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Wir sollten uns keine Sorgen
                                                           darüber machen, ob uns die

                                                           Arbeit ausgeht.

                                                        Thomas Grandner
                                                        Dozent, Wirtschaftsuniversität Wien,
                                                        Department für Volkswirtschaft




                                                             #6 Arbeitszeitverkürzung durch
                                                             Produktivitätssteigerung
                                                             Wenn man die Zeitspanne der letzten 150 Jahre

                                                             gesunken. Nur in den letzten 20 Jahren stagniert
                #5 Steigende Dynamik                         betrachtet, ist die durchschnittliche Arbeitszeit stetig
                                                              diese Entwicklung bei rund 40 Stunden pro Woche.
                                                              Dennoch sinkt die Arbeitszeit durch einen Anstieg
                                                              der Teilzeitarbeitskräfte. „Wir hätten die Möglichkeit
                Aufgrund der heutigen Veränderungen
                                                              einer 32-Stunden-Woche, wenn im Gegenzug
                des Arbeitsmarktes ist auch die Dynamik
                                                              die Produktivität steigt, eventuell auch durch den
                am Arbeitsplatz viel größer geworden.
                                                              Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Allerdings ist
               Heutzutage wird niemand mehr einen
                                                              dies auch eine Frage der Einkommensverteilung.
               Beruf erlernen und ihn bis zur Pension
                                                              Über eine Arbeitszeitverkürzung wird man sich
               ausüben. Der Lernprozess wird uns alle
                                                               dann freuen, wenn man es sich leisten kann.“ Wenn
               über die Schule hinaus auch in unseren
               Betrieben begleiten. Diese sollten
                                                               die Vollzeitbeschäftigten nur 30 statt 40 Stunden
              bestenfalls Weiterbildungsangebote
                                                               arbeiten, könnten sie auch mehr Tätigkeiten im
                                                               Haushalt übernehmen und die Geschlechterrollen
              zur Verfügung stellen. Und bereits
                                                               würden sich langfristig gedacht verschieben.
              junge Menschen müssen lernen, diese
              Angebote regelmäßig zu nutzen, um
              anpassungsfähig zu bleiben.
                                                                     #8 Attraktive Lehre
                   #7 Frauen in die Technik                          Welche Lösungsansätze gibt es nun für die
                   Berufe, die von Frauen dominiert sind, wie        zu machen, indem man sie zum Beispiel noch
                                                                     aktuellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt?
                   zum Beispiel der Dienstleistungssektor
                                                                     Ein erster Schritt wäre, die Lehrberufe attraktiver
                   oder die Pflege, werden nicht so gut
                    bezahlt wie männerdominierte Berufe.
                                                                     stärker mit der Matura verknüpft. Großen
                    Soweit bekannt. Oft geht es hierbei aber
                                                                     Unternehmen wird die Stärkung der Lehre
                    um die Unterscheidung von Technik               die Wirtschaftskammer, die Gewerkschaften
                                                                     leichter fallen als KMU, deswegen sind hier
                    und Nicht-Technik. Ein wichtiger Hebel,
                    um dies aufzubrechen, wird auch die             Bevölkerungssegment abzusichern. „Der untere
                                                                    und die öffentliche Hand gefordert. Die
                     Förderung von Mädchen und jungen
                                                                    Schwierigkeit daran wird sein, den Lehrberuf
                     Frauen in MINT-Berufen sein. Obwohl
                                                                    nach oben zu öffnen, aber dabei auch das untere
                     es schon entsprechende Angebote gibt,
                     meint Grandner: „Die Gesellschaft muss
                                                                    Rand des Arbeitsmarktes ist sehr prekär und ist
                     lernen, dass es normal ist, wenn Frauen in
                                                                    gekennzeichnet durch volatile Arbeitsverhältnisse.
                     diesen Bereichen arbeiten.“                    eine Absicherung bietet, nicht nur für die oberen
                                                                    Es ist wichtig, dass der Arbeitsmarkt für alle
                                                                    Schichten, um Armut zu verhindern.“_
                                                                                            25
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