Page 102 - DIE MACHER_Winter_2023
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Haben wir ein
„Nachwuchsproblem“?
Gemeinsam
Bis 2027 stehen etwa 41.700 KMU mit über 400.000 Arbeitsplätzen zur Übergabe an. In vielen
Fällen ist eine Betriebsübergabe oder -übernahme noch nicht geregelt. Mit ein Grund dafür ist,
dass nachkommende Generationen die Familienbetriebe nicht mehr automatisch fortführen. besser vereinbaren.
Stehen wir vor einem schwierigen Generationswechsel in der Unternehmenslandschaft?
Darüber spricht Wolfgang Mazal, Professor für Arbeits- und Sozialrecht, im Interview.
Zu welchen Herausforderungen kommt gativ erlebt. Allerdings gilt für alle Unternehmen:
es bei der Vereinbarkeit und der fairen Wenn die Erwerbsarbeit das Familiäre weiterhin
Verteilung von Familienarbeit? stark einschränkt, werden die bestehenden demo-
Wolfgang Mazal: In kleineren Familienunterneh- graphischen Schie agen verstärkt und es wird eng Mit einer o en an Väter gerichteten Personalpolitik fördern Unternehmen
men kann es insbesondere im Kontext der Über- mit künftigen Arbeitskräften.
gabe zum Problem werden, wenn die Vorgänger- eine aktive Vaterschaft sowie die partnerschaftliche Aufteilung von
generation sehr viel persönliches Engagement und Warum ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Betreuungs- und Erwerbszeiten – und pro tieren selbst davon.
daher Arbeitskapazitäten eingebracht hat: Wenn für Unternehmen so wichtig?
die übernehmende Generation sich selbst nicht Wolfgang Mazal: Die Vereinbarkeit von Beruf und
in vergleichbarem zeitlichen Ausmaß einbringen Familie ist ein Schlüsselfaktor für die Gewinnung Wissen wie es geht – Best Practices aus dem
möchte, und wenn gleichzeitig keine externen und den Erhalt von Mitarbeitenden in Unterneh- Netzwerk „Unternehmen für Familien“
Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, die die Vor- men. Gerade in KMU, wo die Möglichkeiten eines
gängergeneration ersetzen können, kann es für weitreichenden Rekrutierungsprozesses geringer Schauen Sie rein in die bunte Palette an Familien- und
die Weiterführung eines Unternehmens schwierig sind als in Großunternehmen, sollte gelebte Fami-
werden. lienfreundlichkeit als zentrales betriebswirtschaft- Väterfreundlichkeit und holen Sie sich Inspiration für
liches Instrument gesehen werden. Ihr Unternehmen!
Ist der Arbeitskräftemangel in www.unternehmen-fuer-familien.at/väter
Familienunternehmen ein besonderes Problem? Kommen damit hohe Kosten auf Betriebe zu?
Wolfgang Mazal: In der überbordenden Arbeits- Wolfgang Mazal: Betriebe denken oft an die Kos-
leistung von Unternehmer:innen in kleineren Fa- ten eines Betriebskindergartens – die Mehrzahl
milienunternehmen haben die Angehörigen der der Eltern wünscht sich einen Kindergarten im
Text David Bauer
Foto Gettyimages; Nachfolgegeneration das Problem der Vereinbar- Wohnumfeld. Da ergeben sich Synergien zwischen
Academia Superior /
Wakolbinger keit von Familie und Erwerb oft hautnah und ne- den Anliegen der Unternehmen und den Finan-
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©Tatiana Syrikova/Pexels