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4 Fragen an …
Joachim Haindl-Grutsch,
Geschäftsführer,
Industriellenvereinigung
Oberösterreich
01 Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine
Münze werfen. Kopf bedeutet, die Eine sichere Energieversorgung
anhaltenden Lieferkettenprobleme werden
gelöst. Zahl, die nachhaltig unabhängige ist die Basis unseres
Energieversorgung ist sichergestellt. Wohlstandes.
Worauf hoffen Sie mehr,
Kopf oder Zahl?
Joachim Haindl-Grutsch: Wow, das ist jetzt eine 03 Inwiefern müssen wir unsere Logistik
ebenso gute wie schwer zu beantwortende und Versorgung neu denken, um die
Frage! Die Welt ist natürlich nicht nur als Produktion sowie Importe und Exporte
schwarz und weiß zu betrachten, aber langfristig zu sichern?
wenn ich sofort eine Entscheidung fällen Joachim Haindl-Grutsch: Speziell in
müsste, dann würde ich die Priorität doch Oberösterreich haben wir eine starke
auf die Energieversorgung legen. Aus einem Grundstoffindustrie, die am Beginn der
einfachen Grund: Die Lieferkettenprobleme Wertschöpfungsketten steht. Viele Branchen
sind zwar mühsam, aber pendeln sich auf hängen in der Weiterverarbeitung von
Dauer wieder ein. Die Herausforderung bei ihnen ab. Daher braucht es viele Räder,
der Energietransformation ist langfristig die ineinandergreifen müssen, damit keine
schwieriger zu bewerkstelligen. negativen „Domino-Effekte“ für unseren
Wohlstand entstehen. Die Unternehmen
02 Je länger der Ukrainekrieg dauert, müssen resilienter werden, etwa nicht mehr
desto größer wird die Sorge um ein von Single-Source-Lieferanten abhängig sein,
massives Versorgungsproblem. Welche sondern sich breiter und krisenresistenter
Auswirkungen spüren oberösterreichische aufstellen, auch vermehrt innerhalb Europas.
(Industrie-)Betriebe schon jetzt?
Joachim Haindl-Grutsch:: Langsam ereilt viele 04 Öl- und Gasembargos stehen zur
die Erkenntnis, dass Strom nicht einfach Debatte, hätten aber massive Folgen, nicht
so aus der Steckdose und warmes Wasser nur für die Industrie. Gibt es in Zukunft
nicht aus dem Wasserhahn kommt – das ist überhaupt eine Lösung für dieses Dilemma?
ein harter Aufprall am Boden der Realität. Joachim Haindl-Grutsch: Jede Maßnahme
Umso mehr müssen wir uns nun der Aufgabe sollte einem selbst weniger schaden
stellen, eine sichere, leistbare und nachhaltige als demjenigen, dem sie gilt. Derartige
Energieversorgung zu gewährleisten. Embargos haben in der Vergangenheit
Dieser Transformationsprozess ist jedoch nur bedingt die gewünschte Wirkung
hochkomplex und kostenintensiv. Im Moment erzielt. Schließlich spüren wir bereits jetzt
bekommen wir alle einen Vorgeschmack die enorme Unsicherheit an den Märkten,
darauf, welche großen Auswirkungen wodurch letztendlich Russland wieder von
ein sofortiger Ausstieg aus der fossilen den steigenden Preisen profitiert. Österreich
Energiegewinnung mit sich bringen würde. muss sich in der Energieversorgung
Fakt ist: Der Extremfall würde in kürzester breiter aufstellen und vor allem durch
Zeit Chaos verursachen, die Versorgung wäre Technologieoffenheit alle Möglichkeiten
nicht mehr gewährleistet. ausschöpfen._
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