Page 147 - DIE MACHER_Sommer 2022_Druck_converted
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Wir müssen lernen,

                                                           auf Augenhöhe
                                                           zu kooperieren, denn Handel

                                                           ist friedensstiftend.

                                                        Veronika Wittmann
                                                        Assoziierte Universitätsprofessorin für Global Studies,
                                                        Johannes Kepler Universität Linz





            Bild: Sitzen wir auf einem Zaun, können wir unse-  durchgesetzt. Epistemische Communities wie die
            ren eigenen Garten erst in dem Moment erkennen,   Wissenschaft, die Wirtschaft oder die Diplomatie
            in dem wir einen Blick in den Nachbarsgarten wer-  funktionieren dadurch hervorragend. Mandarin
            fen. Verharrt unser Blick immer nur in unserem   wäre beispielsweise bedeutend schwerer zu erler-
            eigenen Garten, werden wir niemals einen Blick   nen. Dennoch gibt es natürlich auch kulturelle
            auf das Eigene erlangen.                    Hindernisse oder Unterschiede. Das einprägsams-
                                                        te Beispiel ist wohl das unterschiedliche Verständ-
            Mehr Weltoffenheit nötig                    nis von Zeit. Trotzdem ist es laut Wittmann nicht
                                                        schwierig, eine gemeinsame Sprache für Handels-
            Laut Wittmann wäre Österreich gut darin beraten,   beziehungen zu finden. Menschen sind sich viel zu
            in seinen Handelsbeziehungen mehr Offenheit an   ähnlich, als dass kulturelle Barrieren sie entzweien
            den Tag zu legen. Sie ist überzeugt: „Nur, wenn   könnten. Das Erkennen-Können des kulturellen
            wir lernen, zu kooperieren und auf Augenhöhe   Erbes der Menschheit in all seiner Vielfältigkeit sei
            miteinander in Kontakt zu treten, können wir uns   eine Bereicherung für jeden. Nur wer dies versteht,
            als wichtiger Akteur am Weltmarkt positionieren.“   wird künftig erfolgreich sein._
            Gerade in Europa verharrt man noch zu stark im
            sogenannten  eurozentristischen  Denken,  dabei
            machen die Staaten des „Westens“ gerade einmal
            zehn Prozent der Weltbevölkerung aus.
                                                            Schon gewusst?
            Staaten wie China haben es geschafft, auch neue
            Märkte und Handelsbeziehungen zum Beispiel     #1 Glokalisierung: Eine Mischform von Globalisierung
            in afrikanischen Staaten zu erschließen. Und   und Lokalisierung. Globale Produkte oder Dienstleistungen
            schafften dadurch in den letzten Jahren intensi-  werden an lokale Gegebenheiten angepasst.
            vere Beziehungen, als es 70 Jahre Entwicklungs-
            zusammenarbeit zwischen  Europa und Afrika     #2 Epistemische Communities: Expertennetzwerke,
            vermochten. Wittmann spricht davon, dass die so-  die in ihren Wissensbereichen Autorität ausüben und
            genannten Kartograf:innen der Welt gesamte Erd-  Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen,
                                                           zum Beispiel Wissenschaft, Diplomatie oder Management.
            teile völlig außen vor lassen und unser Bild von der
            Welt dadurch verzerren. Schon 2012 bezeichnete   #3 Hybridität: All jene Dinge, die mit kulturellem
            die französische Zeitung Le Monde Diplomatique   Austausch einhergehen, sei es zum Beispiel ein Mischen
            Nordamerika und Europa als „Old Empires“. Eben   oder eine Kombination verschiedener kultureller Merkmale.
            deswegen wäre es im Eigeninteresse von Österreich
            und Europa, mit mehr Weltoffenheit in andere Re-  #4 Homogenisierung:  Das Verschwinden von typischen
            gionen des Globus zu blicken.                  Unterschieden zwischen getrennten Kulturen zum Beispiel
                                                           durch die Globalisierung.
            Hindern uns unterschiedliche Sprache und Kul-
            tur  nun  daran,  exporttechnisch  erfolgreicher  zu   #5  Eurozentrismus: Eine Einstellung, die Europa unhinterfragt
                                                           in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellt.
            sein? Von Wittmann kommt dazu ein klares Nein.
            Englisch hat sich als gemeinsame  Weltsprache


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