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„Wir müssen
zurück zu weniger
komplexen Lösungen
auf dem Finanzmarkt.“
Oliver Völkel,
Partner, STADLER VÖLKEL
Rechtsanwälte
„Alternative
Finanzinstrumente
sind kein Hokuspokus“
Sondern Teil des klassischen Kapitalmarktes. Denn das Prinzip einer
Finanzierung ist simpel: Eine Seite benötigt finanzielle Mittel, die andere stellt
diese zur Verfügung. Rechtsexperte Oliver Völkel spricht darüber, wie man
sich im bürokratischen Wirtschaftsdschungel zurechtfindet und welche Rolle
alternative Finanzinstrumente dabei spielen.
Guter Rat ist bekanntlich teuer, doch ein Blick auf muss auf europäischer Ebene die Prospektverord-
die Bürokratie in der Finanzwelt genügt, um fest- nung und auf österreichischer Ebene das Kapital-
zustellen: Ratlos zu bleiben ist noch teurer. „Die marktgesetz eingehalten werden“, geht Völkel auf
Regulierungen werden immer komplexer, ihre Be- die Hintergründe ein. Gerade für mittelständische
reiche zunehmend ausgedehnt. Langfristig kann Betriebe stellt das verpflichtende Kapitalmarktpro-
das nicht gut gehen“, ist Oliver Völkel überzeugt. spekt eine große Hürde dar. „Darin müssen Fir-
Als Partner der Wirtschaftskanzlei STADLER men hunderte Seiten an Informationen detailliert
VÖLKEL Rechtsanwälte hilft er mit seinem Team preisgeben und einen aufwendigen Billigungspro-
Kund:innen täglich dabei, sich im heimischen zess durchlaufen.“ Wendet man jedoch über einen
Wirtschaftsdschungel zurechtzufinden. Ein Teil Zeitraum von sieben Jahren weniger als fünf Mil-
ihrer Expertise: Unternehmensfinanzierungen mit- lionen Euro auf, genügt ein sogenanntes Informa-
tels alternativer Finanzinstrumente. tionsblatt. „Dieses ist weniger detailliert und wird,
statt durch die Finanzmarktaufsichtsbehörde, von
Für gewöhnlich wenden sich Betriebe an Banken Rechtsanwält:innen oder Wirtschaftsprüfer:innen
oder den Kapitalmarkt, wenn sie sich „ganz klas- geprüft.“
sisch“ finanzieren wollen. Strenggenommen unter-
scheiden sich die alternativen Mittel nur bedingt Völkel zufolge erfreut sich dieser Ansatz nicht
davon. „Der Unterschied liegt weniger in den Ins- nur zunehmender Beliebtheit, da er einen echten
trumenten an sich, sondern in der Regelung, wie Mehrwert bietet, er verkörpert auch einen allge-
sich diese öffentlich anbieten lassen“, erklärt Völkel meinen Trend, den der Experte begrüßt. „Kapital-
und nennt ein Beispiel: „Auf der einen Seite hat marktprospekte mit über 200 Seiten schießen über
man ein Darlehen bei einer Bank, auf der anderen das Ziel hinaus, man sollte offen und in einfacher
Seite kann dieses stattdessen etwa ein qualifiziertes Sprache darauf eingehen, was wirklich notwendig
Nachrangdarlehen sein.“ Im Grunde sind beides ist. Wir müssen wieder einen Schritt zurückgehen
Darlehen, sie funktionieren jedoch unterschiedlich. und hinterfragen, welchem Zweck diese Regula-
rien dienen“, betont Völkel. Die Grundidee laute
Den Durchblick behalten schließlich, dass Anleger:innen angemessen infor-
miert sein müssen. „Das muss in Zukunft einfa- Text David Bauer
„Um am Kapitalmarkt Wertpapiere, Anleihen, cher werden und ist nur über einen neuen, alter- Foto Slkphoto.at /
Aktien und andere Finanzinstrumente anzubieten, nativen Zugang möglich.“_ Sebastian
Kreuzberger
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