Non-Fungible Token (NFT) als Gamechanger
Ein kurzer Ausflug zu den Themen Blockchain und Kryptowährungen
NFT teilen mit Kryptowährungen wesentliche Eigenschaften. Beiden gemein ist, dass sie auf der Distributed-Ledger-Technologie basieren, auf der auch die Blockchain basiert. Um ein Verständnis für NFT zu entwickeln, soll vorweg die Blockchain in aller Kürze erklärt werden:
Die Blockchain ist eine Datenbank im Sinne eines gemeinschaftlich, dezentral geführten digitalen Registers, die sich durch Fälschungssicherheit auszeichnet. Die Blockchain besteht aus aneinandergereihten Datenblöcken, welche Transaktionsprotokolle oder andere Informationen enthalten. Die Datenblöcke werden jeweils durch einen digitalen Fingerabdruck (sog. Hash) gesichert und mittels Hash miteinander verknüpft. Jeder Datenblock enthält sowohl einen eigenen Hash, als auch den Hash des vorherigen Blocks, wodurch zwei aufeinanderfolgende Datenblöcke miteinander verknüpft werden. Werden nun die Informationen in einem Datenblock geändert, ändert sich auch sein Hash(wert), wodurch die Kette durchbrochen wird. Durch diesen Mechanismus und die Tatsache, dass jeder Teilnehmer im Blockchain-Netzwerks über eine vollständige und laufend aktualisierte Kopie der Blockchain verfügt, werden nachträgliche Veränderungen und somit unbemerkte Manipulationen nahezu unmöglich.
NFT und Kryptowährungen
Ein NFT ist ein quasi unveränderliches und nicht kopierbares Echtheitszertifikat, welches ein mit einem NFT verknüpftes Vermögensgut eindeutig einem Besitzer zuschreiben und als Original kennzeichnen kann. Im Gegensatz dazu bestehen Kryptowährungen (etwa Bitcoin, Ether) in größerer Anzahl und sind einheitlich ausgestaltet; sie sind folglich austauschbar. Um dies zu veranschaulichen, ein Beispiel: Eine Einheit einer Kryptowährung ist vergleichbar mit einem 5-Euro-Schein. Ob Sie einen 5-Euro-Schein aus ihrem Portemonnaie ihr Eigen nennen oder diesen gegen einen ihres Kollegen oder ihrer Kollegin tauschen, ist irrelevant: Jeder 5-Euro-Schein hat den gleichen Wert. Wenn Sie jemandem einen 5-Euro-Schein „leihen“, erwarten Sie nicht, dass dieser Ihnen genau denselben 5-Euro-Schein zurückgibt. Genauso verhält es sich auch mit einer Einheit einer Kryptowährung. Es ist unerheblich, welche sie besitzen: ein Bitcoin etwa ist und bleibt ein Bitcoin und jeder Bitcoin ist gleich viel wert.
NFT hingegen sind nicht austauschbar. Ein NFT kann übertragen, aber nicht einfach gegen „denselben“ NFT getauscht werden. Jeder NFT hat eine eindeutige Identifikation und stellt somit ein Unikat dar, welches ge-wisse Rechte wie etwa das Eigentumsrecht an einem digitalen Vermögenswert (z.B. digitales Kunstwerk) oder an einem realen Gut wie einer Immobilie verbrieft. Durch die Speicherung auf der Blockchain werden die bereits beschriebenen Vorteile der Blockchain genutzt. Insbesondere wird Publizität und somit Transparenz hinsichtlich Herkunft und Eigentum an einem Vermögenswert geschaffen. Anschaulicher wird die Einmalig-keit, wenn man sich ein NFT wie ein originales physisches Dokument vorstellt, das etwa das Eigentumsrecht an einem originalen Kunstwerk verbrieft. In diesem Fall ist – im Gegensatz zu dem Beispiel des 5-Euro-Scheins – eben nicht irrelevant, welche Urkunde sie besitzen. Es gibt nur ein Originalkunstwerk und eine dazugehöri-ge Originalurkunde. NFT unterscheiden sich – wie auch Urkunden – inhaltlich voneinander, sodass in diesem Fall gilt: NFT ist nicht gleich NFT.
Die Blockchain ist eine Datenbank im Sinne eines gemeinschaftlich, dezentral geführten digitalen Registers, die sich durch Fälschungssicherheit auszeichnet.
Christopher Falke
Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Stadler Völkl Rechtsanwälte
Vielfältige Anwendungsbereiche: Kunst, Sammelkarten, Immobilien, …
Das weltweit führende Auktionshaus Christie’s betreffend Kunst- und Antiquitäten ist seit dem 11. März 2021 im „digitalen Kunstzeitalter“ angekommen. An diesem Tag versteigerte Christie’s – als erstes großes Auktionshaus – ein rein digitales Kunstwerk des Künstlers Beeple für mehr als sage und schreibe US$ 69 Millionen. Auch Lionel Messi, einer der besten und bekanntesten Fußballer der Welt, hat mittlerweile eine eigene NFT-Kollektion in Form von digitalen Kunstwerken, welche versteigert wurden. Aber auch in Österreich sind NFT mittlerweile in aller Munde, wie nicht zu Letzt die Sonderausstellung „PROOF OF ART“ im Francisco Carolinum Linz, die sich ganz dem Thema NFT widmete, oder die NFT des Künstlerkollektivs Cryp-toWiener zeigen. Über den Kunstmarkt hinaus, welcher momentan der wohl am stärksten durch den NFT-Hype geprägte Bereich ist, bestehen diverse andere Anwendungsfälle. Zu denken ist hier an NFT-Ticketing, bei dem Karten für Veranstaltungen wie etwa Sportereignisse und Konzerte als NFT auf der Blockchain ge-speichert und digital verkauft werden. Aufgrund der Fälschungssicherheit und der eindeutigen Zuweisung des Tickets zum Käufer wird es Fälschern – im Vergleich zum traditionellen, physischen Ticketverkauf – gera-dezu unmöglich gemacht, Fälschungen an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Auf dem Schwarzmarkt für klassische Tickets werden diese oftmals zu horrenden Preisen weiterverkauft. NFT-Ticketing kann grundsätz-lich zur Ausschaltung des Schwarzmarkts und bei entsprechender Ausgestaltung dazu führen, dass bei einem Weiterverkauf Künstler, Sportler, Veranstalter und dergleichen an einem Weiterverkauf finanziell beteiligt werden können.
Aber nicht nur im Kunstbereich, sondern auch im Musikbereich werden NFT mittlerweile genutzt. Während es im Bereich der (bildnerischen) Kunst in der Regel um das Erschaffen einzigartiger Originale geht, liegen die Herausforderungen im Musikbereich eher bei der Verbreitung & Distribution. Je mehr Leute ein Lied oder Album erwerben oder streamen, desto mehr Umsatz wird generiert. Mittels NFT lassen sich auch von digita-len Musikdateien, welche grundsätzlich auf einfache Weise kopiert werden könnten, Originale erzeugen. Darüber hinaus kann mittels NFT etwa das Recht verkauft werden, ein neues Musikalbum vor der Veröffent-lichung zu hören. NFT ermöglichen somit eine neue Form der Verwertung & Distribution.
Auch abgesehen von der „digitalen Welt“ spielen NFT mittlerweile eine Rolle. Nicht nur digitale Werke kön-nen mit einem NFT verknüpft werden, sondern auch reale Güter wie etwa Immobilien. Durch die Verknüp-fung von realen Gütern mit NFT wird sichergestellt, dass in Bereichen, in denen eine geschlossene Titelkette – im Sinne einer durchgehend publiken und nachvollziehbaren Rechteübertragung – notwendig ist, eine lückenlose Dokumentierung vorliegt.
Neben den bereits genannten Anwendungsbereichen lassen sich noch weitere Beispiele nennen. Marvel Co-mics hat erst im August drei alte Comics, in denen bekannte Superhelden erstmals ihren großen Auftritt hatten, als NFT aufgelegt. Panini, der bekannte Hersteller von Stickern und Sammelkarten, hat in Amerika mittlerweile NFT-Sammelkarten von Sportlern bekannter Sportligen auf den Markt gebracht. Erste Unter-nehmen arbeiten an der Verknüpfung von NFT und Gesundheitsdaten. Dies alles lässt erkennen und erah-nen, wieviel Potenzial in NFT steckt, welches auf vielfältige Art und Weise nutzbar gemacht werden kann.
NFT und Recht: Ein kurzer Ausblick
Wie jede (neue) Technologie bringen auch die Distributed-Ledger-Technologie und NFT knifflige rechtliche Fragestellungen und regulatorische Herausforderungen mit sich. Im Bereich des Urheberrechts können NFT als Herkunftsnachweis fungieren, andererseits können mittels NFT Verwertungsrechte (Lizenzen) eingeräumt werden. Wer NFT als Geschäftsmöglichkeit für sich entdeckt hat, wird seine NFT am Markt anbieten und in der Regel auch bewerben. In diesem Zusammenhang ist das Lauterkeitsrecht zu beachten, da bei mangeln-der Information über die mit einem NFT verbundenen Rechte eine Irreführung vorliegen kann. Und auch im Bereich des Aufsichtsrechts sind NFT ein Thema, mit der sich nationale sowie der europäische Gesetzgeber intensiv beschäftigen. Die EU-Kommission hat kürzlich einen ersten Entwurf einer EU-Geldwäscheverordnung veröffentlicht und ist vom erst vor wenigen Jahren verankerten Begriff der virtuellen Währungen abgegan-gen, hin zum Begriff Kryptowert / Crypto Asset. Dies würde nach derzeitigem Stand bedeuten, dass NFT zukünftig (mit Inkrafttreten der Verordnung) als Kryptowerte qualifiziert werden und wohl in den Anwen-dungsbereich der Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gemäß der EU-Geldwäscheverordnung fallen werden.
Ob ein öffentliches Angebot von NFT zudem einer Prospektpflicht unterliegt, kann mangels einer Stellung-nahme der Aufsichtsbehörde nicht abschließend beantwortet werden. Eine Prospektpflicht setzt voraus, dass NFT als übertragbare Wertpapiere oder Veranlagungen im Sinne des Kapitalmarktgesetzes zu qualifizie-ren sind. Aufgrund der fehlenden Standardisierung von NFT und der fehlenden Vergleichbarkeit mit anderen Wertpapiergattungen ist davon auszugehen, dass NFT keine übertragbaren Wertpapiere darstellen. Eine Einstufung von NFT als Veranlagung erscheint unter anderem mangels Vorliegens einer Risikogemeinschaft der Anleger auszuscheiden. Mangels gerichtlicher oder behördlicher Entscheidungen raten wir hier freilich noch zu Vorsicht und genauer rechtlicher Abklärung, bevor NFT ausgerollt werden. Die EU-Kommission hat erst im Vorjahr den Vorschlag einer Verordnung über Märkte für Kryptowerte („MiCA“) vorgestellt, der die Schaffung eines unionsweiten Rechtsrahmens für öffentliche Angebote sowie Dienstleistungen im Zusam-menhang mit Kryptowerten vorsieht. Nach dem derzeitigen Stand der MiCA stellen NFT zwar Kryptowerte dar, jedoch sind nicht-fungible Token explizit von den Verpflichtungen der MiCA ausgenommen. Inwiefern es hierbei noch zu Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsprozesses kommen wird, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.
Fazit
NFT haben insbesondere heuer dafür gesorgt, dass „frischer Wind“ durch die Kunstwelt wehte. Darüber hinaus zeigt sich, dass NFT in anderen Lebens- und Geschäftsbereichen nach und nach Einzug finden. Inwie-fern sich NFT dauerhaft etablieren, wird die Zeit zeigen. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass NFT sowohl Kon-sumenten als auch Unternehmen vielfältige Möglichkeiten bieten. Ob es nun um Sammelobjekte oder NFT-Tickets geht: Der Vormarsch von NFT scheint noch lange nicht am Ende angelangt zu sein. Die bereits be-kannten Anwendungsfälle machen Lust auf die Zukunft.
Inwiefern sich NFT dauerhaft etablieren, wird die Zeit zeigen.
Arthur Stadler
Partner bei Stadler Völkel Rechtsanwälte