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Ich schätze, dass wir in
einem bis eineinhalb
Jahren das österreichische
Digitalisierungs-
Spitzenfeld erreicht haben.
Klaus Luger
Bürgermeister, Linz
DIE DIGITALISIERUNG
DER STAHLSTADT
Die Stadt Linz hat sich mit der Initiative „Digitales Linz“ der Digitalisierung verschrieben.
Bürgermeister Klaus Luger erzählt im Interview, was sich in den kommenden Jahren
ändern wird, welche Schwachstellen die Coronakrise aufgezeigt hat – und wie in Zukunft
eine KI den Verkehr effizienter steuern wird.
Mit der Initiative „Digitales Linz“ bis eineinhalb Jahren das österreichische Spitzen-
hat sich die Stadt Anfang des Jahres feld erreicht haben.
in Ihrem Auftrag der zielgerichteten
Digitalisierung verschrieben. Was Besondere Relevanz hat in Linz seit
sind die Ziele des Projekts? Jahrzehnten das Verkehrsthema. In
LUGER_Die Stadt Linz hat zwar die Initiative er- anderen Städten wird die Digitalisierung
griffen, die Inhalte dafür kamen ganz massiv aus bereits genutzt, um die Straßen zu
der Wirtschaft und Forschung. Zentrales Element entlasten: In der chinesischen Stadt
ist für uns, dass wir Digitalisierung immer als Or- Hangzhou wurde mit einer Cloud-
ganisationsprinzip einer Gesellschaft verstehen Computing-Abteilung des Techgiganten
und nicht als rein technischen IT-Prozess. Die Alibaba ein System installiert, das
Stadt selbst hat sich in einer eigenen Agenda ver- die Steuerung von Ampeln effektiver
pflichtet, in ihrem eigenen Wirkungsbereich Di- gestaltet. Die Folge: Fünfzehn Prozent
gitalisierungsschritte zu setzen. Derzeit laufen 16 kürzere Autofahrten in der Stadt. Ist in
unterschiedliche Projekte, die umgesetzt werden. Linz ein ähnliches Projekt geplant?
LUGER_Wir haben tatsächlich unheimlichen
Welches davon ist Ihnen Nachholbedarf in der Verkehrssteuerung. Wir
besonders wichtig? wissen fast nichts über unseren Verkehr aus Da-
LUGER_Ein Leuchtturmprojekt stellt für mich tensicht, weil unsere Ampelsysteme nicht digitali-
die Kommunikation über einen Chatbot im Bür- siert, sondern noch mechanisch sind. Durch eine
gerservice dar. Wir haben etwa alle Fragen zum sensible Verkehrssteuerung können Staus nicht
Passwesen automatisiert. Stück für Stück wird der völlig beseitigt, der Verkehr aber besser gelenkt
Bot erweitert, über die Auswertung des Telefon- werden. Die Ströme lassen sich flexibel und varia-
services der Stadt analysieren wir, welche die häu- bel steuern. Andere Städte sind hier viel weiter als
figsten Fragen der Bürgerinnen und Bürger sind. Linz – das ist aber unsere Chance. Wir brauchen
Einerseits wird so die stadteigene Organisation keine Kombination von Alt und Neu, sondern
entlastet. Andererseits können Bürgerinnen und können gleich ein völlig neues System ausrollen.
Bürger auf völlig selbstbestimmte Art entschei- Das heißt: eine völlig neue Ampelgeneration, die
den, wann sie an ihre Informationen kommen. mit Sensortechnik kombiniert wird.
Wie weit ist Linz bei der Digitalisierung Wann wird mit der Umsetzung eines
der eigenen Prozesse? solchen Systems begonnen?
LUGER_Wien und Graz waren die Pioniere in LUGER_Wir haben vor kurzem beschlossen, ein
Österreich, wir haben relativ spät gestartet, sind solches System umzusetzen. Eine durchgängige
Text Valentin Lischka
aber am Aufholen. Ich schätze, dass wir in einem Umsetzung in ganz Linz wird aber bis zu zehn
Foto Andreas Brugger Klaffer
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