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Einsatz kommt.“ Dabei handelt es sich um mehr-
jährige Projekte. Wichtig sei eine realistische Er-
wartungshaltung. „Natürlich wissen europäische
Unternehmen, dass man nicht gleich am nächs-
ten Tag ein Produkt am Markt hat, wenn man
mit der Forschung interagiert“, sagt Haslgrübler.
Nachsatz: „Leider glauben manche, dass es am
übernächsten Tag so weit ist.“ So funktioniere
Forschung aber nicht – zumindest nicht bei Mit-
teln, die meist stark begrenzt sind. „Mache hof-
fen, dass sie mit einer Person, die sich vielleicht
nur Teilzeit mit KI beschäftigt, Wunderwuzzi-
artige Ergebnisse erzielen können.“ Um neue
KI-Technologie möglichst schnell im eigenen
Unternehmen zu integrieren, brauche es nicht
nur Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem. „Es
müssen auch unterschiedliche Disziplinen – von
Softwareentwickler:innen über Mathematiker:in-
nen bis hin zu Psycholog:innen vertreten sein“,
In Österreich laufen die Kreisläufe sagt Mutlu.
von Forschung und wirtschaftlichen „Wir werden das European
Paradox für uns lösen“
Entwicklungen meist getrennt
Beim SCCH hat man sich hohe Ziele gesteckt –
voneinander ab. man will das European Paradox für sich lösen
und zukünftig mit Forschungsergebnissen insti-
Markus Manz tutionalisiert Unternehmen gründen. „Wenn wir
Geschäftsführer, SCCH Erfolg haben, wird sich das hoffentlich herum-
sprechen und andere werden folgen. Wenn wir
scheitern, haben wir viel gelernt und werden es
weiter versuchen“, sagt Manz. Beispiel dafür, wie
eine direkte Übersetzung von wissenschaftlichen
Ergebnissen in Innovation funktionieren könn-
te, ist das geplante Spin-off „Birth.AI“: Gemein-
sam mit dem KUK Kinderwunsch Zentrum am
Kepler Universitätsklinikum wurde am SCCH
ein neues Verfahren zur Unterstützung von In-
vitro-Fertilisation (IVF)-Behandlungen mittels
KI entwickelt, „Birth.AI“ soll künftig als eigenes
Unternehmen die Ergebnisse umsetzen. Thomas
Ebner, Leiter des IVF-Labors am Kinderwunsch
Zentrum, trat an das SCCH mit einer Idee heran,
ein Modell zur Bewertung von befruchteten Ei-
zellen (sogenannten Blastozysten) auf Basis von
künstlicher Intelligenz (KI) zu schaffen. „Nach
dem Training mit 600 Bildern war die KI in Teil-
bereichen schon so gut wie erfahrene Embryo-
log:innen, je mehr Daten desto unschlagbarer
wird sie im Vergleich“, sagt Manz, der derzeit die
Gründung vorantreibt.
„Birth.AI“ erzielte in jüngster Vergangenheit be-
reits einige Preise – davon kann man natürlich
Wie funktioniert die Herangehensweise von nicht leben. Seit Kurzem ist man auf der Suche
Pro²Future? Haslgrübler: „Wir definieren ge- nach Investoren. „In Israel gab es für eine ähn-
meinsam mit Unternehmen eine Frage, mit der liche Technologe rund 30 Millionen Euro Inves-
Zeit kommen weitere dazu, bis am Ende ein torengelder, das wird bei uns nicht klappen – aber
Prototyp entsteht, der auf Produktlevel gebracht technologisch auch dort wird nur mit Wasser ge-
wird und in der Infrastruktur des Betriebs zum kocht“, sagt Manz._
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