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            Dabei hat alles ganz klein begonnen. „Ich war ein   die im amerikanischen Bundesstaat Fuß fassen
            Fanboy, der Merchandise-Artikel für Punkbands   wollen, für den „Wirtschaftsoscar“ nominiert.
            gemacht und ihnen geschickt hat, damit ich sie   Momentan entsteht gerade ein SBÄM-Standort in
            treffen kann und auf Gästelisten komme“, erinnert   Arizona. „Der amerikanische Markt ist sehr wich-
            sich Stefan Beham zurück und lacht. Nebenbei ver-  tig für uns“, erklärt Beham, „beim Fortgehen in
            anstaltet er kleine Festivals und Konzerte. Doch die   Los Angeles haben wir Leute getroffen, die unse-
            Bands wollen immer mehr – und aus dem Spaßpro-  re Shirts anhaben, das ist schon irre.“  Zukünftig
            jekt wird langsam Ernst. Stefan, davor Artdirektor   wollen die beiden etwa die Hälfte des Jahres in den
            bei Agenturen in Linz, Hamburg und München,   USA verbringen, bald geht es zur Eröffnung eines
            konzentriert sich nun voll auf sein eigenes Unter-  Punkrock-Museums in Las  Vegas. Die Szene sei
            nehmen. „Die Firmengründung war Ende 2018,   eingeschworen und würde viel aufeinander halten.
            drei Jahre später haben wir hier eröffnet“, sagt   Auch die Anforderungen von Bands – die größten
            Birgit  Beham  auf  dem  Sofa  des  kleinen  SBÄM-  Acts kommen mit einer Entourage von bis zu 60
            Büros an der Oberen Donaulände in Linz. Früher   Mitarbeiter:innen – seien sehr human. „Starallüren
            wurden im ehemaligen „Ost“ Getränke gehoben,   oder besondere Wünsche gibt es eigentlich kaum.
            heute Konzerte geplant. In Regalen stapeln sich   Einmal kam die Anfrage, ob wir Heroin besorgen
            Platten verschiedener Bands und Merchandise –    können, aber solche Wünsche gibt es im Musik-
            von Kleidung bis zu Skateboards. „In der Grün-  business eben.“   
            dungsphase des Unternehmens war die Unter-   
            stützung durch tech2b bei der Erstellung eines   Punkrock und wirtschaftliches Denken: Für Stefan
            professionellen Business- und Finanzplans enorm   Beham ist das kein Widerspruch. „Sonst dürftest
            wertvoll.                                   du ja als Band nicht einmal Platten oder Merch
                                                        verkaufen. Wenn man mit einem guten Grundge-
            USA-Niederlassung und Wirtschaftsoscar      danken herangeht, auf Regionalität setzt, schließt
                                                        sich das nicht aus. Natürlich muss man nicht jeden
            Spätestens seit dem „SBÄM-Fest“ in der Tabak-  Deal annehmen oder mit irgendwelchen Firmen
            fabrik – mit 8.000 Besucher:innen das größte   kooperieren, die Leute ausbeuten. So etwas würden
            Punk-Festival Österreichs – ist das Unternehmen   wir nie machen.“ Zum SBÄM-Fest wurden NGOs
            bekannt. „Viele haben in den letzten  eineinhalb   wie etwa  Viva con Agua, Amnesty International
            Jahren gemerkt, dass es ziemlich cool ist, dass es uns   oder Kein Bock auf Nazis eingeladen. Besonders
            gibt“, sagt Birgit. Das war nicht immer so. Stefan:   wichtig sei den Gründer:innen die Nachwuchsar-
            „Punk ist nicht besonders salonfähig, manche glau-  beit. Bei jedem Event gibt es ein fixes Kontingent
            ben, das sind halt die, die auf der Straße schnor-  an Gratiskarten – Besucher:innen unter 18 Jahren
            ren oder bei der Demo in der ersten Reihe stehen,   müssen nichts zahlen. Birgit Beham: „Wir wollen
            wenn es eskaliert, da war es schwierig, Sponsoren   junge Menschen für die Musik begeistern.“ Das
            zu finden.“ Nachsatz: Natürlich sei Punkrock poli-  scheint  zu  gelingen.  „Letztens  hatten  wir  in  der
            tisch, trotzdem gäbe es viele unbegründete  Vor-  Linzer Stadtwerkstatt eine Show mit einem 78-jäh-
            urteile. Auch vor dem Fest in der Tabakfabrik sei   rigen Sänger – und die Hälfte des Publikums war
            Nervosität spürbar gewesen. „Am Ende war eine   unter 25 Jahre alt.“ 
            super Stimmung, der Linzer Polizeipräsident hat,
            natürlich nach seiner Dienstzeit, ein Bier mit uns
            getrunken und sich bedankt.“ Auch das US-ame-
            rikanische Filmteam hat die beiden Gründer:innen
            in der  Tabakfabrik und bei der Planung beglei-
                                                             von links: Stefan
            tet. „Am Anfang ist es natürlich gewöhnungsbe-  und Birgit Beham
            dürftig, wenn man auf Schritt und Tritt verfolgt
            wird, aber später war es dann so, wie wenn man
            mit Freund:innen unterwegs ist“, sagt Birgit. Ge-
            plant ist eine Doku der Geschichte des Punks von
            den 90er Jahren bis jetzt, viel davon wird in den
            USA gedreht. Produzent ist Pantaleon Films von
            Matthias Schweighöfer. „Wir haben in Los Ange-     Der amerikanische Markt ist sehr
            les zahlreiche Interviews mit Szeneikonen gehabt,
            Shows besucht, wichtige Partner getroffen und      wichtig für uns, weil dort Punkrock
            Pop-up-Stores in Skateboard-Läden installiert.“
                                                           viel verbreiteter als in Europa ist.
            Von der kalifornischen Außenstelle der  Wirt-
            schaftskammer wurde SBÄM deswegen gemein-   Stefan Beham
            sam mit drei anderen österreichischen Startups,   Gründer, SBÄM


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