“
Es ist eine Henne-Ei-Frage, ob die Verbindung zur Marke Rotax, die schon in seiner Kindheit begann, Marios Leidenschaft zum Motorsport prägte, oder ob es andersrum war. Doch wie er selbst sagt: „Mein Blut hatte schon immer einen Benzinanteil.“ Motoren sind nicht nur sein Beruf, sondern auch sein Ausgleich. Wenn auch auf etwas andere Art und Weise: statt im Chefsessel auf dem Motorradsattel. „Zwei Stunden auf dem Motorrad, in der Steiermark oder am Red Bull Ring. Das gibt Energie für viele, viele Wochen. Da kann ich Kraft tanken und mich erholen.“
Die Leidenschaft wird noch spürbarer, als wir bei der Führung durch die Firma an einem ausgestellten Gefährt vorbeigehen. Marios Augen leuchten auf, und so schnell können wir gar nicht schauen, hat er bereits auf dem Elektromotorrad Platz genommen. „Das ist das allerneueste Modell, ist gerade erst rausgekommen“, schwärmt er begeistert. Er selbst habe bereits zwei davon bestellt – eins für sich selbst und eins für einen seiner Söhne. Allerdings ist nicht das Motorrad sein absolutes Powersportfahrzeug. Ein Blick auf ein Bild, das die Wand hinter seinem Schreibtisch schmückt, verrät es: „Schneemobile sind mein liebstes Produkt aus unserem Portfolio. Das ist übrigens die beste Erfahrung, die man machen kann – im Tiefschnee auf 3.000 Metern dahingleiten. Das ist wie Fliegen. Ein unbeschreibliches Gefühl!“
100 Jahre Vergangenheit – 100 Jahre Zukunft
BRP-Rotax steht für über 100 Jahre Innovationskraft. Und für einen klaren Blick nach vorn. „Was alle meine Vorgänger geschafft haben, war, das Unternehmen an die Rahmenbedingungen der Zeit anzupassen und es noch erfolgreicher zu machen.“ Genau das sieht Mario auch als seine Aufgabe: „Innovation entsteht dort, wo Ideen und exzellente Umsetzung eng zusammenspielen. Deshalb setzen wir in Gunskirchen weiterhin auf beides: die Entwicklung und die Produktion von Hochleistungsmotoren.“
Hohe Energiekosten, strenge Regulierung, globaler Wettbewerb: All das verlangt neue Antworten. Neben der Führungskultur sind es für Mario und sein Führungsteam vor allem drei strategische Prinzipien, die BRP-Rotax zukunftsfähig machen: Effizienz, Lösungsorientierung und technologische Innovationskraft – sowohl am Standort als auch im BRP-Konzern.
Was BRP-Rotax besonders stark mache, sei das ganzheitliche Portfolio. „Wir bieten alles, von der Idee bis zum After-Sales – für Verbrennungsmotoren genauso wie für Elektroantriebe.“ Von der Straße über das Wasser und den Schnee bis hoch in die Luft und weit über die Rennstrecke – es gibt nur ein Terrain, das BRP-Rotax nicht bedient: „U-Boote bauen wir nicht. Noch nicht“, meint der Geschäftsführer mit einem Augenzwinkern. Was er sich wünscht? Dass der Standort auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitsplatz bleibt – vielleicht sogar für seinen Sohn. Die Weichen dafür sind gestellt. Und das Benzin im Blut? Es fließt weiter._
# Gedankensprung
mit Mario Gebetshuber
Meinem 20-jährigen Ich rate ich_Mach dir selber nicht zu viel Druck.
Eine Woche in einer anderen Rolle bei BRP-Rotax_würde ich an der Montagelinie verbringen.
Meinen Tag starte ich_mit Kaffee und damit, den Tag vorzubereiten.
Das treibt mich an_lächelnde Gesichter.
Mein Lieblingsmoment der letzten 6 Monate_das Zurückkehren nach Gunskirchen.
Redaktion
- Zofia Wegrzecka
Fotos
Antje Wolm