10 Fragen an …
Warum „nur“ Geld zu geben nicht alles ist und wie es sich wohl anfühlt, Verantwortung für Unternehmen und die Gesellschaft zu übernehmen? Das fragen wir Gernot Hofer. Seit rund 20 Jahren in der Invest AG tätig, ist er seit 2023 Vorstandsvorsitzender des führenden Private Equity Fonds für Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgesituationen in Österreich und Süddeutschland. Ein CEO, zehn Fragen.
#1 Sie sind CEO der Invest AG. Was macht so ein Private Equity Fonds eigentlich?
Gernot Hofer: Private Equity kommt dort ins Spiel, wo Eigenfinanzierung, Cashflow oder Kreditfinanzierungen allein keine Lösungsvarianten für die unternehmerische Entwicklung darstellen. Ein Private Equity Fonds unterstützt Gesellschafter und Unternehmen in verschiedensten Situationen des unternehmerischen Lebens. Das können Wachstumsfinanzierungen in Expansionsphasen sein, Innovationsfinanzierungen zur weiteren Entwicklung des Geschäftsmodells, aber auch Nachfolgelösungen für familieninterne oder externe Mitarbeitende und Geschäftsführer. Kurzum: Ein Private Equity Fonds kann zeitlich gegebene Finanzierungslücken schließen und helfen, schneller als die Konkurrenz zu wachsen, da man die Innenfinanzierungskraft von Unternehmen zeitlich überbrückt.
#2 Sehen Sie selbst Ihre Rolle eher als Geldgeber oder als Sparringspartner?
Gernot Hofer: Wir sehen uns als mitunternehmerischen Finanzpartner und als strategischen Sparringspartner – ohne in das Tagesgeschäft einzugreifen. Daher bleiben wir in der Regel gesellschaftsrechtlich bei Minderheitsbeteiligungen oder reinen Hybridfinanzierungen, sogenannten Mezzaninebausteinen. Wir unterstützen die Geschäftsstrategie unserer Mehrheitsgesellschafter und verfolgen keine strategischen Eigeninteressen. Eine weitere Besonderheit ist unsere unbegrenzte Fondslaufzeit. Aufgrund unserer langfristigen und nachhaltigen Anlegerstruktur – ausschließlich professionelle Anleger aus der Raiffeisenbankengruppe Österreichs – sind wir als „Evergreen Fonds“ strukturiert. Das bedeutet, dass wir Unternehmen nicht nur für vier bis acht Jahre, so wie die meisten Private Equity Fonds, unterstützen, sondern auch deutlich länger, wenn es die Umstände erfordern.
#3 Warum ist „nur“ Geld geben nicht alles?
Gernot Hofer: Als Kapitalpartner auf Zeit kommen wir oft in Situationen ins Spiel, die eine besondere Herausforderung für die Gesellschafterinnen, das Management, aber auch die Mitarbeiter darstellen. Dann ist es besonders wichtig, dass man nicht „nur“ eine sinnvolle Finanzierung und mittelfristige Zukunft des Unternehmens darstellt. Es geht dann auch darum, gemeinsam mit dem Management und den Altgesellschafterinnen die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu analysieren und strategische Maßnahmen daraus abzuleiten. Wichtig ist uns dabei, dass wir nicht in das operative Geschäft eingreifen, sondern das Management strategisch begleiten wollen.
#4 Welche Ihrer Beteiligungen veranschaulicht die Besonderheiten in der Praxis?
Gernot Hofer: Ein gutes Beispiel ist die Herba Chemosan Gruppe. Das Unternehmen war bis 2022 ein Teil des amerikanischen McKesson-Konzerns und ist wesentlicher Logistikdienstleister für Apotheken und Krankenhäuser in Österreich. Der damalige Eigentümer hat sich dazu entschieden, die österreichische Gesellschaft aus dem Konzern abzuspalten und zu verkaufen. Gemeinsam mit dem Management haben wir daher 2022 einen sogenannten Carve-out und Buy-out strukturiert und durchgeführt. Dabei war nicht nur der große Zeitdruck eine Besonderheit, sondern auch die Tatsache, dass es sich bei diesem Unternehmen um einen Teil der sogenannten kritischen Infrastruktur handelt. Es war uns daher ein Anliegen, das Unternehmen wieder in „österreichische Hand“ zu bringen.
#5 Die Herba Chemosan Gruppe ist eines der größten Unternehmen in Ihrem Portfolio. Begleiten Sie auch kleinere Unternehmen?
Gernot Hofer: Der Vorteil der Invest AG ist, dass wir, im Vergleich zu anderen Private Equity Fonds, keine besondere Spezialisierung auf eine Branche oder Größe haben. Das bedeutet, dass wir vom klassischen fertigenden Mittelständler über den Dienstleister bis hin zur Industrie alle Unternehmen begleiten können. Die Größenordnung unserer Finanzierungen liegt zwischen 0,3 Millionen Euro und rund 50 Millionen Euro. Damit können wir die Herausforderungen des heimischen Mittelstandes bestens meistern.
#6 Wie fühlt es sich an, Verantwortung in Unternehmen und damit auch für die Gesellschaft zu übernehmen?
Gernot Hofer: Als Marktführer in Österreich mit lokalen Investoren der Raiffeisenbankengruppe Österreich sind wir uns unserer Verantwortung bewusst. Wir begleiten regionale, nationale oder internationale Leitbetriebe, die wir mit unserem Kapital weiterentwickeln. Damit helfen wir, den Standort weiterhin attraktiv zu halten, und liefern unseren Beitrag zur Nachhaltigkeit.
#7 Welche Rahmenbedingungen sind für eine Zusammenarbeit besonders wichtig?
Gernot Hofer: Wir sind ein Sparringspartner in der Weiterentwicklung des Managements. Besonders wichtig sind daher für uns Handschlagqualität, unternehmerisches Handeln sowie Pragmatismus. Diese Werte müssen von allen handelnden Personen gelebt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Geschäftsmodell und dessen Nachhaltigkeit. Schon vor der Etablierung von ESG-Normen hat uns unsere Raiffeisen-DNA hierzu angehalten.
#8 Investieren Sie in Menschen, Ideen oder beides?
Gernot Hofer: Die Entscheidung, das Geschäftsmodellrisiko auf sich zu nehmen und aktiv das Unternehmen weiterzuentwickeln, hängt zu einem Großteil an den handelnden Akteuren. Insbesondere das Management spielt für uns als Minderheitsgesellschafter eine wesentliche Rolle. Wir arbeiten daher sehr gerne mit Mitarbeiter- und Geschäftsführerbeteiligungsmodellen, die einen langfristigen Anreiz zur Weiterentwicklung des Unternehmens schaffen sollen. Dabei ist uns aber auch wichtig – insbesondere bei Nachfolgelösungen –, die Altgesellschafter für eine Übergangsfrist mit an Bord zu wissen. Vor allem, um die Übergabe so reibungslos wie möglich zu gestalten und das Wissen, das in den allermeisten Fällen nicht verschriftlicht ist, weiterzugeben.
#9 Auf welche 3 Dinge können sich Ihre Geschäftspartner bedingungslos verlassen, sobald Sie mit an Bord sind?
Gernot Hofer: Ehrlichkeit, Offenheit und Effizienz.
#10 Welchen Beitrag können und wollen Sie zur Zukunft des Wirtschaftsstandortes Österreich leisten?
Gernot Hofer: Trotz der aktuellen Herausforderungen sehen wir den Markt sehr positiv. Der österreichische Mittelstand hat bewiesen, dass er sich krisenresilient transformieren kann und damit auch in Stresssituationen belastbar ist. Besonders erfreulich ist aber, dass österreichische Unternehmen nach wie vor zu den Innovationsführern in den verschiedensten Branchen zählen. Da der internationale Wettbewerb auf Geschwindigkeit und das rasche Aufgreifen von Marktchancen ausgerichtet ist, wird die Rolle von Private Equity als Partner auf Zeit an Bedeutung zunehmen. Marktchancen nehmen zeitlich keine Rücksicht auf die Eigenkapitalbasis der Marktplayer. Hier kann externes Eigenkapital als Wachstumsturbo und Ermöglicher fungieren._
Invest AG in Zahlen
1994_gegründet, feiert man heuer 30 Jahre Jubiläum.
200_Beteiligungen wurden in Summe seit der Gründung eingegangen.
56_aktive Beteiligungen liegen im Moment vor.
850_Millionen Euro investiertes Volumen seit 1994
400_Millionen Euro Fondsvolumen werden derzeit verwaltet.
127.000_Arbeitsplätze schaffen die Beteiligungsunternehmen aktuell.
Redaktion
- David Bauer
Fotos
Herba Chemosan Apotheker-AG, Invest Unternehmens-beteiligungs AG; Illu: Gettyimages