Wo Innovation im Zentrum (ent)steht
Wenn Wissenschaft und Wirtschaft aufeinandertreffen, redet man oft aneinander vorbei. Im LIT Open Innovation Center der JKU Linz – Österreichs größtem universitären Space – ist das Gegenteil der Fall. Denn Elisabeth Ulbrich schafft mit ihrem Team die idealen Rahmenbedingungen, um Forschung, Wirtschaft und gesellschaftlichen Mehrwert in Einklang zu bringen. Die Visionärin verrät uns, wie dank niederschwelliger Begegnungen die Innovationen von morgen entstehen und warum es etwas Positives ist, wenn Unternehmen hier „ins Rutschen kommen“.
„Jedes Gebäude der JKU verfügt über sein eigenes Kunstwerk – und das hier ist unseres“, erzählen Geschäftsführerin Elisabeth Ulbrich und Communitymanagerin Petra Muschitz mit einem Schmunzeln, während sie auf eine große Postrutsche deuten, die sich über mehrere Stockwerke des LIT Open Innovation Centers an der JKU schlängelt. Was für Besucher oder auch in den hauseigenen Onboarding-Prozessen ein netter Gag ist, entpuppt sich auf den zweiten Blick als geradezu symbolisch für die Aufgabe, die die beiden gemeinsam mit ihrem Team verfolgen: Denn ihr Ziel mit diesem Innovationszentrum und dessen Labs ist der direkte, unkomplizierte Weg von oben nach unten. Von der Wissenschaft in die Praxis. Egal ob Startups oder internationale Konzerne – hier haben sich schon einige Unternehmen auf die spielerische und interaktive Seite der Innovation eingelassen. Und genau diese Mischung aus Experimentierfreude und Professionalität macht den besonderen Spirit des Hauses aus.
Von der Kaffeemaschine zum Kooperationsvertrag
„Wir haben drei klare Missionen“, erklärt Elisabeth, die seit der Eröffnung 2019 dabei ist, „Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, Förderung von Kooperationen und Co-Creation sowie die Unterstützung von Entrepreneurship.“ Was direkt am Campus der JKU zunächst nach den naheliegenden Aufgaben einer universitären Agenda klingt, wird hier mit Leben gefüllt. Und zwar auf eine Art, die Verbindungen schafft. „Innovation entsteht im Austausch“, betont ihre Kollegin Petra. Täglich bringe man so Menschen aus verschiedenen Disziplinen zusammen: Forscherinnen und Forscher aus über zehn wissenschaftlichen Instituten, Mitarbeitende von fünfzehn führenden Unternehmen und 18 Startups arbeiten hier Tisch an Tisch. Insgesamt begegnen sich so an über 270 Arbeitsplätzen über 700 Expertinnen und Experten im Open Space des 8.000 Quadratmeter großen, mehrfach preisgekrönten Holzbaus.
Die Erfolge dieser Strategie und des damit verbundenen Austauschs können sich sehen lassen: Zahlreiche Ideen sind aus diesem Umfeld bereits hervorgegangen, darunter „hoss mobility“ mit einem geländegängigen Elektrorollstuhl oder „qapture“, das innerhalb von fünf Jahren von einer Idee zu einem 30-köpfigen Team gewachsen ist. Aber auch globale Player wie Dynatrace, voestalpine und Erema haben hier ihren Platz gefunden und profitieren von den vielseitigen Möglichkeiten am Standort. Was alle eint: Sie suchen die Nähe zu Forschung, zu Talenten und zum innovativen Mindset, das hier kultiviert wird.
Industrie zum Anfassen
Das grundlegende Konzept geht auf eine Vision des ehemaligen JKU-Rektors Meinhard Lukas zurück, der eine Pilotfabrik für die Kunststoffindustrie auf dem Campus etablieren wollte. Daraus entwickelte sich die Idee eines umfassenden Innovationszentrums nach dem Vorbild des Invention Centers in Aachen – angepasst an die Bedürfnisse der (ober-)österreichischen Wirtschaft und Forschungslandschaft. Konkret spiegelt sich diese Entstehungsgeschichte etwa in der LIT Factory wider, die sich im selben Gebäude befindet. Denn dort stehen keine Miniaturmodelle, sondern echte Industriemaschinen, die in Produktionsbetrieben zum Einsatz kommen. „Der Schwerpunkt liegt auf Kunststoffkreislaufwirtschaft und Industrie 4.0“, erklären die beiden. „Die Forscherinnen und Forscher arbeiten hier unter realen Bedingungen – das macht die Ergebnisse direkt für die Industrie anwendbar.“
Ein „gallisches Dorf“ mit Zukunftsvision
Neben dieser Infrastruktur bietet man zudem zahlreiche Formate wie eine kürzlich gestartete Master-class-Reihe oder teamübergreifende Challenges, die wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Anwendungen verknüpfen. Dabei stemmt ein Team aus „nur“ acht Mitarbeitenden den gesamten Betrieb. „Als Innovationszentrum erlauben wir uns gewisse Freiheiten“, schmunzelt Elisabeth. „Und doch wissen wir die Größe und Services der JKU zu schätzen – diese machen vieles einfacher.“
Noch während wir durch die lichtdurchfluteten Räume schlendern, wird klar, dass hier mehr entstanden ist als ein Co-Working-Space mit Arbeitsplätzen, die zum Networking einladen. Es ist eine Brücke zwischen akademischer Theorie und wirtschaftlicher Praxis. Und so antworten die beiden auf unsere abschließende Frage nach ihrer Vision, ohne zu zögern: „Wir wollen ein Innovationslabor mit internationaler Strahlkraft werden, das coole Projekte und Teams mit allen Mitteln unterstützt – mit echtem Impact für die Gesellschaft.“_
Redaktion
- David Bauer
Fotos
Timm Felder,
Leyrer + Graf
