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LNG-LKW überzeugen
durch ihre hohe Reichweite
von 1.600 Kilometern mit
nur einer Tankfüllung und
die annähernd gleiche
Nutzlast wie bei einem
konventionell angetriebenen
Lastkraftwagen.
stellbar und somit eine Gelegenheit, einen wesent-
lichen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.
Es mangelt derzeit noch an breiter
Unterstützung durch die Politik.
Mangelnde Subventionen, kostenintensive
Anschaffungen und Besteuerungen sind
ein Hemmschuh. Wie zieht man diesen am
besten aus?
Martin Stranzl: Um die angestrebten Klimaziele zu
erreichen, müssen ein technologieneutraler An-
satz bei Förderungen gewählt und grundsätzlich
alle verfügbaren alternativen Antriebssysteme im
Schwerverkehr berücksichtigt werden. Daher sind Wir schlagen ein spannendes
die politischen Entscheidungsträger:innen in Ös- Kapitel in der Geschichte
terreich gefordert, den positiven Beispielen vieler
europäischer Staaten zu folgen und Förderungen des nachhaltigen Straßen-
technologieneutral zu gestalten. Leider – und für
uns unverständlich – hat es diesen Ansatz bis dato güterverkehrs auf.
in Österreich noch nicht gegeben. Dabei brauchen
die Unternehmen Unterstützung und Planungssi- MARTIN STRANZL
cherheit für ihre Investitionen in neue, nachhaltige Geschäftsführer, Iveco Austria
Transportlösungen.
Kritiker:innen behaupten, LNG-LKW
würden kaum Treibhausgasemissionen
einsparen, da die nicht vollständige
Verbrennung des Methans nach wie
vor klimaschädlich sei. Vor allem
Umweltschützer:innen stellen den
alternativen Kraftstoff daher in
Frage. Zurecht? zeugen hat Iveco ein neues, spannendes Kapitel in
Martin Stranzl: Für die Klimabilanz ist es bei wei- der Geschichte des nachhaltigen Straßengüterver-
tem besser, Methan aus biogenen Abfällen, das kehrs aufgeschlagen. Iveco und Nikola haben in
ohnehin in die Atmosphäre entweichen würde, als Ulm im Vorjahr ein Produktionswerk für elektrisch
umweltfreundlichen Treibstoff zu verwenden. Das betriebene Schwerlastkraftwagen eröffnet. Seit
nicht verbrannte Methan, der sogenannte Methan- Anfang 2022 werden hier die ersten batterieelek-
schlupf, beträgt im Fahrzeugbetrieb maximal 0,22 trischen Nikola-Tre-Sattelzugmaschinen ausgelie-
Prozent vom absoluten Verbrauch. Das entspricht fert. Im nächsten Schritt folgt die Produktion von
einer Menge von 50 Gramm pro 100 Kilometern brennstoffzellenbetriebenen (FCEV) Nikola-Tre-
– zum Vergleich: Eine Kuh produziert im Durch- Sattelzugmaschinen. Zudem wird im Herbst dieses
schnitt 144 Gramm Methan pro Tag. Jahres mit der Präsentation des neuen e-Daily auch
im Transportersegment ein umfassendes Produkt-
Inwiefern muss bei dieser Einschätzung portfolio mit Elektroantrieb zur Verfügung stehen.
der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt
werden, nicht nur der Ausstoß im Betrieb? Die ÖBB will ihre Leistungen im
Martin Stranzl:: Genauso wie bei der Betrachtung Schienengüterverkehr bis 2040
der Gesamtbetriebskosten muss auch für die Öko- verdoppeln. Nehmen Sie die Bahn als
bilanz – unabhängig von der Technologie – am Konkurrenz wahr oder als Ergänzung eines
Ende immer der gesamte Produktkreislauf berück- ganzheitlichen Konzepts der Logistik für
sichtigt werden. „Well-to-Wheel“ ist entscheidend, die Zukunft?
also die Analyse der gesamten Wirkungskette. Martin Stranzl: Seit vielen Jahren ist man unter dem
Motto „Von der Straße auf die Schiene“ bemüht,
Immer mehr Betriebe setzen auf den Güterverkehr vermehrt mit der Bahn zu be-
mehr Nachhaltigkeit, klimaschonende treiben. Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten,
Logistiklösungen liegen im Trend. etwa hinsichtlich Kapazität, zeitlicher Flexibilität
Welche Möglichkeiten bietet Iveco, und fehlender Infrastruktur, sind diesem Bestreben
um die Nutzfahrzeugindustrie Grenzen gesetzt. Ein Miteinander von Straße und
dabei zu unterstützen? Schiene wird je nach Transportbedarf also auch in
Martin Stranzl: Neben der Weiterentwicklung von Zukunft bestehen bleiben – eine echte Konkurrenz
effizienten und ökologischen Diesel- und Gasfahr- sehen wir daher nicht._
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