Diskussion über die heimische Universitätspolitik im internationalen Vergleich
In Österreich gibt es rund 330.000 ordentliche Studierende – 84 Prozent davon sind auf einer Uni, der Rest, 16 Prozent, studieren auf einer FH, gibt Gerlinde Pöchhacker-Tröscher von Pöchhacker Innovation Consulting, einen kurzen Einblick in eine kürzlich durchgeführte Studie über das österreichische Universitätssystem im internationalen Vergleich.
Österreich gibt mit 15.625 Euro pro Student mehr aus als das OECD-Mittel mit 13.935 Euro. Österreichische Absolventen sind im OECD-Vergleich sehr jung, Frauen (40 Prozent) schließen das Studium häufiger ab als Männer (28 Prozent). Studierende in Österreich brauchen für Bachelorstudien im Schnitt 8 Semester, für Diplomstudien 12,3 Semester, für Masterstudien 5,6 sowie Doktoratsstudien 9,8.
In Österreich gibt es hohe Drop-out-Quoten: Es werden weniger als die Hälfte (47,8 Prozent) aller begonnenen Studien abgeschlossen. 23,3 Prozent der Studierenden schließen ein Bachelorstudium ab – das ist der niedrigste Wert in 15 analysierten OECD-Staaten.
Österreich hat mit 29 Prozent eine der höchsten MINT-Quoten (inklusive HTL) – allerdings stagniert die Quote im Unterschied zu anderen Ländern, wo diese steigt und es studieren nur sehr wenige Frauen (25 Prozent) technische Fächer.
Österreich darf sich laut Greiner-CEO Axel Kühner mit den Zahlen des Universitätssystems nur zufrieden geben, wenn wir uns zu einem Niedriglohnland entwickeln wollen: „Wir können uns im internationalen Wettbewerb nur mit Innovation, Kreativität und besonders guten Leistungen profilieren – wenn wir schauen, wo wir heute wirtschaftlich stehen und wo andere Länder stehen, sind wir noch viel schlechter.“ Österreich müsse daher „Gas geben!“
„Wir schaffen es nicht, dass die jungen Leute von sich aus das Richtige studieren – Stichwort ‚akademische Taxifahrer’“, kritisiert IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch.
Man müsse die Anzahl der Studienplätze mehr nach dem Bedarf der Wirtschaft ausrichten, sind sich Pöchhacker-Tröscher und Haindl-Grutsch einig. ÖH JKU Linz-Vorsitzender Edin Kustura widerspricht: Der Arbeitsmarkt verändere sich aktuell so rapide, dass es dann plötzlich für die Absolventen wieder keinen Bedarf geben könne.
„Wer steigt heute in einen Bus und fragt nicht, wo der hinfährt?“, zieht Kühner einen Vergleich, dass sich junge Menschen vor Studienbeginn mit ihrer Studienauswahl beschäftigen müssen. Jugendliche würden das können, wir müssten sie nur dazu bringen, dass sie das auch machen. Die jungen Menschen würden aktuell leider unterschiedliche Handymodelle genauer als Studien vergleichen.
Haindl-Grutsch befürwortet Studiengebühren, nachdem diese in Österreich aber ein absolutes No-Go seien, seien Stipendien eine Alternative, um Anreize zu schaffen. JKU Linz-Vizerektor Andreas Janko glaubt, dass man mit Studiengebühren „viele Lenkungseffekte“ erzielen könnte. Kühner ist ähnlicher Meinung: Mit Studiengebühren könne man in Kombination mit Stipendien eine gute Motivation erzielen.
60 Prozent aller Studenten sind in Wien – alle Bemühungen, die jungen Menschen nach OÖ zu bekommen, sind laut Haindl-Grutsch nicht wirklich erfolgreich. Die FH OÖ kämpfe darum, ihre technischen Studiengänge vollzubekommen – das FH Technikum Wien lehne 1.000e Bewerber ab. „Wir bemühen uns darum, dass die jungen Menschen MINT studieren. Dann wollen sie das machen, werden aber abgelehnt“, spricht Haindl-Grutsch von einem Teufelskreis, denn die jungen Menschen würden dann in Wien bleiben und was anderes – häufig das Massenstudium „Jus“ studieren. Die Uni Wien bekomme dann wiederum mehr Geld …
Als Resümee attestiert Pöchhacker-Tröscher dem österreichischen Universitätssystem Aufholbedarf – man müsse sich viel mehr am Bedarf des Arbeitsmarktes orientieren. Janko sagt zum Abschluss, dass sich die Uni bemühen würde, aber es für die Umsetzung vieler Forderungen andere Rahmenbedingungen brauche. Kustura appeliert in der Schlussrunde an alle, junge Menschen bei deren Studienwahl zu beraten und zu unterstützen, aber diese bei den Beratungsveranstaltungen nicht zu begleiten – das passiere leider immer wieder und so könnten junge Menschen keine eigene Entscheidung treffen.